ROUNDUP: Lage in Syrien auch Tage nach Assads Sturz instabil |
11.12.2024 13:41:00 |
DAMASKUS (dpa-AFX) - Nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad
in Syrien und dem Rückzug seiner Truppen ringen verbleibende Milizen
teils weiterhin um die Kontrolle. In der wichtigen nordsyrischen
Stadt Manbidsch kämpften Türkei-nahe Milizen bis zuletzt mit
Kurdenmilizen, die von den USA unterstützt werden. Der Kommandeur
der kurdisch angeführten SDF, Maslum Abdi, kündigte nun einen
Rückzug aus Manbidsch an nach einer Waffenruhe mit den Türkei-nahen
Kämpfern. Hier und in anderen Landesteilen könnte es aber weitere
Kämpfe geben.
Die Türkei will die Kurdenmilizen Experten zufolge östlich des
Flusses Euphrat drängen, möglicherweise für einen weiteren Vormarsch
der protürkischen Gruppen bis zur syrisch-kurdischen Grenzstadt
Kobane. Die Kämpfe auch nach dem Sturz Assads zeigen, dass viele
Gebiete Syriens außerhalb der Kontrolle der Islamistengruppe HTS
bleiben, die Assads Regierung nach einer Blitzoffensive stürzte.
Unklar ist auch, ob die von Ankara unterstützte Syrische
Nationalarmee (SNA) den neuen Regeln der Übergangsregierung folgen
wird, die in Damaskus die Arbeit aufnahm.
Neuer Regierungschef Al-Baschir will für Sicherheit sorgen
Dort kündigte der neue Regierungschef Mohammed al-Baschir, der
zunächst bis März amtieren soll, eine versuchte Rückkehr zur
Normalität an. Sicherheit und Stabilität solle in allen Städten des
Landes wiederhergestellt werden, sagte er der italienischen Zeitung
"Corriere della Sera". Al-Baschir war zuvor Regierungschef in der
Rebellenhochburg Idlib im Nordwesten, von der aus HTS die Offensive
auf Damaskus und weitere Großstädte gestartet hatte.
Im Bürgerkrieg ab 2011 wurde rund 14 Millionen Menschen vertrieben,
etwa die Hälfte davon flüchtete ins Ausland. Al-Baschir rief sie zur
Rückkehr in ihre Heimat auf. "Syrien ist jetzt ein freies Land, das
seinen Stolz und seine Würde wiedererlangt hat. Kommen Sie zurück!",
sagte er.
Bisher kein großer Ansturm an türkischen Grenzübergängen
Aus der Türkei, wo zuletzt mehr als drei Millionen syrische
Flüchtlinge lebten, machten sich weiterhin Syrer auf den Weg zur
Grenze - ein großer Ansturm blieb aber aus. Am Grenzübergang
Öncüpinar standen nur Dutzende an, wie eine Reporterin der Deutschen
Presse-Agentur berichtete. Seit dem Sturz Assads sollen hier und an
einem Übergang weiter westlich ab Montag etwa 1.700 Menschen die
Grenze überquert haben.
Neben Ungewissheit darüber, welche Form von Regierung und
Gesellschaft das Rebellenbündnis um HTS in Syrien anstrebt, bleiben
auch Sorgen über den weiteren Einfluss anderer Staaten. Die
erklärten Erzfeinde Israel und Iran trugen ihren Konflikt jahrelang
in und über Syrien miteinander aus. Der Iran war neben Russland, das
wichtige Militärbasen am Mittelmeer unterhält, der wichtigste
Unterstützer der Assad-Regierung.
Irans Staatsoberhaupt: USA und Israel planten Assads Sturz
Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei äußerte sich erstmals
zum Sturz Assads und machte seine Erzfeinde USA und Israel
verantwortlich. "Es darf keinen Zweifel geben, dass das, was in
Syrien geschehen ist, das Ergebnis eines gemeinsamen
amerikanisch-zionistischen Plans ist", sagte der Religionsführer
laut dem staatlichen Rundfunk in Teheran. Dafür habe der Iran auch
Beweise. Auch eine "Nachbarregierung" spiele eine Rolle, sagte er
wohl in Anspielung auf die Türkei.
Israel schickte unterdessen scharfe Warnungen an die neuen
Machthaber in Damaskus. Jede Bedrohung für Israel werde unerbittlich
bekämpft, machte Regierungschef Benjamin Netanjahu deutlich. Er
hatte zuvor die fast restlose Zerstörung der militärischen
Fähigkeiten des Nachbarlandes befohlen. Als Ziel der Bombardierung
militärischer Einrichtungen nannte Netanjahu, dass diese nicht in
die Hände von Dschihadisten fallen.
Die Befürchtungen westlicher Staaten, dass das Blutvergießen in
Syrien nach dem Sturz Assads weitergehen könnte, seien "unnötig",
sagte HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa, der zuvor unter seinem
Kampfnamen Abu Mohammed al-Dschulani auftrat, dem Nachrichtensender
Sky News.
Über öffentliche Äußerungen der Rebellengruppe zu Israels massiven
Luftangriffen, bei denen nach Armeeangaben mehr als 480 Ziele in
Syrien bombardiert wurden, ist bislang nichts bekannt. Die Marine
des Nachbarlandes wurde laut Israels Verteidigungsminister Israel
Katz praktisch komplett versenkt. Netanjahu drohte mit harten
Konsequenzen, sollte "das neue Regime in Syrien dem Iran erlaubt,
sich wieder zu etablieren"./jot/DP/mis
AXC0161 2024-12-11/13:41
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Autor: - dpa-AFX
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