ROUNDUP: Bundesregierung schließt alle iranischen Generalkonsulate |
31.10.2024 14:42:00 |
BERLIN/NEW YORK (dpa-AFX) - Als Reaktion auf die Hinrichtung des
deutsch-iranischen Doppelstaatsbürgers Djamshid Sharmahd schließt
die Bundesregierung alle drei iranischen Generalkonsulate in
Deutschland. Wie das Auswärtige Amt mitteilte, handelt es sich um
die diplomatischen Vertretungen in Frankfurt am Main, Hamburg und
München, die Botschaft in Berlin bleibt aber geöffnet.
Betroffen sind 32 iranische Konsularbeamte, die ihr Aufenthaltsrecht
verlieren und ausreisen müssen, sofern nicht auch die deutsche
Staatsbürgerschaft haben.
Die Reaktion auf die Hinrichtung fällt damit härter aus als von
vielen erwartet. Bisher griff die Bundesregierung nur einmal zu
einer solchen Strafmaßnahme: Infolge des Angriffs auf die Ukraine
wurden vier russische Generalkonsulate geschlossen, allerdings mit
Verzögerung. Die Entscheidung wurde erst 15 Monate nach der Invasion
im Mai 2023 als Reaktion auf die Ausweisung Hunderter deutscher
Staatsbediensteter getroffen und erst zum Jahreswechsel 2023/24
umgesetzt.
Etwa 300 000 Iraner in Deutschland
Die Botschaft des Irans in Berlin bleibt geöffnet und ist weiter für
die konsularische Betreuung der 300.000 Iraner in Deutschland
zuständig. Über die Zahl der Mitarbeiter an der Botschaft gibt das
Auswärtige Amt keine Auskunft.
Irans Justiz hatte Sharmahds Hinrichtung am Montag bekanntgegeben.
Er wurde im Frühjahr 2023 in einem umstrittenen Prozess nach
Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt. Die Bundesregierung, Angehörige
und Menschenrechtler wiesen die Anschuldigungen gegen ihn vehement
zurück.
Neuer Tiefpunkt in den deutsch-iranischen Beziehungen
Die ohnehin schon stark eingeschränkten deutsch-iranischen
Beziehungen sind mit der Schließung der Generalkonsulate auf einem
neuen Tiefpunkt angelangt. Es ist gut möglich, dass der Iran zu
Gegenmaßnahmen greift.
Bereits nach dem Todesurteil gegen Sharmahd hatte das Auswärtige Amt
zwei iranische Diplomaten ausgewiesen. Der Iran reagierte
seinerseits mit der Ausweisung derselben Zahl deutscher Diplomaten.
Das ist ein übliches Vorgehen in solchen Fällen.
Die Europäische Union berät auch über weitere Sanktionen gegen den
Iran. Dabei könnte es um Personen gehen, die mit der Hinrichtung,
Inhaftierung oder dem Gerichtsverfahren zu tun haben, das von der
Bundesregierung als nicht rechtsstaatlich erachtet wird.
Baerbock hatte "schwerwiegende Folgen" angekündigt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Baerbock hatten die Hinrichtung
schon am Montag scharf verurteilt. Baerbock kündigte "schwerwiegende
Folgen" an und ließ den Leiter der iranischen Botschaft in Berlin
ins Auswärtige Amt einbestellen. Staatssekretärin Susanne Baumann
übermittelte ihm in einem Gespräch den "scharfen Protest gegen das
Vorgehen des iranischen Regimes"
Einen iranischen Botschafter gibt es derzeit nicht in Berlin. Der
bisherige Botschafter ist im Zuge eines regulären Personalwechsels
ausgereist und ein Nachfolger bisher nicht eingetroffen. Nach der
Tötung Sharmahds gilt es als unwahrscheinlich, dass zeitnah ein
neuer Botschafter entsendet wird.
Auswärtiges Amt warnt vor Reisen in den Iran
Der deutsche Botschafter in Teheran, Markus Potzel, wurde von
Baerbock zu "Konsultationen" nach Deutschland zurückbeordert. Er hat
den Iran inzwischen verlassen. Wann er zurückkehrt, ist ebenfalls
völlig offen.
Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen in den Iran und hat deutsche
Staatsangehörige bereits aufgefordert, das Land zu verlassen. Wie
viele Deutsche noch im Land sind, ist unklar. Eine niedrige
dreistellige Zahl hat sich auf der Krisenvorsorgeliste des
Auswärtigen Amts eingetragen.
Sharmahd kam im Alter von sieben Jahren nach Deutschland
Sharmahd wurde 1955 in Teheran geboren, kam im Alter von sieben
Jahren nach Deutschland und wuchs in Niedersachsen auf, wo er in der
Landeshauptstadt Hannover jahrelang einen Computerladen betrieb. Im
Jahr 2003 zog er schließlich nach Kalifornien in den USA, wo er
politisch aktiv war.
In den USA war Sharmahd in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe
"Tondar" (Donner) aktiv. Die iranische Staatsführung wirft der
monarchistischen Organisation vor, für einen Anschlag im Jahr 2008
in der Millionenstadt Schiras mit mehreren Todesopfern
verantwortlich zu sein. Die Vorwürfe lassen sich unabhängig nicht
überprüfen - Hinterbliebene der Toten hatten Sharmahds Exekution
gefordert.
Kritiker bezeichneten den Prozess gegen Sharmahd als grob unfair. Er
durfte keinen eigenen Anwalt wählen, und sein Aufenthaltsort blieb
bis zuletzt unbekannt. Geständnisse, die im Staatsfernsehen
ausgestrahlt wurden, könnten unter Folter erzwungen worden sein. Den
Vorsitz im Sharmahd-Prozess hatte Abolghassem Salawati, auch bekannt
als "Richter des Todes", der von den USA und der Europäischen Union
mit Sanktionen belegt wurde./mfi/DP/nas
AXC0206 2024-10-31/14:42
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Autor: - dpa-AFX
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