| Wie Temu und Shein dem Einzelhandel vor Weihnachten zusetzen |
| 07.12.2025 11:18:00 |
263 Euro - so viel Geld möchten die Menschen
in Deutschland im Schnitt für Weihnachtsgeschenke ausgeben. Das geht
aus einer YouGov-Umfrage hervor. Gute Aussichten für den Handel
könnte man denken. Das Weihnachtsgeschäft kommt jedoch bislang nicht
recht in Schwung. Die Branche hat nicht nur mit der
Kaufzurückhaltung zu kämpfen, sondern auch damit, dass viele ihr
Geld woanders ausgeben. Vor allem asiatische Portale nehmen den
Einzelhändlern Umsätze weg, wie mehrere Untersuchungen zeigen:
Jeder Fünfte kauft Weihnachtsgeschenke bei Temu, Shein & Co.
Gut jeder Achte in Deutschland (12 Prozent) hat laut YouGov bereits
Weihnachtsgeschenke bei Temu, Shein oder AliExpress gekauft. Fast
jeder Zehnte (9 Prozent) plant dies noch. Besonders gefragt sind
Mode, Weihnachtsdeko, Spielzeug und Haushaltswaren. Die Hälfte der
Käufer gibt bis zu 100 Euro bei den Portalen aus, ein weiteres
Viertel zwischen 100 und 199 Euro, 14 Prozent geben mehr aus.
Umsätze von bis zu einer Milliarde Euro
Der Handelsverband Deutschland (HDE) schätzt, dass Temu und Shein im
November und Dezember hierzulande einen Umsatz von bis zu einer
Milliarde Euro erzielen. "Diese Verkäufe entgehen den Händlerinnen
und Händlern in Deutschland", sagt Hauptgeschäftsführer Stefan
Genth. Jeder verlorene Euro hinterlasse Spuren, da das
Weihnachtsgeschäft über den Erfolg des Geschäftsjahres entscheide.
Insgesamt rechnet der Verband in den beiden Monaten mit 126
Milliarden Euro Umsatz - inflationsbereinigt wäre das etwa so viel
wie im Vorjahr. Die Wochen vor dem Heiligabend sind für die Branche
die wichtigsten des Jahres, aber viele Unternehmen erwarten ein
schwaches Geschäft. Laut einer Händler-Umfrage des HDE rechnet nur
jeder Zehnte damit, dass das Weihnachtsgeschäft besser verläuft als
im Vorjahr. Jeder Zweite geht von einer Verschlechterung aus.
Modebranche besonders betroffen
"Temu und Shein belasten vor allem die Modehändler, die im
vergleichbaren Preissegment tätig sind, also vor allem
preisorientierte Formate, aber durchaus auch mittelpreisige
Modehäuser", sagt Axel Augustin, Geschäftsführer des
Branchenverbandes BTE. Der Verband schätzt, dass der Branche wegen
der asiatischen Shops in diesem Jahr über drei Milliarden Euro
Umsatz entgehen. Im Weihnachtsgeschäft sei das besonders
schmerzhaft, so Augustin. Die Modebranche kämpft bereits seit
längerem mit einer schwachen Nachfrage.
Rabattaktionen verlieren an Reiz
Wie groß die Anziehungskraft von Temu, Shein & Co. ist, lässt sich
auch rund um den Black Friday beobachten. Laut einer Studie des
Handelsforschungsinstituts IFH Köln verlieren die Rabatttage Ende
November für viele Kunden zunehmend an Reiz. Jeder Dritte gibt dies
in einer Umfrage an, bei Jüngeren sogar jeder Zweite. Ein Teil der
Verbraucher verzichtet bewusst auf die Aktionstage. Ein Grund:
Asiatische Shops bieten das ganze Jahr über niedrige Preise. 23
Prozent der Befragten sagen das, unter Jüngeren noch mehr.
Preisbewusstsein versus Bedenken
Wie ist der Erfolg der asiatischen Online-Plattformen zu erklären?
Die Weihnachtszeit ist erneut stark vom Sparen geprägt. Laut einer
Umfrage der Unternehmensberatung Oliver Wyman wollen 39 Prozent der
Verbraucher weniger für Weihnachtseinkäufe ausgeben.
Temu und Shein punkten vor allem mit niedrigen Preisen, sagt Ralf
Deckers vom IFH Köln. Zudem bieten die Portale Produkte, die
hierzulande kaum zu finden seien. Laut YouGov-Umfrage kaufen
Konsumenten dort, weil sie eine riesige Auswahl finden (71 Prozent),
regelmäßig angebotene Rabatte nutzen (54 Prozent) und Freude am
Stöbern haben (44 Prozent).
Die Vorbehalte zeigen sich in den Gründen, die von Menschen
angegeben werden, die dort nicht bestellen. 45 Prozent zweifeln an
der Qualität, 41 Prozent sorgen sich um ihre Gesundheit. 32 Prozent
bemängeln fehlende Sicherheitsstandards, 27 Prozent nennen ethische
Bedenken wie Arbeitsbedingungen oder Umwelt. 23 Prozent möchten
lokale Händler unterstützen, 19 Prozent fürchten das Risiko von
Plagiaten und Fälschungen.
Rainer Münch, Handelsexperte bei Oliver Wyman, sagt: "Trotz aller
Kritik haben sich Temu und Shein bei den Verbrauchern in Deutschland
fest als Einkaufsstätte etabliert." Das Preis-Leistungs-Verhältnis
sei für viele unschlagbar.
Asiatische Portale wachsen immer weiter
Die großen asiatischen Anbieter Temu, Shein und AliExpress haben ihr
Geschäft deutlich ausgebaut, wie Zahlen des E-Commerce-Verbandes
Bevh belegen. Die drei Unternehmen erzielten 2025 in Deutschland pro
Quartal zusammen über 800 Millionen Euro Umsatz - deutlich mehr als
in den Vorjahreszeiträumen. Ihr Marktanteil im deutschen
Onlinehandel beträgt inzwischen rund fünf Prozent.
Laut HDE werden täglich etwa 400.000 Pakete von Shein und Temu nach
Deutschland verschickt. Der Verband beklagt mangelhafte
Produktqualität und unfaire Wettbewerbsbedingungen. Er fordert eine
strengere Regulierung, schärfere Kontrollen sowie mehr Personal für
den Zoll.
Zahl der Insolvenzen im Einzelhandel steigt
Der deutsche Einzelhandel steckt in der Krise, die Lage spitzte sich
zuletzt zu. Von August 2024 bis August 2025 registrierte Allianz
Trade 2.490 Insolvenzen - der höchste Wert seit Oktober 2016. "Der
kometenhafte Aufstieg" der asiatischen Portale erhöhe den
Wettbewerbsdruck auf hiesige Einzelhändler enorm und habe zum
Anstieg der Insolvenzen beigetragen, sagt Branchenexperte Guillaume
Dejean./cr/DP/mis
AXC0024 2025-12-07/11:18
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Autor: - dpa-AFX
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