Fahrerlose Lkw kommen auf die Autobahn |
18.04.2024 06:19:00 |
MÜNCHEN (dpa-AFX) - MAN testet seine fahrerlosen Lastwagen auf der
Autobahn. Am Donnerstag wagt sich auch Bundesverkehrsminister Volker
Wissing (FDP) an Bord. Auf der A9 nördlich von München will er in
einem computergesteuerten Sattelschlepper von Allershausen knapp
zehn Kilometer bis zur Raststätte Fürholzen-West mitfahren und für
die neue Technik werben. Das Gesetz, das es möglich macht, geht noch
auf seinen Vorgänger Andreas Scheuer (CSU) zurück.
Der Lastwagenbauer MAN hat das Testfahrzeug zusammen mit den
Zulieferern Bosch, Knorr-Bremse , Leoni, dem Tüv Süd
und weiteren Partnern entwickelt und auf dem werkseigenen
Testgelände erprobt. Mit einer Sondergenehmigung geht es nun zur
weiteren Erprobung auf die Autobahn. Dabei wird der Lkw stets von
Mitarbeitern in einem Kontrollzentrum aus der Ferne überwacht und
notfalls gesteuert, wie MAN-Sprecher Gregor Jentzsch betont.
Außerdem sitzt auch noch ein Sicherheitsfahrer am Lenkrad, der
jederzeit eingreifen kann.
Milliardenschweres Geschäft erhofft
Lkw-Hersteller und Zulieferer erhoffen sich mit selbstfahrenden
Lastwagen ein großes Geschäft. Daimler Trucks ist auf Highways in
den USA schon seit einem Jahr mit selbstfahrenden Lastwagen in
Pilotprojekten mit Kunden unterwegs, will sie 2027 regulär auf den
Markt bringen und 2030 bereits drei Milliarden Dollar Umsatz und
eine Milliarde Dollar Gewinn vor Zinsen und Steuern damit
erwirtschaften, wie Konzernsprecher Paul Mandaiker sagt.
So konkrete Pläne sind von MAN noch nicht bekannt. "Am Ende muss es
sich für einen Spediteur lohnen, sich die Technik anzuschaffen",
sagte MAN-Sprecher Gregor Jentzsch. Und listet eine ganze Reihe von
Vorteilen auf: In Europa und in den USA herrscht ein riesiger
Fahrermangel. Autonome Lastwagen müssen keine Lenkzeiten und
Ruhepausen beachten, sie können theoretisch rund um die Uhr fahren.
Die werden weder müde noch unaufmerksam, die Zahl der Unfälle dürfte
sinken. Statt Sattelschlepper mit Containern im Linienbetrieb auf
der Autobahn zwischen Hamburg und München hin und her zu fahren und
regelmäßig weit weg von daheim in der Fahrerkabine zu übernachten,
könnten mehr Fahrer künftig im Regionalverkehr arbeiten, Fahrzeuge
beladen und Ware ausliefern.
Speditionsbranche hat Zweifel
Aber die Kunden sind skeptisch. Selbstfahrende Lastwagen, "das hört
sich in der Theorie gut an", sagt Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher
des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL).
Grundsätzlich sehe er das auch positiv - aber mit vielen
Fragezeichen: "Wie oft gibt es Ausfälle im Funknetz? Wie
funktioniert das bei starkem Regen, Nebel, Schnee? An Baustellen?
Wenn die Fahrbahnmarkierung verblasst ist?" Dazu kommen die hohen
Investitionskosten. Sowohl die Lkw-Hersteller als auch die
Spediteure müssen auch in den nächsten Jahren sehr viel Geld in die
Umstellung auf E-Mobilität investieren, das schreibt der Gesetzgeber
vor, das hat jetzt Vorrang.
Allein in Deutschland fehlen laut BGL heute schon 120 000
Lkw-Fahrer. Jedes Jahr gingen 30 000 in Rente, nur 15 000 kämen neu
dazu, sagt Engelhardt. Aber dass autonome Lastwagen da in absehbarer
Zeit helfen, bezweifelt er. Frühestens in zehn Jahren dürften sie
auf öffentlichen Straßen richtig unterwegs sein. Aber ohne Fahrer?
Der Autopilot habe den Piloten im Flugzeug nicht überflüssig
gemacht, Züge würden weiterhin von Lokführern gefahren. "Warum das
autonome Fahren gerade im Straßenverkehr, der viel komplexer ist,
Einzug halten soll, das erschließt sich mir nicht", sagt der
Verbandschef.
MAN hat autonome Lastwagen schon beim Umschlag im Hamburger Hafen
und beim Verladen auf die Bahn getestet und von bis zu 40 Prozent
Effizienzgewinn berichtet. Der Pendelverkehr zwischen zwei
Logistikpunkten an der Autobahn soll bis Jahresende laufen, dann
sind praxisnahe Projekte mit Kunden geplant, und etwa 2030 könnten
die Fahrzeuge dann in Serie gehen.
Vorreiter USA
Daimler will schon 2027 so weit sein und setzt auf den viel größeren
US-Markt. Die Frachtmenge dort dürfte sich bis 2050 verdoppeln. "Die
USA bieten mit ihren langen Highways, dem steigenden Bedarf an
Gütertransport, großen Lkw-Flotten und den zukunftsorientierten
Regulierungsbehörden ein ideales erstes Anwendungsfeld für den
Einsatz dieser neuen Technologie", sagt Konzernsprecher Paul
Mandaiker. Die USA stünden dem Einsatz autonomer Fahrzeuge insgesamt
sehr positiv gegenüber. Im nächsten Schritt könnte Daimler mit
autonomen Lkws dann auch in Europa in Serie gehen. Für die
Kommerzialisierung entscheidend sei aber, dass der Einsatz
grenzüberschreitend möglich sei.
Auch Continental setzt auf die USA. Mit der
US-Softwarefirma Aurora will der deutsche Zulieferkonzern 2027 ein
autonomes Fahrsystem in Serie produzieren. Aurora arbeitet mit
großen Lkw-Herstellern wie Paccar zusammen. Die
Nachfrage sei groß, "wegen der langen Strecken, wegen des
Fahrermangels - das wird der erste Markt für uns", sagte
Conti-Sprecherin Jennifer Weyrich./rol/DP/stk
ISIN DE0005439004 SE0000308280 US6937181088 DE000KBX1006 DE000DTR0CK8
AXC0032 2024-04-18/06:19
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Autor: - dpa-AFX
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