POLITIK/ROUNDUP: Waffenruhe im Libanon lässt auch Hoffnung für Gaza wachsen |
30.11.2024 10:29:00 |
BEIRUT/TEL AVIV (dpa-AFX) - Nach Beginn der Waffenruhe im Libanon
wächst die Hoffnung, dass auch im Gaza-Krieg zwischen Israel und der
Hamas bald die Waffen schweigen könnten. Vertreter der
islamistischen Miliz und der ägyptischen Regierung wollen
Medienberichten zufolge heute in Kairo die zuletzt stockenden
Verhandlungen über eine Kampfpause im Gazastreifen und einen
Gefangenenaustausch wieder aufnehmen. Auch für den designierten
US-Präsidenten Donald Trump hat eine baldige Waffenruhe in Gaza laut
einem seiner prominenten Unterstützer hohe Priorität. Derweil
bekannte sich die neue Hisbollah-Führung trotz eines weiteren
israelischen Luftangriffs zu der mit Israel vereinbarten Waffenruhe
im Libanon.
Ägypten war neben dem Golfemirat Katar und den USA in den
vergangenen Monaten als Vermittler in die Gespräche über eine
Waffenruhe im Gazastreifen involviert, da Israel und die Hamas aus
Prinzip keine direkten Verhandlungen miteinander führen. Zuletzt
waren die Gespräche ins Stocken geraten.
Trump für baldigen Deal
Für den designierten US-Präsidenten Donald Trump ist der
Dauerkonflikt in Nahost ein politisches Risiko. Er strebt einem
Bericht zufolge noch vor seinem Amtsantritt am 20. Januar eine
Waffenruhe und die Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen
Geiseln an. Der republikanische Senator und Trump-Unterstützer
Lindsey Graham sagte dem Nachrichtenportal "Axios", Trump wolle eine
schnellstmögliche Einigung erreichen, am besten noch vor seinem
Einzug ins Weiße Haus. "Trump ist entschlossener denn je, dass die
Geiseln freigelassen werden, und unterstützt eine Waffenruhe, die
ein Geiselabkommen beinhaltet. Er möchte, dass dies jetzt
geschieht", wurde Graham zitiert.
Schätzungen zufolge soll nur etwa die Hälfte der rund 100
verbliebenen Geiseln im Gazastreifen noch am Leben sein. Bei
Angriffen der israelischen Armee in dem abgeriegelten Küstengebiet
wurden nach kaum überprüfbaren palästinensischen Angaben seit der
Nacht zu Freitag mindestens 120 Menschen getötet.
Tausende demonstrieren in Tel Aviv
In Israel demonstrierten am Freitagabend erneut Tausende Menschen
für die Freilassung der Geiseln. Bei der Kundgebung in der
Küstenmetropole Tel Aviv wurde die Regierung von Ministerpräsident
Benjamin Netanjahu aufgefordert, mehr zu unternehmen, um die vor
mehr als einem Jahr aus Israel entführten Menschen aus der Gewalt
der Islamisten zu befreien.
Auslöser des Gazakriegs war das von Hamas-Terroristen und anderen
Extremisten aus dem Gazastreifen begangene Massaker, bei dem am 7.
Oktober 2023 rund 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 250
weitere nach Gaza entführt wurden.
Hisbollah-Chef bekennt sich zur Waffenruhe
Während im Gaza-Krieg weiter Blut fließt, bekannte sich der neue
Chef der Schiitenmiliz Hisbollah, Naim Kasim, zu der mit Israel
vereinbarten Waffenruhe. Für die Umsetzung der Vereinbarung werde
die Hisbollah mit der libanesischen Armee eng zusammenarbeiten,
sagte er in einer TV-Ansprache. Kasim hatte erst vor Kurzem die
Nachfolge des langjährigen Hisbollah-Generalsekretärs Hassan
Nasrallah übernommen. Nasrallah war am 27. September bei einem
israelischen Luftangriff auf das Hauptquartier der Miliz in Beirut
getötet worden und soll heute mit einer Gedenkveranstaltung in den
südlichen Vororten der Hauptstadt geehrt werden.
"Die Vereinbarung (über die Waffenruhe) wurde unter dem Dach der
libanesischen Souveränität geschlossen. Wir haben ihr zugestimmt,
erhobenen Hauptes und in dem Bewusstsein unseres Rechts auf
Verteidigung", sagte Kasim. Nach seinen Worten errang die vom Iran
unterstützte Miliz im Krieg gegen Israel einen "großen Sieg". "Wir
haben gewonnen, weil wir den Feind daran gehindert haben, die
Hisbollah zu vernichten."
Experten sehen die Hisbollah nach einer Vielzahl israelischer
Militäreinsätze und Geheimdienstaktionen in den vergangenen Monaten
aber als deutlich geschwächt an. Neben ihrer Führungsriege dürfte
auch das Waffenarsenal stark dezimiert worden sein.
Die nach mehr als einem Jahr gegenseitiger Angriffe mühsam
ausgehandelte Einigung über eine Waffenruhe sieht unter anderem vor,
dass sich die Hisbollah gemäß einer UN-Resolution hinter den
Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der israelisch-libanesischen
Grenze zurückzieht. Die libanesische Armee soll darüber wachen, dass
dieser Teil der Vereinbarung eingehalten wird.
Israels Bodentruppen sollen innerhalb von 60 Tagen schrittweise aus
dem Libanon abziehen. Derzeit ist die Armee aber nach eigenen
Angaben weiterhin im Süden des Nachbarlandes im Einsatz, um Verstöße
gegen die Waffenruhe-Vereinbarung zu ahnden beziehungsweise zu
verhindern. Am Freitag zerstörte Israel nach eigenen Angaben einen
Raketenwerfer im Südlibanon. Die intensiven gegenseitigen Angriffe
zwischen der Hisbollah und Israel haben aber seit Beginn der
Feuerpause am Mittwochmorgen aufgehört.
Israel verbietet Libanesen vorerst Rückkehr in den Süden
Israels Armee verbot den Einwohnern von mehr als 60 Orten im
Südlibanon bis auf weiteres die Rückkehr. Die Menschen sollten nicht
zum Ziel werden, teilte ein israelischer Militärsprecher auf
Arabisch mit. Eine am Donnerstag von Israel verhängte Ausgangssperre
für die Zeit von 17.00 Uhr (16.00 Uhr MEZ) bis 07.00 Uhr (06.00 Uhr
MEZ) wurde verlängert. In dieser Zeit sei es untersagt, sich vom
Litani-Fluss aus in weiter südlich gelegene Gebiete zu begeben,
teilte ein Sprecher der israelischen Armee auf der Plattform X mit.
Nach Beginn des Gaza-Kriegs beschoss die Hisbollah Israel nach
eigenen Angaben zur Unterstützung der mit ihr verbündeten Hamas.
Nach israelischen Militärangaben feuerten die Hisbollah-Islamisten
seit Kriegsbeginn mehr als 17.000 Raketen auf den jüdischen Staat
ab.
Israel fürchtet Waffenschmuggel aus Syrien in den Libanon
Immer stärker in den Fokus Israels rückt derweil der Bürgerkrieg in
Syrien. Da die syrische Regierung von Präsident Baschar al-Assad
durch den Vormarsch der Rebellen im Nordwesten des Landes
überraschend in die Defensive gerät, befürchtet Israel ein
verstärktes Engagement des Erzfeindes Iran in der Region.
Netanjahu wollte einem Bericht der "Jerusalem Post" zufolge am
Freitagabend ein Treffen mit Geheimdiensten abhalten, um auch über
die regionalen Auswirkungen der Lage in Syrien zu beraten. Ein
Szenario könnte demnach sein, dass der Iran versucht, der syrischen
Armee Waffen zu verschaffen, die dann in den Libanon zur Hisbollah
gelangen könnten. Vergangene Woche hatte die israelische Armee
erklärt, aggressiv gegen jeden Versuch des Waffenschmuggels in den
Libanon vorzugehen.
Eine Allianz von Aufständischen unter der Führung der
Islamistenorganisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatte in dieser
Woche bei einer Offensive im Nordwesten Syriens überraschend große
Gebietsgewinne erzielt. Die Regierungstruppen und ihre Verbündeten
gerieten im Umland der Städte Idlib und Aleppo unter Druck.
Mittlerweile sollen die Rebellen laut Aktivisten große Teile der
Millionenstadt Aleppo kontrollieren, die schon in den ersten Jahren
des 2011 ausgebrochenen syrischen Bürgerkriegs stark umkämpft war
und großflächig zerstört wurde. Berichten zufolge zieht die
Regierung Truppen im Osten der Stadt für einen Gegenschlag
zusammen./ro/DP/mis
AXC0014 2024-11-30/10:29
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Autor: - dpa-AFX
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