ROUNDUP: Streit über Ukraine-Hilfe zwischen Scholz und Baerbock |
17.01.2025 17:11:00 |
BERLIN/HALLE (dpa-AFX) - Bundeskanzler Olaf Scholz hat bekräftigt,
dass er zusätzlichen Waffenlieferungen in die Ukraine im Wert von
drei Milliarden Euro nur bei einem Aussetzen der Schuldenbremse
zustimmen will. "Die einzige Lösung, ohne es durch Kürzung überall
in Deutschland zu finanzieren, ist eine zusätzliche Kreditaufnahme",
sagte er nach einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten
Ulf Kristersson in Berlin. "Das ist übrigens der Weg, den praktisch
jedes Land um uns herum gegangen ist."
Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Halle betonte Scholz, das Geld
müsse irgendwo geholt werden, und die Bürger müssten vor der Wahl
wissen woher. "Das ist das Empörende, dass einige sagen: Darüber
reden wir jetzt nicht. Und hinterher wachen alle auf in einer völlig
veränderten Realität."
Krach mit Baerbock: Wer hängt das Fähnchen in den Wind?
Den indirekten Vorwurf von Außenministerin Annalena Baerbock
(Grüne), dass er das Thema zu Wahlkampfzwecken missbrauche, wies
Scholz in der Pressekonferenz in Berlin zurück. "Wer da so sein
Fähnchen in den Wind hängt, will ich mal undiskutiert lassen", sagte
er.
Baerbock hatte "Politico" gesagt, es schmerze sie, dass im Wahlkampf
manchen der Gewinn von Stimmen für die Bundestagswahl im Zweifel
wichtiger sei als Europas Verantwortung für Frieden. "Für mich heißt
verantwortungsvolle Politik, eben nicht das Fähnchen in den Wind zu
hängen und das in Wahlkämpfen vielleicht nochmal andersrum
aufzuhängen", sagte Baerbock ohne Scholz beim Namen zu nennen.
Die Grünen sind wie FDP und Union der Meinung, dass eine
Finanzierung der Ukraine-Hilfe über eine "außerplanmäßige Ausgabe"
möglich ist. Diese müsste vom zuständigen Verteidigungsminister
Boris Pistorius (SPD) beantragt und von Finanzminister Jörg Kukies
(SPD) genehmigt werden. Nach Artikel 112 des Grundgesetzes darf eine
solche Zustimmung aber "nur im Falle eines unvorhergesehenen und
unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden". Ein Beispiel für eine
solche Ausgabe waren 2013 Soforthilfen für Flutopfer nach schweren
Überflutungen in Teilen Deutschlands.
Pistorius will rasche Entscheidung
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mahnte eine zügige
Entscheidung an. Es wäre gut, wenn diese noch vor der Bundestagswahl
am 23. Februar zustande komme, betonte er bei einem Werftbesuch des
U-Bootbauers Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) in
Wismar. "Eigentlich brauchen wir sie bis Ende des Monats, weil dann
der Haushaltsausschuss das letzte Mal zusammentritt, um das zu
beschließen." Er höre aus allen demokratischen Parteien die
Bereitschaft, an Lösungen gemeinsam zu arbeiten. Jetzt komme es
darauf, den konsensfähigen Weg zu finden.
Merz wirft Scholz innenpolitisches Spiel vor
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz warf dem Kanzler ebenfalls ein
Wahlkampfmanöver vor. "Ich finde es verantwortungslos, dass hier
offensichtlich mit den Menschen in der Ukraine ein innenpolitisches
Spiel getrieben wird", sagte der Kanzlerkandidat der Union dem
Nachrichtenportal "t-online".
"In dem Augenblick, in dem die Alternativen lauten: staatspolitische
Verantwortung oder innenpolitischer Geländegewinn entscheiden sich
diese SPD und dieser Bundeskanzler in der Regel für die Zweite."
Merz betonte, ein Aufweichen der Schuldenbremse sei überhaupt nicht
nötig. "Die Bundesregierung kann ohne weiteres nach der
Bundeshaushaltsordnung eine außerplanmäßige Ausgabe beschließen,
kann sie vollziehen und dem Haushaltsausschuss des Deutschen
Bundestages davon Kenntnis geben. Das ist der Weg."
Scholz rechnet mit Entscheidung erst bei der Wahl
Wegen der unterschiedlichen Ansätze geht Scholz davon aus, dass die
Finanzierungsfrage erst bei der Wahl am 23. Februar entschieden
wird. "Bei der Bundestagswahl steht diese Frage zur Abstimmung: Ob
man das auf Kosten des Haushalts und auf Kosten von Zusammenhalt,
Gerechtigkeit und Zukunftsinvestitionen in Deutschland machen will
oder extra."
Rückendeckung bekam Scholz von SPD-Chefin Saskia Esken. Wenn
Baerbock das Aussetzen der Schuldenbremse ablehne, "dann soll sie
erklären, an welcher Stelle sie die drei Milliarden Euro in einem
Haushalt einsparen will, in dem ohnehin schon rund 20 Milliarden
fehlen", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. "Wir sind
jedenfalls nicht bereit, die innere, äußere oder auch die soziale
Sicherheit in unserem Land zu beschränken und damit den Zusammenhalt
aufs Spiel zu setzen."
FDP will Aufklärung über angebliches 26-Milliarden-Loch im Etat
Für Aufregung sorgt auch die Aussage von Scholz im RTL-Interview, im
noch nicht beschlossenen Haushalt 2025 fehlten 26 Milliarden Euro.
Im Herbst war die Rede von etwa 12 Milliarden Euro gewesen. Die FDP
will nun Finanzminister Kukies vor den Haushaltsausschuss zitieren.
Er soll dort erläutern, wie groß die Lücke ist, wie sie sich
zusammensetzt und wie er sie schließen will.
Otto Fricke, der haushaltspolitische Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion, hält dem Kanzler einen selektiven Blick auf
die Finanzlage des Bundes vor. "Entgegen der bisherigen Äußerungen
des Finanzministers Jörg Kukies, er habe alles im Griff, überrascht
Olaf Scholz jetzt mit seiner Äußerung, es gebe eine Haushaltslücke
von 26 Mrd. Euro. Erst ist Geld da, um die Altschulden der Kommunen
zu übernehmen und die Netzentgelte zu senken, dann aber nicht für
die Verteidigung der Bürgerinnen und Bürger der Ukraine gegen
russische Drohnen- und Raketenangriffe."/sk/DP/mis
ISIN DE0007030009 DE0007500001 IT0003856405 DE000HAG0005 DE000RENK730
AXC0225 2025-01-17/17:11
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Autor: - dpa-AFX
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