ROUNDUP 2: Bundesrat macht Weg für Krankenhausreform frei |
22.11.2024 15:06:00 |
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BERLIN (dpa-AFX) - Der Weg für eine grundlegende Neuordnung der
Kliniken in Deutschland in den kommenden Jahren ist frei. Der
Bundesrat ließ die umstrittene Krankenhausreform passieren, die noch
die Ampel-Koalition im Bundestag beschlossen hatte. Trotz Kritik
mehrerer Länder fand eine Anrufung des gemeinsamen
Vermittlungsausschusses mit dem Bundestag nicht die erforderliche
Mehrheit. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach von einem
"guten Tag für Patientinnen und Patienten", deren Versorgung sich
beispielsweise bei Krebserkrankungen verbessern werde. In den
Regierungen Thüringens und Brandenburgs traten im Ringen um das
Abstimmungsverhalten im Bundesrat offene Konflikte zutage.
Die seit fast zwei Jahren vorbereitete Reform kann jetzt
schrittweise umgesetzt werden. Lauterbach sagte, damit werde sich
die Krankenhauslandschaft in den nächsten 20 Jahren grundsätzlich
verändern: "Und zwar zum Guten." Großes Ziel ist, den finanziellen
Druck auf die derzeit bundesweit 1.700 Kliniken zu vermindern. "Wir
werden mehr Spezialisierung bekommen", sagte der Minister. "Wir
werden gleichzeitig sehen, dass die kleinen Krankenhäuser auf dem
Land von dem leben können, was sie besonders gut können."
Neues Vergütungssystem geplant
Im Kern soll die bisherige Vergütung mit Pauschalen für
Behandlungsfälle geändert werden. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent
der Vergütung allein schon für das Vorhalten bestimmter Angebote
bekommen. Das soll Anreize zu immer mehr Fällen und medizinisch
teils nicht optimalen Eingriffen beseitigen. Grundlage der
Finanzierung durch die Krankenkassen sollen neue "Leistungsgruppen"
sein. Sie sollen Klinik-Behandlungen genauer beschreiben und
bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben dafür absichern - etwa beim
Fachpersonal oder der Behandlungserfahrung. Kommen soll zudem ein
milliardenschwerer "Transformationsfonds".
Lauterbach warnte vor Verwässerung der Reform
Im Bundesrat hatte es vor der Abstimmung eine kontroverse Debatte
gegeben. Lauterbach appellierte an die Länder, das Gesetz passieren
zu lassen. Bei möglichen Änderungen im Vermittlungsausschuss müsse
man sich ehrlich machen: Dabei wäre es um den Kern der Reform
gegangen. Wenn solche Verwässerungen vorgenommen würden, brauche man
die Reform nicht mehr. Konkret verteidigte Lauterbach die Vorgabe,
dass jede Leistungsgruppe mindestens drei Fachärzte haben muss. Das
sei für ihn "nicht verhandelbar" gewesen.
Kritik und Unterstützung von mehreren Ländern
Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU)
warnte dagegen, dass die Vorgaben zu Fachärzten in ländlichen
Regionen derzeit einfach nicht erreichbar seien. Nötig sei "mehr
Beinfreiheit" für die Länder bei der Umsetzung. Baden-Württembergs
Bevollmächtigter beim Bund, Rudi Hoogvliet (Grüne), kritisierte, man
könne die Folgen der Reform nicht seriös abschätzen. Mit einem
Vermittlungsverfahren solle das Vorhaben weder verzögert noch
verhindert werden. Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister
Clemens Hoch (SPD) warb für die Reform. Benötigt würden auch ihre
kurzfristigen finanziellen Effekte.
Eklats bei zwei Ländern
Direkt zur Sitzung eskalierte in zwei Landesregierungen interner
Streit. In der Abstimmung, bei der die Länder einzeln aufgerufen
wurden, wurde das Votum Thüringens nicht mitgezählt, da es
uneinheitlich war, wie Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD)
feststellte. Zuerst stimmte Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff
(Linke) für den Vermittlungsausschuss, direkt danach widersprach
Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Brandenburgs
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher wurde kurzfristig von
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) entlassen - die schriftliche
Entlassung erhielt sie im Flur des Bundesrats, wie die
Grünen-Politikerin später mitteilte. Sie wollte sich nach eigenen
Angaben in der Abstimmung enthalten. Das Land votierte dann aber für
den Vermittlungsausschuss.
Gesetz soll in mehreren Jahren greifen
In Kraft treten soll das Gesetz nun zum 1. Januar 2025. Umgesetzt
werden soll die neue Struktur aber erst über mehrere Jahre bis 2029.
Das Netz der 1.700 Krankenhäuser dürfte damit auch kleiner werden.
Vielen Krankenhäusern machen seit längerem Finanznöte, nicht belegte
Betten und Personalmangel zu schaffen. Die Länder und die
Klinkbranche hatten daher auch eine Überbrückungsfinanzierung bis
zum Greifen der Reform gefordert.
Geteiltes Echo bei Kliniken, Kassen und Patientenvertretern
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft forderte mit Blick auf die
Bundestagswahl am 23. Februar, eine neue Regierung müsse die
Krankenhausreform umgehend korrigieren. Die Versorgung werde sich
mit dem Gesetz nicht verbessern, sondern vielfach verschlechtern und
in einigen Regionen ganz wegbrechen. Der Verband der
Universitätsklinika begrüßte dagegen, dass nun bessere Qualität und
mehr Effizienz auf den Weg kämen.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz bedauerte eine vertane Chance,
einen guten Kompromiss zu erreichen. "Jetzt steht die medizinische
Versorgung in den strukturarmen Regionen auf dem Spiel", sagte
Vorstand Eugen Brysch.
Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, begrüßte, dass die
Länder den Weg für mehr Qualität und Spezialisierung frei gemacht
haben. Es komme nun noch auf weitere Verordnungen auf Bundesebene
und eine kluge Krankenhausplanung in den Ländern an. Für die
Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) sagte Verbandschefin Carola
Reimann, trotz aller Mängel sei das Gesetz eine solide Basis für
eine Verbesserung der Behandlungsqualität und zur finanziellen
Absicherung von Kliniken, die für den Bedarf notwendig
sind./sam/cab/hoe/DP/mis
ISIN DE0007042301 DE0005785604
AXC0171 2024-11-22/15:06
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Autor: - dpa-AFX
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