Gericht: Väter bei Erziehungszeiten für Rente nicht benachteiligt |
18.04.2024 16:11:00 |
KASSEL (dpa-AFX) - Väter werden bei der Zuordnung von
Kindererziehungszeiten für die Rente nicht diskriminiert. Das hat
das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am Donnerstag entschieden
(Aktenzeichen B 5 R 10/23 R). Es liege keine verfassungswidrige
Benachteiligung von Männern darin, dass Kindererziehungszeiten und
Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der gesetzlichen
Rentenversicherung im Zweifel bei der Mutter anerkannt werden,
teilte das BSG mit.
Nach der geltenden Regelung können Eltern, die gemeinsam ein Kind
erziehen, eine übereinstimmende Erklärung gegenüber dem
Rentenversicherungsträger abgeben, welchem Elternteil die
Kinderziehungszeiten zugeordnet werden sollen. Fehlt eine solche
Erklärung, werden die Erziehungszeiten dem Elternteil zugeordnet,
der das Kind überwiegend erzogen hat. Lässt sich auch das nicht
zuordnen, werden die Erziehungszeiten der Mutter zugeordnet. So
geschehen im aktuellen Fall.
Der Kläger - ein Vater aus Hessen - und die Kindsmutter lebten nach
Angaben des Bundessozialgerichts zunächst mit der 2001 geborenen
Tochter in einem gemeinsamen Haushalt. Die Eltern gaben keine
übereinstimmende Erklärung zur Zuordnung der Erziehungszeit ab. Der
Mann war nach der Geburt der Tochter weiterhin in Vollzeit
beschäftigt. Die Mutter nahm erst kurz vor dem sechsten Geburtstag
der Tochter wieder eine geringfügige Beschäftigung auf. Im November
2008 zog sie aus der gemeinsamen Wohnung aus. Vater und Mutter
lebten seitdem dauerhaft getrennt. Inzwischen ist der Aufenthalt der
Mutter laut BSG unbekannt. Das Ruhen ihrer elterlichen Sorge sei vom
Familiengericht festgestellt worden.
Der beklagte Rentenversicherungsträger merkte die Zeit ab dem Auszug
der Mutter beim Vater als Berücksichtigungszeit wegen
Kindererziehung vor. Für die Zeit zuvor lehnte er die Vormerkung von
rentenrechtlichen Zeiten wegen Kindererziehung ab. Da keine
übereinstimmende Erklärung zur Zuordnung der Erziehungszeit
abgegeben worden sei und sich eine überwiegende Erziehung durch den
Kläger erst ab November 2008 habe nachweisen lassen, erfolge eine
Zuordnung bei der Kindsmutter.
Der Vater machte dagegen verfassungsrechtliche Einwände geltend. Er
werde aufgrund seines Geschlechts benachteiligt, wenn bei
gemeinsamer Erziehung durch die Eltern, bei der sich eine
überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht nachweisen
lasse, die Kindererziehungszeit der Mutter zugeordnet werde. Das
dahinter stehende Rollen- und Familienbild entspreche auch nicht
mehr der gesellschaftlichen Realität.
Wie bereits die beiden Vorinstanzen hat das Bundessozialgericht
keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die
Erziehungszeit der Mutter zugeordnet wird, wenn die Eltern keine
übereinstimmende Erklärung zu ihrer Zuordnung abgegeben haben und
eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht vorliegt.
Zwar führe die Anwendung der Auffangregelung zu einer unmittelbaren
Benachteiligung des Kindsvaters. "Die Ungleichbehandlung ist aber
zur Verwirklichung des Gleichstellungsgebots ausnahmsweise
gerechtfertigt", begründeten die Kasseler Richter ihre Entscheidung.
"Indem die Erziehungszeit im Zweifel der Mutter zuordnet wird,
werden faktische Nachteile ausgeglichen, die infolge der
Erziehungsleistung beim Erwerb von Anwartschaften in der
gesetzlichen Rentenversicherung bestehen und die Frauen weiterhin
deutlich häufiger betreffen als Männer", führten sie aus. Obwohl die
Erwerbstätigenquote und teilweise auch der zeitliche Umfang der
Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kindern unter drei Jahren und auch
darüber hinaus gestiegen sei, bleibe sie immer noch deutlich hinter
denjenigen der Väter zurück. "Diese, die Mütter bevorzugende
Auffangregelung ist auch verhältnismäßig." Die übrigen
Zuordnungsregelungen ließen genügend Raum für eine Zuordnung der
Erziehungszeit an einen männlichen Elternteil./nis/DP/stw
AXC0277 2024-04-18/16:11
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Autor: - dpa-AFX
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