ROUNDUP 4: EU-Staaten machen Weg frei für Auto-Zölle gegen China |
04.10.2024 15:08:00 |
(Neu: Details)
BRÜSSEL/BERLIN (dpa-AFX) - Die EU kann trotz Widerstands aus
Deutschland Zusatzzölle auf Elektroautos aus China erheben. Es hat
sich keine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten gegen das Vorhaben
ausgesprochen, wie mehrere EU-Diplomaten der Deutschen
Presse-Agentur bestätigten. Es gab allerdings auch kein klares Votum
für die Zölle. Damit kann die EU-Kommission entscheiden, die Abgaben
in Höhe von bis zu 35,3 Prozent einzuführen. Deutsche Autobauer
reagierten besorgt und hoffen nun auf eine Verhandlungslösung. Die
chinesische Regierung will trotz des Votums in Brüssel an
Verhandlungen festhalten.
EU-Kommission wirft Peking unfaire Subventionen vor
Die Europäische Kommission hatte die Zusatzzölle angekündigt,
nachdem eine Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen war, dass Peking
E-Autos mit Subventionen fördere, die den Markt in der EU
verzerrten. Ob die Einfuhrzölle innerhalb des nächsten Monats in
Kraft treten werden, liegt in der Hand der Kommission. Wenn aber
noch rechtzeitig eine Lösung mit China am Verhandlungstisch erreicht
wird, können die Zölle gestoppt werden.
Deutschland konnte sich nicht mit seiner Position durchsetzen. Das
bevölkerungsreichste EU-Land stimmte in Brüssel zwar gegen die
Zölle. Um diese verhindern zu können, hätte sich aber eine Mehrheit
der EU-Staaten gegen das Vorhaben aussprechen müssen, die zusammen
mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.
Mit einer einfachen Mehrheit hätten die EU-Staaten die Kommission
zumindest dazu bringen können, noch einen Vermittlungsausschuss
einberufen zu müssen. Aber auch diese Mehrheit kam nicht zustande.
Nach Angaben aus Diplomatenkreisen stimmten am Ende zehn EU-Staaten
für die Maßnahme, zwölf enthielten sich. Lediglich fünf sprachen
sich demnach offen gegen die Zölle aus. Dabei repräsentieren die
Gegner der Abgaben den Angaben zufolge gut 20 Prozent der
EU-Bevölkerung.
Scholz spricht ein Machtwort
Auch die Bundesregierung war in dem EU-Zollstreit uneins, bis
Kanzler Olaf Scholz (SPD) kurz vor der Abstimmung auf Ablehnung
entschieden hatte. Bei den Koalitionspartnern von Grünen und FDP
wurde das als Ausübung seiner Richtlinienkompetenz verstanden. Das
Bundespresseamt wollte sich auf Anfrage nicht zu der Abstimmung
äußern.
Laut Grundgesetz bestimmt der Kanzler in der Bundesregierung die
Richtlinien der Politik. Formell wird diese Richtlinienkompetenz
aber nur äußerst selten ausgeübt. Scholz machte von dieser Option im
Streit zwischen FDP und Grünen über die AKW-Laufzeiten formell
Gebrauch, indem er einen Brief an sein Kabinett schrieb.
In der Ampel-Koalition drangen die FDP-geführten Ministerien für
Finanzen und für Verkehr auf ein deutsches Nein in Brüssel. Auch
Scholz äußerte sich kritisch zu Strafzöllen. Die grün geführten
Wirtschafts- und Außenministerien hatten dafür plädiert, sich bei
der Abstimmung in Brüssel zu enthalten, um weiter nach einer
Verhandlungslösung mit China zu suchen.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge wollte Zölle als
letzte Option nicht ausschließen. "Wir dürfen nicht einfach
zuschauen, wie europäische Unternehmen durch Dumping-Produkte unter
Druck gesetzt werden. Das Nein von Olaf Scholz ist
wirtschaftspolitisch eine falsche Entscheidung", sagte sie der dpa.
Finanzminister Christian Lindner warnte nach der EU-Abstimmung vor
einer Verschärfung der handelspolitischen Auseinandersetzung. Die
EU-Kommission von Präsidentin Ursula von der Leyen sollte trotz des
Votums keinen Handelskrieg auslösen, schrieb der FDP-Politiker auf
"X". "Wir brauchen eine Verhandlungslösung."
Besorgnis in der deutschen Wirtschaft
Auch deutsche Autobauer pochen auf eine Verhandlungslösung. Der Chef
von BMW , Oliver Zipse, etwa warnte: "Die heutige
Abstimmung ist ein fatales Signal für die europäische
Automobilindustrie." Wirtschaftsverbände äußerten sich ähnlich.
"Der Beschluss zu den Ausgleichszöllen im Markt für Elektroautos
darf auf keinen Fall das Ende der Gespräche bedeuten", betonte die
Hauptgeschäftsführerin des Industrieverbands BDI, Tanja Gönner. Die
Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnte, für die
exportorientierte deutsche Wirtschaft blieben Extra-Zölle nicht ohne
Folge. "Zwar könnte durch die Zölle auch die Produktion in der EU
angeregt werden, doch drohen zunächst höhere Preise für die
Verbraucher und ein gewisser Kaufkraftverlust", erklärte
DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.
China setzt weiter auf Verhandlungen
China will an Verhandlungen festhalten. "China hofft, dass die EU
erkennt, dass die Erhebung von Zöllen kein Problem löst, sondern nur
das Vertrauen und die Entschlossenheit chinesischer Unternehmen
erschüttern und behindern wird, in die EU zu investieren und mit ihr
zu kooperieren", teilte das Pekinger Handelsministerium mit. Beide
Seiten hätten in den Verhandlungen der vergangenen Wochen ihre
Bereitschaft zur Lösung zum Ausdruck gebracht. Technische Teams
beider Seiten würden die Gespräche am 7. Oktober fortsetzen.
Experte: Auch China hat etwas zu verlieren
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung
(DIW), Marcel Fratzscher, hält den Widerstand der Wirtschaft für
falsch. Dieser ziele zu stark auf kurzfristige Gewinne ab. Die EU
müsse ihren Wirtschaftsstandort schützen. "Es wäre ein fataler
Fehler, wenn es die EU ähnlich wie in der Solarbranche zuließe, dass
chinesische Produkte die europäischen vom Markt verdrängen."
Bei einer Eskalation des Handelskonflikts würde aber wohl auch China
verlieren, das stark auf Exporte in die EU angewiesen ist, wie
Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) betonte.
"Abhängigkeiten bestehen auf beiden Seiten." Zumal sich der US-Markt
immer stärker verschließe.
Zölle gegen China würden ein hohes Risiko bergen, sagte
SPD-Fraktionsvize Achim Post. Es sei richtig, dass die
Bundesregierung auf Betreiben von Scholz mit Nein gestimmt habe.
FDP-Fraktionsvize Michael Link betonte, es seien harte Verhandlungen
mit China nötig und eine Reduzierung der Abhängigkeit - das gelinge
aber nicht über Nacht.
Aus der Union kam ein gemischtes Echo. Fraktionsvize Johann Wadephul
(CDU) warnte in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern vor
Protektionismus. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion
im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), mahnte hingegen zur
Geschlossenheit in der EU und warf der Bundesregierung
Wankelmütigkeit vor./mjm/DP/ngu
ISIN DE0005190003 DE0007100000 FR0000131906 DE0007664039 NL00150001Q9
AXC0188 2024-10-04/15:08
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Autor: - dpa-AFX
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