WDH/ROUNDUP 5: Mutmaßlich israelischer Angriff im Iran - Keine Eskalation? |
19.04.2024 19:40:00 |
(Im 8. Absatz, zweiter Satz muss es heißen: "(...) die
Verteidigungssysteme des Irans zu testen".)
TEHERAN/TEL AVIV (dpa-AFX) - Israel hat nach übereinstimmenden
Medienberichten als Reaktion auf den Großangriff vom vergangenen
Wochenende eine Vergeltungsaktion gegen den Iran ausgeführt. Die
"New York Times" berichtete von einer israelischen Militäraktion am
frühen Freitagmorgen im Iran und berief sich dabei auf zwei
israelische und drei iranische, namentlich nicht genannte
Regierungsmitarbeiter. Laut der israelischen Zeitung "Jerusalem
Post" galt der Angriff einer Luftwaffenbasis im zentraliranischen
Isfahan, unweit iranischer Atomanlagen. Diese wurden nach Angaben
der Internationalen Atomenergiebehörde aber nicht getroffen.
Auch andere Schäden wurden nicht gemeldet. Iranische Staatsmedien
wiesen US-Medienberichte über einen Raketenangriff zurück. Am Himmel
über der iranischen Provinz Isfahan seien in der Nacht zu Freitag
mehrere kleine Flugobjekte beschossen worden, hieß es lediglich. Der
US-Sender ABC News berichtete hingegen unter Berufung auf einen
nicht namentlich genannten US-Vertreter, israelische Kampfjets, die
sich außerhalb des iranischen Luftraums befanden, hätten drei
Raketen auf eine Radaranlage abgeschossen, die Teil des
Verteidigungssystems der Atomanlage von Natans nordwestlich von
Isfahan gewesen sei. Sie sei vermutlich zerstört worden.
Israel und das US-Verteidigungsministerium äußerten sich nicht zu
der Aktion. US-Außenminister Antony Blinken sagte auf einem Treffen
der G7-Außenminister auf Capri, er werde darauf nicht "nicht näher
eingehen - außer zu sagen, dass die Vereinigten Staaten an keinen
Offensivoperationen beteiligt waren".
Verhaltene Reaktionen auf beiden Seiten
Medien in Israel und dem Iran reagierten verhalten auf den
mutmaßlich israelischen Angriff. Irans Präsident Ebrahim Raisi hielt
bei einer Reise in der Provinz Semnan vor Anhängern eine Rede,
erwähnte den Angriff nahe der Millionenstadt Isfahan jedoch mit
keinem Wort. Beobachter sehen die verhaltenen Reaktionen als Zeichen
dafür, dass die beiden Länder die Aktion herunterspielen wollen, um
eine weitere Eskalation zu vermeiden.
Aus Sorge vor einem neuen großen Krieg in Nahost riefen die USA,
Großbritannien, Deutschland und andere Staaten den Iran und Israel
wiederholt zur Deeskalation auf.
Der Iran hatte am Wochenende erstmals mit mehr als 300 Raketen und
Drohnen Israel direkt angegriffen. Hintergrund der iranischen
Raketen- und Drohnenangriffe war ein mutmaßlich von Israel geführter
Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen
Hauptstadt Damaskus, bei dem Anfang April zwei Generäle der
iranischen Revolutionsgarden getötet wurden. Irans Staatsführung
kündigte daraufhin Vergeltung an. In den vergangenen Tagen drohte
Irans Militärführung mit einer entschiedenen Antwort, sollte Israel
den Iran angreifen. Noch nie standen die verfeindeten Länder so nah
an einem Krieg.
Ob die Zeichen nun auf Deeskalation stehen, hängt Analysten zufolge
auch davon ab, ob Israel es bei dem mutmaßlichen Vergeltungsschlag
belässt und wie und ob der Iran doch noch reagiert.
Beobachter: Warnung an Iran oder Testlauf
In einem optimistischen Szenario habe Israels Ziel darin bestanden,
eine ernsthafte Warnung an den Iran zu senden, schrieb Hamidreza
Azizi, Gastwissenschaftler an der Berliner Stiftung für Wissenschaft
und Politik, auf der Plattform X, vormals Twitter. In einem
pessimistischen Szenario habe das Ziel Israels darin bestanden, die
Verteidigungssysteme des Irans zu testen oder die Verteidigung außer
Gefecht zu setzen, die für die Verteidigung strategischer Zentren in
Isfahan verantwortlich seien. "In diesem Fall sollten wir mit mehr -
und möglicherweise umfassenderen - Angriffen auf iranischem
Territorium rechnen", so Azizi.
Nach Einschätzung des US-Militärexperten Cedric Leighton hat Israel
mit dem Vorgehen, das "ganz klar eine direkte Reaktion auf die
iranischen Angriffe vom Wochenende gewesen sei", bewiesen, dass das
iranische Luftabwehrsystem nicht annähernd die Fähigkeiten des
israelischen Luftabwehrsystems habe.
Der CNN-Militärexperte Mark MacCarley sagte: "Die Israelis mussten
Vergeltung üben, aber diese Vergeltung enthielt auch eine Botschaft,
nämlich: Ja, wir können es schaffen. Macht das nicht noch einmal.
Wenn ihr es noch einmal tut, dann wird Chaos ausbrechen."
Aufrufe zur Deeskalation
US-Außenminister Blinken rief erneut zur Deeskalation auf. Mit Blick
auf den iranischen Angriff auf Israel vom Wochenende sagte er bei
den G7-Außenministern auf Capri: "Wir fühlen uns der Sicherheit
Israels verpflichtet." Man sei zudem bestrebt, die Situation zu
deeskalieren. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz warnte am Freitag
erneut vor einer Ausweitung des Konfliktes. "Alle müssen jetzt und
in der nächsten Zeit dafür sorgen, dass es nicht zu einer weiteren
Eskalation des Krieges kommt", sagte er am Freitag. Diese Position
vertrete Deutschland gemeinsam mit seinen Verbündeten. Ähnlich
äußerten sich Vertreter arabischer Staaten.
Isfahan bekannt als Kulturstadt und Zentrum der Rüstungsindustrie
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien bestätigte am
Freitag, dass keine iranischen Atomanlagen beschädigt wurden.
IAEA-Chef Rafael Grossi rufe weiterhin "alle zu äußerster
Zurückhaltung auf", hieß es in einer Stellungnahme auf X, vormals
Twitter. Nukleare Anlagen sollten nie Ziele in militärischen
Konflikten sein, betonte er.
In Isfahan befinden sich wichtige Einrichtungen der iranischen
Rüstungsindustrie, unter anderem Fabriken zur Raketenherstellung.
Auch das größte nukleare Forschungszentrum des Landes ist in der
Kulturstadt mit ihren rund zwei Millionen Einwohnern angesiedelt.
Laut Rundfunk bestand für die dortigen Atomeinrichtungen keine
Gefahr. Ende Januar 2023 war im Iran eine Munitionsfabrik des
Verteidigungsministeriums nahe der Metropole Isfahan mit mehreren
kleinen Fluggeräten angegriffen worden. Die Regierung in Teheran
hatte damals den Erzfeind Israel als Drahtzieher für die Attacke
verantwortlich gemacht.
Schattenkrieg zwischen Israel und Iran nun offener Konflikt
In den Monaten nach Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 hat sich
der Jahrzehnte alte Konflikt zwischen Israel und der Islamischen
Republik Iran dramatisch zugespitzt. Der jüdische Staat sieht sich
nach Angriffen von Milizen im Libanon, in Syrien, im Irak und im
Jemen, die mit dem Iran verbündet sind, an mehreren Fronten unter
Beschuss. Seit der Revolution von 1979 gelten die USA und Israel als
Erzfeinde der Islamischen Republik. Netanjahu bezeichnete den Iran
in der Vergangenheit ebenfalls als "wichtigsten Feind".
Israel sieht in dem umstrittenen Atomprogramm sowie dem massiven
Raketen- und Drohnenarsenal des Irans die größte Bedrohung seiner
Existenz. Die USA haben Teheran immer wieder unterstellt, nach
Nuklearwaffen zu streben. Der Iran bestreitet die Vorwürfe und
beteuert, sein Atomprogramm rein zivil zu nutzen. Ein religiöses
Rechtsgutachten durch Chamenei hatte Massenvernichtungswaffen als
unvereinbar mit dem Islam verboten./arb/DP/stw
AXC0287 2024-04-19/19:40
|
Autor: - dpa-AFX
|
Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet. |
|
|
DAX | 17.896,50 | -35,67 | -0,20% |
TecDax | 3.239,82 | -34,18 | -1,04% |
MDAX | 26.252,41 | -11,98 | -0,05% |
Dow Jones (EOD) | 38.225,66 | 322,37 | 0,85% |
Nasdaq 100 | 17.541,54 | 222,99 | 1,29% |
S & P 500 (EOD) | 5.064,20 | 45,81 | 0,91% |
SMI | 11.209,63 | -51,28 | -0,46% |
|
EUR/US$ | 1,0730 | 0,00 | 0,04% |
EUR/Yen | 164,4494 | -0,38 | -0,23% |
EUR/CHF | 0,9745 | -0,00 | -0,23% |
EUR/Brit. Pfund | 0,8554 | -0,00 | -0,03% |
Yen/US$ | 0,0065 | 0,00 | -0,06% |
CHF/US$ | 1,1011 | 0,00 | 0,18% |
|
baha Brent Indication | 85,05 | 0,28 | 0,33% |
Gold | 2.291,20 | -14,49 | -0,63% |
Silber | 26,24 | -0,25 | -0,93% |
Platin | 950,89 | 0,05 | 0,01% |
|
|
|