ROUNDUP: Diesel aus Pflanzenöl darf ab Mai als Reinkraftstoff in den Tank |
10.04.2024 18:34:00 |
BERLIN (dpa-AFX) - Autofahrer werden in Deutschland künftig auch
Diesel tanken können, der zu 100 Prozent aus Abfallstoffen wie
Frittenfett hergestellt wurde. Dazu hat das Bundeskabinett am
Mittwoch den Weg freigemacht. Zuvor hatte der Bundesrat der
entsprechenden Verordnung zugestimmt. Noch im Mai sollen dann
sogenannte paraffinische Dieselkraftstoffe, die aus Abfallstoffen
und Pflanzenölen bestehen, als Reinkraftstoff zugelassen werden.
Bislang durfte diese Art von Kraftstoff nur dann getankt werden,
wenn sie dem regulären Dieselkraftstoff beigemischt wurde. Der
zugelassene Beimischungsanteil lag dabei nach Angaben des
Bundesumweltministeriums bei 26 Prozent. Mit dem Inkrafttreten der
neuen Verordnung darf der Öko-Diesel künftig auch in 100-prozentiger
Konzentration angeboten werden. Das Bundesumweltministerium weist
darauf hin, dass der Öko-Diesel HVO, den die neue Verordnung
betrifft, bislang nur zu etwa zwei Prozent beigemischt werde,
"obwohl technisch und rechtlich mehr möglich wäre", heißt es.
HVO steht für "hydrotreated vegetable oil" - hydriertes Pflanzenöl.
Den Angaben zufolge dürfen neben dem HVO-Diesel auch paraffinische
Dieselkraftstoffe aus fossilen Ausgangsstoffen wie Erdgas künftig zu
100 Prozent in den Tank. Das war bislang auch nicht der Fall. Die
bisher mögliche Beimischung des Bio-Kraftstoffs soll für beide
Kraftstoffarten bestehen bleiben. Nutzen und Chancen des Kraftstoffs
beurteilen das von den Grünen geführte Umweltministerium und das von
der FDP gelenkte Verkehrsressort unterschiedlich.
Verkehrsminister Volker Wissing nannte die Freigabe von HVO 100
einen "wichtigen Schritt für mehr Klimaschutz im Verkehr". Der
Kraftstoff sei besonders hochwertig und nachhaltig. Aus Abfall- und
Reststoffen produziertes HVO könne die CO2-Emissionen gegenüber
fossilem Diesel um mehr als 90 Prozent reduzieren, sagte der
FDP-Politiker. "Der Kraftstoff hat sich in der Praxis bewährt, ist
in industriellem Maßstab verfügbar und für moderne Dieselmotoren
grundsätzlich geeignet." HVO 100 könne einen wirksamen Beitrag
leisten, um die Emissionen in der Bestandsflotte zu reduzieren.
Das Bundesumweltministerium argumentiert dagegen, dass
HVO-Kraftstoff nicht grundsätzlich nachhaltig sei. "Nur wenn
nachhaltige Rohstoffe zur Herstellung eingesetzt werden, ist HVO
auch nachhaltig", heißt es. So könne der Kraftstoff auch aus Palmöl
hergestellt werden, das laut Umweltministerium zu
Treibhausgasemissionen beitrage und zu großen Verlusten bei der
Artenvielfalt. Auch sei es kaum möglich, die bei der Herstellung der
Kraftstoffe eingesetzten Rohstoffe nachträglich nachzuweisen.
Autofahrer können also an der Zapfsäule nicht wissen, ob sie
nachhaltigen Kraftstoff tanken oder nicht.
Laut dem Verkehrsministerium ist nach dem
Bundesimmissionsschutzgesetz Palmöl als Ausgangsstoff von
Biokraftstoffen für die Anrechnung auf die
Treibhausgasminderungsquote ausgeschlossen. Insofern bestehe auch
kein Anreiz, aus Palmöl produziertes HVO auf den Markt zu bringen.
Aus Abfall- und Reststoffen hergestelltes HVO sei von der steigenden
CO2-Bepreisung ausgenommen: "Damit ist HVO mittelfristig auch
wirtschaftlich eine attraktive Option, um den individuellen
CO2-Ausstoß im Straßenverkehr zu verringern".
Aus Sicht des Umweltministeriums ist auch fraglich, in welchem
Umfang der neue Treibstoff verfügbar sein wird. Altspeiseöle -
beispielsweise aus der Gastronomie - würden bereits heute
vollständig als Beimischung im Verkehr eingesetzt und könnten nicht
gesteigert werden. Der CO2-Ausstoß von Fahrzeugen verringere sich
dadurch derzeit nur geringfügig.
"Würde man die vorhandene Menge an nachhaltigem HVO-Diesel als
Reinkraftstoff verwenden, reichte sie nur für eine kleine Zahl an
Fahrzeugen", sagte ein Sprecher von Ministerin Steffi Lemke (Grüne).
Es bringe für den Klimaschutz folglich keinen zusätzlichen Nutzen,
wenige Fahrzeuge mit nachhaltigem Reinkraftstoff zu betanken, statt
ihn für die gesamte Flotte beizumischen./faa/DP/stw
ISIN US20825C1045 FR0000120271 GB0007980591 US30231G1022 PLPKN0000018
AXC0275 2024-04-10/18:34
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Autor: - dpa-AFX
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