ROUNDUP 2: Unicredit wirbt für Komplett-Übernahme der Commerzbank |
16.09.2024 17:12:00 |
(neu: Aussagen von Commerzbank-Chef Knof, Bundesfinanzministerium,
Kreise-Informationen zur Deutschen Bank, Hintergrund,
Kursreaktionen)
FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX) - Die italienische Großbank Unicredit
wirbt nach ihrem Einstieg bei der Commerzbank
für eine Übernahme von Deutschlands zweitgrößter
Privatbank. Zugleich forderte Unicredit-Chef Andrea Orcel, die
Commerzbank müsse profitabler werden und benannte für den Fall eines
Zusammenschlusses Einsparpotenzial. Der Frankfurter Dax
-Konzern bestätigte einen Kontakt zur Unicredit, hält
sich aber sonst bedeckt. Der Bund, der bei seinem
Commerzbank-Ausstieg in der Kritik steht, will die Lage nun
sondieren.
"Eine Zusammenführung beider Banken könnte zu einem erheblichen
Mehrwert für alle Stakeholder führen und würde einen deutlich
stärkeren Wettbewerber auf dem deutschen Bankenmarkt schaffen",
sagte Orcel dem "Handelsblatt" (Montag). "Privatkunden könnten
besser unterstützt und der deutsche Mittelstand mit Finanzierungen
gestärkt und international umfassender begleitet werden."
Zwischen beiden Instituten gebe es sehr wenige Überschneidungen,
sagte Orcel. "Es wäre also möglich, eine Bank zu schaffen, die sich
geografisch gut ergänzt und mit Privatkunden- und
Unternehmensgeschäft sehr gut ausbalanciert ist."
Einsparmöglichkeiten gebe es vor allem bei den Zentralfunktionen.
Die Unicredit ist seit der Übernahme der Hypovereinsbank (HVB) im
Jahr 2005 stark in Deutschland vertreten.
"Es ist wichtig, dass die Commerzbank ihre Bilanz stärkt, wächst und
dabei gleichzeitig profitabler wird", forderte Orcel weiter. "Das
aktuelle Management hat hier deutliche Fortschritte gemacht, aber
meiner Meinung nach kann man noch viel mehr tun." Die
Eigenkapitalrendite der Unicredit-Tochter HVB sei doppelt so hoch
wie die der Commerzbank. Ihr Verhältnis von Kosten zu Erträgen liege
20 Prozentpunkte unter dem der Frankfurter, sagte Orcel.
Die Unicredit hatte den schrittweisen Ausstieg des Bundes aus seiner
Commerzbank-Beteiligung genutzt und war vergangene Woche
überraschend im großen Stil bei dem Dax-Konzern eingestiegen. Die
Italiener erwarben ein Aktienpaket von 4,5 Prozent vom Bund und
kauften zudem Anteile am Markt, sodass sie neun Prozent der Aktien
halten. Der Bund hatte die Commerzbank in der Finanzkrise mit
Milliarden vor dem Kollaps gerettet. Er hält nun noch 12 Prozent der
Anteile, die er ebenfalls nach und nach verkaufen will.
Unterdessen denkt die Deutsche Bank Insidern zufolge
darüber nach, der Unicredit eine Übernahme der Commerzbank möglichst
schwer zu machen. Vorstandschef Christian Sewing und seine Kollegen
hätten die Lage in den vergangenen Tagen analysiert, sagten mehrere
mit der Sache vertraute Personen der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Diskutiert wurde demnach auch die Idee, dem Staat dessen restliche
Commerzbank-Beteiligung ganz oder teilweise abzukaufen. Es könne
aber auch sein, dass die Deutsche Bank gar nichts unternehme.
Ein Deutsche-Bank-Sprecher wollte die Informationen auf Nachfrage
nicht kommentieren: "Wir äußern uns nicht zu Wettbewerbern. Wie
unser Vorstandschef Christian Sewing bereits vorvergangene Woche
erklärt hat, fokussiert sich die Deutsche Bank auf ihre
Wachstumsstrategie und ihr Ziel, 2025 eine Eigenkapitalrendite von
mehr als 10 Prozent zu erreichen." Sewing hatte einer Übernahme der
Commerzbank durch die Deutsche Bank zuletzt eine Absage erteilt. Da
war von den Plänen der Italiener jedoch noch nicht die Rede gewesen.
Nachdem die Commerzbank-Aktie seit Bekanntwerden des
Unicredit-Einstiegs vergangene Woche zeitweise rund ein Viertel an
Wert gewonnen hatte, lag ihr Kurs am Montagnachmittag mit leicht im
Minus. Für das Papier der Unicredit ging es in Mailand um 0,65
Prozent aufwärts. Die Aktie der Deutschen Bank verlor hingegen
zeitweise rund 2,5 Prozent und lag zuletzt noch mit rund 0,5 Prozent
im Minus.
Bei einem Zusammenschluss von Unicredit und Commerzbank würde ein
europäischer Bankenriese mit einem kumulierten Börsenwert von rund
79 Milliarden Euro entstehen. Die Gewerkschaft Verdi fürchtet den
Abbau von Jobs und will sich gegen eine Übernahme der Bank wehren.
Sie fordert, der Bund solle keine weiteren Commerzbank-Aktien
verkaufen.
Commerzbank-Chef Manfred Knof äußerte sich am Montag nicht konkret
zu einer möglichen Übernahme. "Es hat einen Kontakt gegeben", sagte
er am Rande einer Veranstaltung in Berlin. "Wir sind von unserem
eigenen Plan überzeugt." Wenn jemand einen anderen Plan vorlege,
werde man das prüfen, im Sinne der Investoren, Kunden und
Beschäftigten. Es gehe nun darum, die eigene Strategie umzusetzen,
betonte Knof.
Im Zuge des Unicredit-Einstiegs war auch Kritik am Vorgehen des
Bundes aufgekommen, der offenbar vom Einstieg der Italiener
überrumpelt wurde. Eine Sprecherin von Finanzminister Christian
Lindner (FDP) sagte, der Bund werde die Lage nun analysieren. Es sei
vorrangige Sache der Commerzbank-Gremien, mit möglichen
Anteilseignern gegebenenfalls zu sprechen.
Bei Transaktionen wie beim Verkauf von Bundes-Anteilen an der
Commerzbank sei es üblich, im Rahmen des Verkaufsprozesses
Investoren anzusprechen, so die Sprecherin. Dies sei durch eine von
der Finanzagentur beauftragte Investmentbank geschehen. Unter
anderem sei Unicredit kontaktiert worden. Dieses Verfahren diene
dazu, das Marktumfeld am Tag der Transaktion einschätzen zu
können./als/hoe/nif/stw/DP/lew/nas
ISIN DE000CBK1001 DE0005140008 IT0005239360
AXC0209 2024-09-16/17:12
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Autor: - dpa-AFX
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