ROUNDUP: Enorme Sicherheitsbedenken gegen chinesische KI DeepSeek |
12.02.2025 06:35:00 |
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Behörden und Cybersicherheitsfachleute haben
gravierende Sicherheitsbedenken gegen die chinesische KI DeepSeek.
Dabei geht es um mehrere Punkte: die offenkundig sehr weitreichende
Speicherung von Nutzerdaten, die mögliche Manipulierbarkeit der
Anwendung für kriminelle Zwecke und die Frage, inwieweit der
chinesische Spionage- und Überwachungsapparat Zugriff auf
Nutzerdaten hat. DeepSeek hat sich seit der Veröffentlichung zu
einer der beliebtesten KI-Anwendungen auch in den deutschen App
Stores von Apple und Google
entwickelt.
DeepSeek speichert Nutzereingaben in großem Umfang
Ein wesentlicher Kritikpunkt ist die Speicherung der
Tastatureingaben. DeepSeek informiert in seinen Datenschutzhinweisen
darüber, dass "Tastatureingabemuster oder -rhythmen" (keystroke
patterns or rhythms) erfasst werden - ein Verfahren, das zur
Identifizierung von Nutzern eingesetzt werden kann. "Auch
Tastatureingaben innerhalb der App können womöglich mitgelesen
werden, bevor sie abgeschickt werden", sagt eine Sprecherin des
Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auf
dpa-Anfrage.
BSI: für sicherheitskritische Bereiche bedenklich
"Daneben wird die Art und Weise, wie Tastatureingaben vorgenommen
werden, gespeichert." Mit solchen Mustern könnten mit Hilfe
Künstlicher Intelligenz Nutzprofile erstellt und wiedererkannt
werden. Fazit: "Das BSI hält diese Möglichkeit mindestens für
sicherheitskritische Bereiche für bedenklich."
Die etablierte US-Konkurrenz von Open AI hingegen sichert zu, nicht
aktiv nach persönlichen Daten zu suchen und keine öffentlichen Daten
im Internet zum Aufbau persönlicher Profile zu verwenden. Allerdings
gibt es auch ein US-Gesetz - den Cloud Act - das amerikanische
Firmen verpflichtet, den Behörden Zugriff auf im Ausland
gespeicherte Daten zu gewähren.
Ein "Keylogger", wie ihn kriminelle Hacker und Geheimdienste zum
Ausspionieren von Passwörtern und Zugangs-Daten verwenden, ist die
Speicherung von Eingabemustern oder -rhythmen durch DeepSeek nach
Einschätzung des Experten Rüdiger Trost zwar nicht. "Hier muss man
unterscheiden: Ein Keylogger "schneidet alles mit, was über die
Tastatur eingegeben wird", sagt der Fachmann, der für den
Cybersicherheitdienstleister WithSecure arbeitet. "Das ist etwas
Anderes als ein Prompt in einem GenAI Tool oder im Allgemeinen eine
Sucheingabe in einem Browser."
Palo Alto Networks: Hilfreich für Cybergangster
Doch in einer Untersuchung des großen
US-Cybersicherheitsdienstleisters Palo Alto Networks ließ sich
DeepSeek leicht für kriminelle Zwecke manipulieren. Das berichtet
Sam Rubin, Leiter der Bedrohungsanalyse und -beratung des
Unternehmens.
So brachten die Cyberfachleute DeepSeek mit Hilfe der "richtigen
Prompts" dazu, ein Skript zur Auslese von Daten aus Mails und
Word-Dateien zu erzeugen. Derartige Skripts werden von Hackern
genutzt, um Daten zu stehlen. Mit zusätzlichen Prompts habe DeepSeek
außerdem tatsächlich "Keylogger Code" produziert, wie Rubin auf
Anfrage sagte.
Das erfolgreiche Aushebeln von Sicherheitsvorkehrungen heißt in der
Software-Branche "Jailbreaking" - Gefängnisausbruch. Laut Palo Alto
Networks fehlen DeepSeek die Schutzplanken anderer KI-Modelle.
"Unsere Forscher waren in der Lage, die schwachen
Sicherheitsvorkehrungen zu umgehen, um bösartige Inhalte zu
produzieren, was wenig bis kein Spezialwissen oder Expertise
erforderte", sagt Rubin.
Freier Zugriff für Chinas Spione?
Ganz abgesehen davon ist DeepSeek nach chinesischem Recht
verpflichtet, sämtliche Daten in der Volksrepublik zu speichern. Das
chinesische Geheimdienstgesetz wiederum verpflichtet Bevölkerung und
Organisationen zur Kooperation mit den Sicherheitsbehörden. Der
Gummiparagraf wird von etlichen China-Beobachtern als Zugriffsrecht
des Spionageapparats auf sämtliche in der Volksrepublik
gespeicherten Daten interpretiert.
Datenschützer wollen prüfen
Derzeit bereitet der Datenschutzbeauftragte von Rheinland-Pfalz ein
Prüfverfahren gegen DeepSeek vor. "Mehrere deutsche
Datenschutzaufsichtsbehörden gehen voraussichtlich parallel vor",
sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Laut
EU-Datenschutzgrundverordnung muss ein Unternehmen ohne
Niederlassung in der EU zumindest einen gesetzlichen Vertreter
benennen, was DeepSeek bislang offenbar nicht getan hat. "Das Fehlen
eines gesetzlichen Vertreters stellt an sich schon einen Verstoß
gegen die Datenschutz-Grundverordnung dar und kann mit Bußgeld
geahndet werden", sagt die Sprecherin. Die italienische
Datenschutzbehörde GDDP hat die chinesische KI bereits Ende Januar
auf den Index gesetzt. DeepSeek ließ eine dpa-Anfrage zu den
verschiedenen Kritikpunkten zunächst unbeantwortet.
Ministerien und Konzerne bei KI grundsätzlich auf der Hut
Deutsche Ministerien, Bundesbehörden und große Unternehmen treffen
massive Sicherheitsvorkehrungen gegen Cyberattacken. Das schließt
Künstliche Intelligenz mit ein und trifft nicht nur DeepSeek.
So hat das Bundesinnenministerium die Nutzung externer Cloud-Dienste
grundsätzlich verboten. Andere Bundesministerien haben ähnliche
Vorschriften erlassen: Das Finanzministerium hat die Nutzung
"textgenerativer Künstlicher Intelligenz im Internet zu dienstlichen
Zwecken grundsätzlich untersagt". Das Wirtschaftsministerium hat
festgelegt, welche Anwendungen erlaubt sind, DeepSeek und andere
KI-Anwendungen gehören nicht dazu.
Auch das Deutsche Patent- und Markenamt in München - ebenfalls ein
potenzielles Spionageziel - setzt DeepSeek nicht ein. Im bayerischen
Innenministerium sind DeepSeek und andere KI-Anwendungen auf
dienstlichen Geräten nicht erlaubt und private Geräte dürfen nicht
dienstlich genutzt werden.
Nach diesem Prozedere verfahren auch große Unternehmen, die ihre
Technologie schützen wollen. Dazu zählt die Münchner Wacker Chemie
, ein wichtiger Lieferant der Computerchip-Industrie:
kein DeepSeek auf Firmenrechnern und -geräten und keine privaten
Geräte bei der Arbeit.
Sicherheitsschleusen bei Dax-Konzernen
Mehrere Dax-Konzerne ermöglichen den Zugriff auf KI-Anwendungen nur
über die Sicherheitsschleusen eigener Systeme, bei Siemens
etwa "SiemensGTP" geheißen. "Dort ist neben vielen
anderen Modellen auch Deep Seek verfügbar - innerhalb eines sicheren
Umfelds, das garantiert, dass Siemensdaten bei Siemens bleiben",
sagt ein Sprecher. BMW und die BASF
gehen nach ähnlichem Muster vor./cho/DP/zb
ISIN DE0008469008 DE0007236101 DE0005190003 US0378331005 DE000BASF111
AXC0031 2025-02-12/06:35
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Autor: - dpa-AFX
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