Studie: Gilead-Wirkstoff schützt effektiv vor HIV-Infektion |
27.11.2024 23:19:00 |
FOSTER CITY (dpa-AFX) - Eine halbjährliche Impfung mit dem
Medikament Lenacapavir schützt effektiv vor einer Infektion mit HIV.
Das bestätigen Daten der zulassungsrelevanten Phase-3-Studie
"Purpose 2", die im "New England Journal of Medicine" ("NEJM")
vorgestellt werden. Mit Lenacapavir sei ein echter Durchbruch
gelungen, lobte Astrid Berner-Rodoreda vom Universitätsklinikum
Heidelberg.
Als Depotspritze schützt Lenacapavir anhaltend vor einer Infektion
mit HIV, alle sechs Monate ist eine Auffrischung vorgesehen - bisher
verwendete Mittel zur HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) wie
Truvada müssen täglich als Tablette genommen werden. Sich zweimal
jährlich impfen zu lassen, sei wesentlich komfortabler als täglich
an die Einnahme einer Tablette denken zu müssen, sagte
Berner-Rodoreda.
Tabletten machen das Umfeld misstrauisch
Hinzu komme ein bestimmter Effekt: Gerade in einigen stark von HIV
betroffenen Ländern gebe es bei der täglichen Einnahme von Tabletten
das Risiko, im Umfeld als vermeintlich HIV-positiv abgestempelt zu
werden. Eine nur zweimal jährlich verabreichte Spritze lasse sich
weitaus besser geheim halten. Darum stehe außer Frage, dass
Lenacapavir eine "riesen Erleichterung" für viele Menschen
darstelle.
Wie schon die Vorgängerstudie "Purpose 1" wurde die Auswertung
aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse vorzeitig beendet, um das
Medikament allen Probanden und Probandinnen zur Verfügung stellen zu
können, wie es vom Hersteller Gilead hieß. Für
Lenacapavir solle nun die Zulassung als HIV-Schutz in zahlreichen
Ländern beantragt werden. Gezielt werde an einer Versorgung auch in
ärmeren Ländern gearbeitet.
Vergleichbar effizienter Schutz
Das Mittel soll prophylaktisch Menschen mit hohem
HIV-Infektionsrisiko angeboten werden. Es hemmt den Lebenszyklus des
Virus in mehreren Stadien der Infektion. Von der Effizienz her sei
Lenacapavir mit Truvada vergleichbar, erklärte Max von Kleist von
der Freien Universität Berlin. Beide böten einen hervorragenden,
nahezu kompletten Schutz.
Bei den Ergebnissen der beiden "Purpose"-Studien wirke es zwar so,
als gebe es in den mit Tabletten versorgten Kontrollgruppen anteilig
einige Infektionen mehr - die Daten täuschten aber, erläuterte der
Leiter der Forschungsgruppe "Mathematics for Data Science". Vielfach
seien die Tabletten nicht regelmäßig oder gerade zum Ende des
Untersuchungszeitraums auch gar nicht mehr genommen worden. Dass es
dann zu Infektionen komme, verwundere nicht.
Lenacapavir ist in der EU bereits zur virushemmenden Behandlung
bestimmter Patienten zugelassen, die schon infiziert sind. In
Deutschland wurde das Medikament dafür bisher von Gilead nicht auf
den Markt gebracht. Ob es als vorbeugendes Mittel hierzulande
erhältlich sein wird, sei unklar, sagte Berner-Rodoreda. Von großer
Bedeutung sei es aber ohnehin vor allem für ärmere Länder, etwa für
Frauen in Afrika südlich der Sahara.
Wird es bezahlbar sein für die, die es am meisten brauchen?
Dabei gebe es ein Problem: Zur Behandlung bei bestehender Infektion
eingesetzt koste Lenacapavir in den USA rund 42.000 Dollar pro Jahr
- in dieser Größenordnung wäre es für Menschen in ärmeren Ländern
unbezahlbar. Es sei zentral, dass der Zugang für solche Staaten
ermöglicht werde, in denen das Mittel wirklich dringend gebraucht
werde, betonte Berner-Rodoreda.
Bei wem und unter welchen Lebensumständen die Wahl auf Lenacapavir
fallen sollte, müsse jeweils gut abgewogen werden, ergänzte von
Kleist. Denn es gebe - wie generell bei solchen Wirkstoffen - das
Risiko der Bildung von Resistenzen. Speziell bei Lenacapavir sei das
Problem, dass der Wirkstoff nach einem Stopp der Impfungen noch etwa
ein Jahr im Körper nachzuweisen sei. "Das fördert die
Resistenzentwicklung." Resistent kann ein Erreger werden, wenn die
Dosis eines Wirkstoffes nicht ausreicht, ihn zu beseitigen, ihn aber
unter Selektionsdruck setzt.
Absetzen nur mit Nachbehandlung?
Womöglich müsse nach dem Absetzen von Lenacapavir noch ein Jahr lang
Truvada genommen werden, um die Bildung von Resistenzen bei einer
Ansteckung in diesem Zeitraum zu verhindern, so von Kleist. Bei
Truvada sei das entsprechende Risiko gering: Es verschwinde binnen
einer Woche aus dem Körper, wenn es nicht mehr eingenommen werde.
"Purpose 2" umfasste knapp 3.300 HIV-negative Menschen, die häufiger
Sex hatten. Zwei Personen in der Lenacapavir-Gruppe (ca. 2.200
Probanden) und neun in der zum Vergleich mit Truvada behandelten
Gruppe (ca 1.100 Probanden) infizierten sich mit HIV, wie es im
Fachjournal heißt. Lenacapavir reduzierte das Infektionsrisiko damit
um 96 Prozent gegenüber der Hintergrundinzidenz. Vertragen wurden
beide Mittel im Allgemeinen gut.
Erst im Juli waren vielversprechende Ergebnisse der Phase-III-Studie
"Purpose 1" auf der Welt-Aids-Konferenz in München vorgestellt und
im "NEJM" präsentiert worden. Daran waren rund 5.300 HIV-negative
Mädchen und junge Frauen in Südafrika und Uganda beteiligt. Bei den
gut 2.100 Teilnehmerinnen, die zwei Mal im Jahr Lenacapavir
gespritzt bekamen, gab es keine Infektion. In Kontrollgruppen mit
rund 3.200 Teilnehmerinnen, die andere Medikamente zur Prävention
eingenommen hatten, gab es 55 HIV-Infektionen.
Heilung nach wie vor nicht möglich
Das HI-Virus schwächt das Immunsystem und macht den Körper anfällig
für verschiedene Erkrankungen. Das Krankheitsbild heißt Aids. Bei
früher Erkennung und Behandlung haben Infizierte praktisch eine
normale Lebenserwartung. Komplett beseitigen lässt sich die
Infektion in den meisten Fällen allerdings nicht, darum ist die
lebenslange Einnahme virushemmender Medikamente nötig.
Nach einem am Dienstag vorgestellten UN-Bericht steigt in 28 Ländern
die Zahl der HIV-Ansteckungen. Weltweit leben 39,9 Millionen
Menschen mit dem Virus, der Großteil in Afrika südlich der Sahara,
wie das UN-Programms UNAIDS mitteilte. 2023 seien 630.000 Menschen
im Zusammenhang mit Aids gestorben, 1,3 Millionen Menschen hätten
sich neu mit dem HI-Virus infiziert./kll/DP/jha
ISIN US3755581036
AXC0302 2024-11-27/23:19
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Autor: - dpa-AFX
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