ROUNDUP/Russland: ATACMS-Raketen der USA für Ukraine sind 'weiterer Fehler' |
18.10.2023 17:54:00 |
KIEW/WASHINGTON (dpa-AFX) - Nach dem ersten Einsatz der
schlagkräftigen US-Raketen vom Typ ATACMS in der Ukraine gegen
russische Stellungen warnt Moskau vor einer Eskalation des Kriegs.
Kremlchef Wladimir Putin warf den USA am Mittwoch vor, mit der
Lieferung der Raketen einen "weiteren Fehler" begangen zu haben und
eine "zusätzliche Bedrohung" zu schaffen. Allerdings werde Russland
auch diese Raketen abwehren, sagte Putin bei einem Aufenthalt in
Peking. Die USA ließen sich damit noch tiefer in den Konflikt in der
Ukraine hineinziehen. Kiew hatte am Dienstag bestätigt, die Raketen
von den USA geliefert bekommen und gegen russische
Militärstützpunkte eingesetzt zu haben.
"Krieg ist Krieg", sagte Putin. Zugleich betonte er mit Blick auf
die US-Raketen, die eine größere Reichweite haben und auch Angriffe
weit hinter der Front ermöglichen: "Aber das Wichtigste ist, dass
dies insgesamt grundlegend nicht dazu in der Lage ist, die Situation
an der Front zu verändern." Putin äußerte sich nach dem Gipfel zu
Chinas internationalem Infrastrukturprojekt "Neue Seidenstraße", zu
dem er am Dienstag angereist war. Dabei kündigte Putin auch
dauerhafte Patrouillen von Kampfjets im Schwarzen Meer an. Die
Luftstreitkräfte würden mit Flugzeugen vom Typ MiG-31 über neutralen
Gewässern ihre Kontrollflüge absolvieren. Die Jets sollen demnach
zudem mit Hyperschallraketen vom Typ Kinschal (Dolch) ausgestattet
werden.
Verteidigungsminister Sergej Schoigu kündigte außerdem an, dass
Moskau die westlichen Grenzen des Landes wegen der Bedrohungslage
durch die ATACMS-Raketen verstärken werde. Er befürchtet, dass Kiew
mit den US-Raketen dank deren hoher Reichweite auch Ziele im
russischen Hinterland treffen könnte. Moskau sieht die Gefahr, dass
die westlichen Waffenlieferungen zu einer direkten militärischen
Konfrontation der Nato und der USA mit Russland führen könnten.
Parlament ebnet Weg für mögliche russische Atomwaffentests
In seinem Konflikt mit den USA macht Russland nun erstmals seit dem
Zusammenbruch der Sowjetunion vor gut 30 Jahren auch wieder den Weg
für den Test von Atomwaffen frei. Das Unterhaus des Parlaments, die
Staatsduma in Moskau, beschloss einstimmig ein Gesetz, mit dem
Russlands Ratifizierung des globalen Vertrags über den Stopp von
Nukleartests (CTBT) zurückgezogen wird. Damit steigt das Land aus
einem weiteren internationalen Sicherheitsvertrag aus. Eine
Zustimmung des Föderationsrats als Oberhaus des Parlaments gilt als
Formalie. Es wird erwartet, dass Putin die Entscheidung nun per
Unterschrift rasch formalisiert. Der bislang letzte Atomwaffentest
liegt 33 Jahre zurück, er fand am 24. Oktober 1990 statt.
Putin hatte die Rückziehung der Ratifizierung damit begründet, dass
Russland die gleichen Möglichkeiten haben müsse wie die zweite große
Atommacht, die USA. Washington könnte jederzeit Atomwaffen testen,
da es den CTBT nie ratifiziert hatte. Russland will nach offiziellen
Angaben Nuklearwaffen künftig aber nur dann testen, wenn dies auch
die USA täten. Putin hatte auch angeordnet, die Testgelände für
mögliche Erprobungen von Atomwaffen herzurichten. Er hatte im
Konflikt mit den USA und mit der Nato um die Ukraine zudem die
Atomwaffen des Landes in erhöhte Bereitschaft versetzt.
Der Atomteststopp-Vertrag wurde 1996 verabschiedet, um die
Weiterentwicklung von Nuklearwaffen einzudämmen. Das globale
Testverbot ist zwar noch nicht in Kraft getreten, doch seit den
1990er Jahren haben sich alle Staaten bis auf Nordkorea daran
gehalten. Die CTBT-Organisation in Wien betreibt ein globales
Netzwerk an Messstationen, die Atomtests anhand von Druckwellen
sowie chemischen und nuklearen Spuren entdecken können. Russland
will auch künftig Daten von seinen eigenen 32 Stationen liefern.
Tote und Verletzte bei russischem Beschuss in der Ukraine
In der Ukraine kamen derweil erneut zahlreiche Menschen durch
russische Angriffe ums Leben. Bei Raketenbeschuss in der Stadt
Saporischschja im Südosten der Ukraine starben nach örtlichen
Behördenangaben mindestens fünf Menschen. Bei dem Einschlag einer
Rakete in einem fünfgeschossigen Wohnhaus seien auch fünf Menschen
verletzt worden, hieß es. Der ukrainische Präsident Wolodymyr
Selenskyj warf Russland auf der Plattform X (vormals Twitter) Terror
und Krieg gegen die Zivilbevölkerung vor. "Wir tun alles Mögliche,
um den Terrorstaat zur Rechenschaft zu ziehen. Russischer Terror
muss besiegt werden", schrieb Selenskyj.
Infolge eines russischen Luftangriffs wurde im südukrainischen
Gebiet Cherson Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge ein Zivilist
getötet. Im benachbarten Gebiet Dnipropetrowsk kam eine Frau bei
einem russischen Raketenschlag ums Leben. Vier weitere Menschen
wurden verletzt. Mindestens acht Häuser wurden dabei beschädigt.
Russland überzieht die Ukraine seit Beginn seines Angriffskrieges am
24. Februar 2022 immer wieder mit Raketen- und Drohnenattacken sowie
massivem Artilleriefeuer. Das angegriffene Land wehrt sich mit
westlicher Militärhilfe gegen die beispiellose Invasion, bei der
immer wieder auch zivile Infrastruktur getroffen wird.
Das Moskauer Verteidigungsministerium teilte am Mittwochmorgen mit,
dass die russische Flugabwehr insgesamt 28 Drohnen abgefangen und
vernichtet habe. Demnach wurden von ukrainischer Seite die
russischen Grenzregionen Belgorod und Kursk sowie Teile des
Schwarzen Meers ins Visier genommen. Die Angaben waren von
unabhängiger Seite nicht überprüfbar. Mehreren ukrainischen Medien
zufolge griff Kiews Geheimdienst SBU in der Nacht mit Drohnen ein
russisches Militärlager im Gebiet Kursk beim Militärflughafen
Chalino an. Es soll 18 Einschläge gegeben haben. Nähere Angaben gab
es vorerst nicht./mau/DP/jha
ISIN US5398301094
AXC0264 2023-10-18/17:54
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Autor: - dpa-AFX
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