ROUNDUP: Erste Gaza-Geiseln frei - Israel entlässt Häftlinge |
20.01.2025 06:35:00 |
TEL AVIV/GAZA/RAMALLAH (dpa-AFX) - Nach der Freilassung von drei
israelischen Geiseln durch die islamistische Hamas hat Israel in der
Nacht gemäß dem Gaza-Abkommen 90 Palästinenser aus der Haft
entlassen. Das gab die israelische Gefängnisbehörde bekannt. Die
meisten von ihnen sollen Frauen und Minderjährige sein. Am Tag zuvor
war am Vormittag nach mehr als 15 Monaten Krieg eine Waffenruhe im
Gazastreifen in Kraft getreten.
Während die weiblichen Geiseln Romi Gonen (24), Emily Damari (28)
und Doron Steinbrecher (31) wieder mit ihren Familien vereint sind,
liefen im weitgehend zerstörten Gazastreifen laut örtlichen
Sicherheitskräften verstärkte Hilfslieferungen für die Bevölkerung
an, deren Lage weiterhin katastrophal ist.
Die Waffenruhe soll zunächst sechs Wochen gelten. In der ersten von
drei Phasen einer unter Vermittlung Katars, Ägyptens und den USA
ausgehandelten Vereinbarung sollen 1.904 palästinensische Häftlinge
gegen 33 von insgesamt 94 Geiseln freikommen. Ob ein dauerhaftes
Ende der Kämpfe erreicht werden kann, hängt jedoch von weiteren
Verhandlungen ab, die in gut zwei Wochen beginnen sollen. Werde
keine Einigung erzielt, könnten die Kämpfe weitergehen, hatte der
israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu bereits gedroht.
Emotionale Szenen in Israel
Unter den weiterhin im Gazastreifen festgehaltenen Entführten sind
auch Israelis, die zusätzlich die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
Die nächste Freilassung von Geiseln soll dem Vernehmen nach am
kommenden Samstag erfolgen. Dabei sollen laut einem Hamas-Vertreter
vier Geiseln freikommen.
Ein gut zwei Minuten langes von Israels Regierung veröffentlichtes
Video zeigt das äußerst emotionale Wiedersehen der drei
freigelassenen jungen Frauen mit ihren Angehörigen: Es gab innige
Umarmungen, es flossen Tränen, es war Schluchzen und Jubel zu hören.
Die freigelassenen Frauen werden in einem Krankenhaus untersucht und
psychologisch betreut.
Terroristen hatten die Drei während des Hamas-Massakers in Israel am
7. Oktober 2023 verschleppt und seitdem in Gaza festgehalten. Damari
verlor während der Entführung zwei Finger, wie mehrere israelische
Medien übereinstimmend unter Berufung auf ihre Familie berichteten.
Auf Bildern war auch die bandagierte Hand der Frau zu sehen.
Hamas verbreitet Propagandavideo
Der militärische Arm der Hamas verbreitete ein Propagandavideo von
der Freilassung der drei jungen Frauen, das in Israel als sehr
zynisch eingestuft wurde. Zu sehen ist in dem Video, wie die
Israelinnen vor ihrer Übergabe in einem Fahrzeug sitzen und lächeln.
Um den Hals tragen sie Bänder mit der Aufschrift "Palestine"
(Palästina) in den Farben der palästinensischen Flagge. Tüten mit
"Andenken" an ihren Aufenthalt in Gaza werden ihnen überreicht.
Bei der Übergabe an das Rote Kreuz werden die Fahrzeuge von
bewaffneten Hamas-Kämpfern und einer dichten Menschenmenge umringt,
die dabei "Allahu Akbar" (Gott ist groß) skandiert. Bei einer
früheren Waffenruhe freigelassene Geiseln hatten berichtet, dass sie
den Moment der Übergabe - umringt von einer riesigen Menschenmenge -
als extrem beängstigend empfunden hatten.
In der Nacht kehrten unterdessen die im Gegenzug freigelassenen
palästinensischen Häftlinge in ihre Heimatorte im Westjordanland und
Ost-Jerusalem zurück. Auf Videos in sozialen Medien war zu sehen,
wie Menschen nahe Ramallah das Eintreffen der weißen Busse jubelnd
begrüßen. Israel wollte Berichten zufolge Feiern nach der Entlassung
der Häftlinge unterbinden.
WHO: Weiter Gefahr einer Hungersnot
Im schwer verwüsteten Gazastreifen verbrachten die notleidenden
Menschen derweil die erste Nacht seit mehr als einem Jahr, in der
die Waffen schwiegen. Im Rahmen der Waffenruhe muss sich die
israelische Armee aus den Bevölkerungszentren des abgeriegelten
Küstenstreifens zurückziehen. Große Teile liegen in Schutt und
Asche. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten
Gesundheitsbehörde kamen mehr als 46.900 Menschen ums Leben. Wie
viele davon Zivilisten und wie viele Kämpfer sind, sagt sie nicht.
Arabischen Medienberichten zufolge waren nach Beginn der Feuerpause
die ersten knapp 200 Lastwagen auf dem Weg in das Gebiet. Die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihre Partner wollen während
der Waffenruhe versuchen, Teile des Gesundheitssystems wieder
funktionstüchtig machen. Nur die Hälfte der Hospitäler in Gaza sei
teilweise arbeitsfähig, hieß es. Fast alle Kliniken seien zerstört
oder beschädigt. "Die Übertragung von Infektionskrankheiten hat
massiv zugenommen, die Unterernährung nimmt zu und die Gefahr einer
Hungersnot bleibt bestehen", hieß es weiter.
Schwierigste Fragen sind noch ungelöst
Bei den kommenden Verhandlungen geht es um die größten Streitpunkte,
die bisher ausgeklammert wurden. Die Hamas fordert den vollständigen
Abzug der israelischen Armee aus dem Küstenstreifen und eine
Garantie, dass die Kämpfe dauerhaft beendet sind. Israels
Regierungschef Netanjahu hingegen besteht auf der Zerschlagung der
Hamas. Ein Stolperstein könnte die Frage sein, welche Häftlinge
Israel in einer zweiten Phase im Austausch für die restlichen
Geiseln freilassen soll. 34 der Geiseln in Gaza sind vermutlich
bereits tot.
Israels Außenminister Gideon Saar warnte vor einem vorzeitigen
Kollaps der Waffenruhe. "Wir haben heute die Bilder aus Gaza
gesehen. Die Hamas ist noch immer an der Macht in Gaza", sagte er in
einem Interview des US-Senders CNN. "Es ist kein Automatismus, von
einer Phase in die nächste überzugehen." Die Hamas dürfe nicht
länger in Gaza herrschen, sagte er. Die Hamas bekannte sich nach
eigenen Angaben zur Einhaltung der Waffenruhe. Ihr Sprecher Abu
Obaida erklärte, die Vermittler müssten Israel zwingen, das Gleiche
zu tun./ln/DP/zb
AXC0039 2025-01-20/06:35
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Autor: - dpa-AFX
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