GESAMT-ROUNDUP 2: Flugzeuginferno in Japan überschattet Erdbeben-Hilfseinsatz |
02.01.2024 18:01:00 |
(neu: Airbus-Mitteilung)
TOKIO (dpa-AFX) - Ein Flammeninferno auf dem Tokioter Flughafen
Haneda nach einer Flugzeugkollision mit fünf Toten hat den Einsatz
der Hilfskräfte im Erdbebengebiet an Japans Westküste überschattet.
Ein Passagierflugzeug der Japan Airlines (JAL) stieß
am Dienstag aus noch ungeklärter Ursache unmittelbar nach der
Landung mit einem Flugzeug der japanischen Küstenwache zusammen, das
Hilfsgüter zu Überlebenden der Erdbebenkatastrophe auf der Halbinsel
Noto bringen sollte.
Dabei gerieten beide Flugzeuge in Brand. Während alle 379 Personen
an Bord des Großraumjets vom Typ Airbus A350 die
lichterloh brennende Maschine ohne lebensgefährliche Verletzungen
verlassen konnten, kam für fünf Menschen an Bord des
Küstenwachenflugzeugs jede Hilfe zu spät. Nur der Pilot der
Bombardier DHC8-300 kam raus, er erlitt schwere Verletzungen.
Der Flugzeughersteller Airbus bekundete am Dienstag laut einer
Mitteilung aus Toulouse Mitgefühl für alle von dem Unfall
Betroffenen. Die A350-900 war demnach erst zwei Jahre alt. Man werde
die zuständigen Behörden bei der Untersuchung des Vorfalls technisch
unterstützen, kündigte der weltgrößte Flugzeugbauer an.
Das in Haneda stationierte Flugzeug der Küstenwache habe sich auf
der Landebahn befunden, als es gegen 17.50 Uhr (09.50 Uhr MEZ) mit
der JAL-Maschine zusammenstieß, berichteten japanische Medien am
Abend. Die Bilder von dem in Flammen stehenden Passagierflugzeug
wurden vom japanischen Fernsehen am Abend live übertragen, nachdem
unmittelbar zuvor noch verheerende Aufnahmen von den beträchtlichen
Zerstörungen an der Westküste des Inselreiches zu sehen waren. Dort
wurden mindestens 48 Menschen in den Tod gerissen.
Mindestens 137 weitere Menschen erlitten in Folge des besonders
heftigen Bebens der Stärke 7,6 vom Neujahrstag Verletzungen, wie die
"Mainichi Shimbun" berichtete. "Die Suche und Rettung der vom Beben
betroffenen Menschen ist ein Kampf gegen die Zeit", sagte
Regierungschef Fumio Kishida vor dem Krisenstab. Eine am Vortag für
Japans gesamte Westküste ausgegebene Warnung vor Tsunami-Flutwellen
hob die nationale meteorologische Behörde am Dienstag wieder auf.
Am Abend unterbrachen die japanischen Fernsehsender dann ihre bis
dahin pausenlose Erdbebenberichterstattung. Der Sender TBS zeigte,
wie die aus Hokkaido im Norden Japans kommende JAL-Maschine auf der
Landebahn aufsetzt und ein riesiger Feuerball die Nacht erleuchtet.
Alles habe zu rütteln begonnen, die Lichter seien ausgegangen. "Das
ist wie eine Horrorgeschichte", sagte der Schwede Anton Deibe nach
der Evakuierung dem schwedischen Rundfunksender SVT. Der 17-Jährige
saß bei dem Vorfall neben seiner Schwester hinter dem brennenden
Flügel. Alle an Bord hätten natürlich Panik bekommen.
Aus dem Fenster seien orangefarbene Flammen geschlagen, während sich
die Kabine mit Rauch füllte, erzählte ein 33-jähriger Japaner der
Zeitung "Asahi Shimbun". Er befand sich wie viele andere Landsleute
mit seiner Frau und zweijährigen Tochter auf dem Rückweg von den
Neujahrsfeierlichkeiten bei seinen Schwiegereltern auf Hokkaido. Er
habe gedacht "Oh nein" und versucht, den Rauch nicht einzuatmen.
"Bitte bleiben Sie ruhig. Bitte nehmen Sie nicht Ihr Gepäck", habe
es über die Borddurchsage geheißen, erzählte der Japaner weiter.
Während Feuerwehrleute neben einem der zerstörten Triebwerke das
gewaltige Feuer löschen und aus den Fenstern des Flugzeuges hohe
Flammen empor schlagen, verlassen die Passagiere über eine
Notrutsche das Flugzeug. Darunter sind auch acht kleine Kinder. 17
der Flugzeuginsassen erleiden Verletzungen. Beim Anblick des
Infernos mutet es wie ein Wunder an, dass sie es überhaupt überlebt
haben. Wie es genau es zu der Kollision mit der Maschine der
Küstenwache kam, war am Abend noch ungeklärt. Die Ermittlungen
laufen.
Währenddessen begann für viele Menschen auf der anderen Seite des
Archipels am Japan-Meer eine zweite Nacht in den Notunterkünften.
Zahlreiche Häuser sind in Folge der weiter andauernden Beben
zerstört oder fielen Bränden zum Opfer. Straßen wurden aufgerissen
oder teils durch Erdrutsche blockiert, Bäume stürzten um.
"Ich hatte große Angst, ich habe geschrien. Ich dachte, ich würde
sterben", schilderte die australische Touristin Kumudu Thuyakontha
der Zeitung "The Sydney Morning Herald". Sie hatte gerade eines der
traditionellen Onsen-Bäder in der unter Touristen beliebten
Präfektur Kanazawa besucht, als das Gebäude zu schwanken begann. Sie
und ihre Familie blieben unverletzt und nahmen nach Abklingen der
Erschütterung den ersten verfügbaren Zug nach Kyoto, um zu
entkommen.
Andere hatten weniger Glück. "Zuerst dachte ich, das Beben hätte die
übliche Stärke", erzählte ein Bewohner Ishikawas der Zeitung "Asahi
Shimbun". "Aber bald darauf gab es ein vertikales Beben und das Haus
stürzte ein." Seine 79 Jahre alte Mutter, die sich in einem anderen
Zimmer aufgehalten habe, sei beinahe unter dem Haus begraben worden,
habe aber noch "Raus!" gerufen und sich rechtzeitig retten können.
Sie hätten die Nacht auf einer Anhöhe im Zelt übernachtet und seien
dann in eine Notunterkunft gezogen, sagte der 50-Jährige der
Zeitung.
Rund 100 000 Menschen waren während der Neujahrsfeierlichkeiten
aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. In Zehntausenden
Haushalten fiel bei winterlichen Temperaturen der Strom aus. Japans
Kaiser Naruhito und seine Familie sagten ihren traditionellen
Neujahrsauftritt vor dem Volk am Dienstag ab. Sie seien untröstlich
und hofften, dass die Bemühungen zur Rettung von Menschenleben so
schnell wie möglich voranschreiten, zitierten Medien das Haushofamt.
Die Wetterbehörde warnte für die nächsten Tage vor weiteren
Beben./ln/DP/stw
ISIN NL0000235190 JP3705200008
AXC0223 2024-01-02/18:01
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Autor: - dpa-AFX
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