ROUNDUP: Schlagabtausch bei Habeck-Befragung im U-Ausschuss |
16.01.2025 13:49:00 |
BERLIN (dpa-AFX) - Der Untersuchungsausschuss im Bundestag zum
Atomausstieg ist mit einer kontroversen Befragung auf die Zielgerade
gegangen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der als
vorletzter Zeuge vor Kanzler Olaf Scholz (SPD) auftrat, betonte in
Berlin, ein Weiterbetrieb der verbliebenen Atomkraftwerke in
Deutschland sei vor drei Jahren ohne ideologische Vorfestlegungen
und ergebnisoffen geprüft worden. "Es gab keine Denkverbote." Die
einzige Frage sei gewesen, ob es der Versorgungssicherheit helfe und
umsetzbar sei.
Dem Ausschussvorsitzenden Stefan Heck (CDU) warf Habeck seinerseits
vor, Aussagen nicht mit Akten belegen zu können und Beweismaterial
falsch zusammengefasst zu haben. "Wo sehen Sie einen Widerspruch zu
meinen Ausführungen, nicht zu Ihren Annahmen?", fragte er Heck.
Habeck warf zudem den unionsgeführten Vorgängerregierungen vor,
Deutschland in eine gefährliche Abhängigkeit von russischem Gas
geführt zu haben.
Umstrittener Kurs
Im März 2022 hatte eine gemeinsame Prüfung von Wirtschafts- und
Umweltministerium ergeben, dass eine Verlängerung der Laufzeiten der
noch verbliebenen Atomkraftwerke nur einen "sehr begrenzten Beitrag
zur Lösung des Problems leisten könnte, und dies zu sehr hohen
wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und
sicherheitstechnischen Risiken".
Union und FDP werfen Habeck sowie Umweltministerin Steffi Lemke
(Grüne) vor, den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke nicht
"ergebnisoffen" und "unvoreingenommen" geprüft, sondern aus
ideologischen Gründen entschieden zu haben. Wie Habeck hatte auch
Lemke die Vorwürfe zurückgewiesen.
Das Machtwort und seine Folgen
Habeck erklärte, noch im Frühjahr 2022 hätten die Chefs der drei
Betreiber der damals noch laufenden Atomkraftwerke gesagt, mit den
vorhandenen Brennelementen sei ein Weiterbetrieb über das Jahresende
hinaus und damit im Winter nur möglich, wenn diese im Sommer
heruntergefahren würden. Die Folge wären aber keine zusätzlichen
Strommengen gewesen. Die Folge wäre gewesen, im Sommer mehr Gas zur
Stromproduktion einzusetzen. Das wäre wegen ausbleibender russischer
Gaslieferungen aber riskant gewesen.
Habeck sagte mit Blick auf die Energiekrise, ein möglicher
Weiterbetrieb der Atomkraftwerke sei zu der Zeit nur eins von
mehreren Themen gewesen. "Die Hütte brannte ja lichterloh." Er
verwies zum Beispiel auf den Einkauf von Gas und den Bau von
Flüssigerdgas-Terminals an deutschen Küsten.
Im Sommer habe sich die Einschätzung zu Strommengen der
Atomkraftwerke verändert. So habe sich die Lage auf den
Energiemärkten verschlechtert. Zudem hätten die Betreiber der
Atomkraftwerke Aussagen zu potenziellen Strommengen schrittweise
korrigiert, so Habeck. Anders als im März von Betreiberseite noch
mitgeteilt worden war, stünden bei einem Streckbetrieb doch
zusätzliche Strommengen zur Verfügung. Habeck schlug dann vor, zwei
der drei Meiler bis Mitte April 2023 in Reserve zu halten und bei
Bedarf weiter für die Stromerzeugung zu nutzen.
Streit in Ampel
Die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland liefen letztlich ein
paar Monate länger als ursprünglich geplant - der Atomausstieg
verschob sich vom 31. Dezember 2022 auf den 15. April 2023. Davor
hatte es nach einem Streit innerhalb der damaligen Ampel-Koalition
ein Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Herbst 2022 gegeben.
Über ein Treffen zwischen Scholz, Finanzminister Christian Lindner
(FDP) und ihm selbst einige Tage zuvor sagte Habeck, Lindner habe
damals gesagt, er müsste gezwungen werden, eine Entscheidung zu
akzeptieren, die nicht auf eine längerfristige Verlängerung der
Laufzeit der verbliebenen deutschen Atomkraftwerke hinauslaufe.
Der Streit im Herbst 2022 drehte sich darum: Die Grünen wollten die
beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis
zum 15. April in Reserve halten und bei Bedarf weiter für die
Stromerzeugung nutzen. Das dritte noch verbleibende AKW Emsland
hingegen sollte zum 1. Januar 2023 endgültig abgeschaltet werden.
Die FDP verlangte angesichts der stark gestiegenen Energiepreise
dagegen einen Weiterbetrieb aller drei Kraftwerke bis ins Jahr 2024
und gegebenenfalls die Reaktivierung bereits stillgelegter AKW.
Union und FDP sehen Täuschungsmanöver
Heck warf Habeck vor Beginn der Sitzung vor, es habe nie eine
ergebnisoffene Prüfung gegeben. "Im Gegenteil: Es war ein
großangelegtes Täuschungsmanöver." Es habe im Wirtschafts- sowie
Umweltministerium immer wieder Hinweise und fachliche Einschätzungen
von Referenten und Referatsleitern zu der Frage gegeben, ob
Kernkraftwerke länger am Netz bleiben sollen. Positive Bewertungen
seien, als sie die politische Ebene erreicht hätten, so abgeändert
worden, dass sie der politischen Richtung, der Ideologie von Habeck
entsprochen hätten.
Der FDP-Politiker Frank Schäffler sagte, es sei deutlich geworden,
dass die Grünen das Land "hinter die Fichte" geführt hätten. Sie
hätten immer wieder Sand ins Getriebe gestreut, sagte er mit Blick
auf Prüfungen zum Weiterbetrieb der Atomkraftwerke.
40 Zeugen im Ausschuss
In den vergangenen Wochen und Monaten wurden bereits zahlreiche
Zeugen im Ausschuss befragt. Nach Angaben Hecks werden es mit Scholz
und Habeck seit dem Beginn der Befragungen im Oktober 2024 am Ende
40 Zeugen gewesen sein. Dass dies trotz verkürzter Legislaturperiode
möglich gewesen sei, sei eine "beachtliche Leistung", sagte Heck.
"Wir sind froh, dass wir überhaupt fertig geworden sind." Auch ein
Abschlussbericht sei in den kommenden Wochen geplant - wenn auch
abweichend vom regulären Verfahren. Der Bericht, der dann
Stellungnahmen aus allen Fraktionen enthalten soll, soll noch im
Februar vor der Bundestagswahl der Bundestagspräsidentin vorgelegt
werden./faa/DP/mis
ISIN DE000ENAG999 DE0007037129 DE0005220008
AXC0181 2025-01-16/13:49
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Autor: - dpa-AFX
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