Buwog - OGH halbiert Freiheitsstrafe für Grasser auf vier Jahre / OGH-Richtersenat halbiert Freiheitsstrafen aufgrund "exorbitant langer Verfahrensdauer - Grasser und Meischberger kritisieren rechtskräftiges Urteil und kündigen EGMR-Beschwerde an |
25.03.2025 22:20:00 |
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Stellungnahme OGH-Präsident Kodek (3. Absatz)
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Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in der Causa Buwog
die erstinstanzlichen Urteile für die Hauptangeklagten im
Wesentlichen bestätigt und die ausgesprochenen Haftstrafen aufgrund
der "exorbitant langen" Verfahrensdauer halbiert. Der OGH reduzierte
die Freiheitsstrafe für Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser von
acht auf vier Jahre und für Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter
Meischberger von sieben auf dreieinhalb Jahre.
Grasser und Meischberger sprachen nach der Urteilsverkündigung
von einem "Fehlurteil" und kündigten eine Beschwerde beim
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg an.
"Ich habe ganz eindeutig den Eindruck, dass die Richter mich
offensichtlich um jeden Preis verurteilen wollten. Ich halte fest,
dass dieses Urteil Unrecht ist und in meiner Überzeugung rechtlich
unhaltbar ist", erklärte Grasser beim Verlassen des
OGH-Verhandlungssaals am Dienstag. Es sei eine "massive Verletzung
meiner Menschenrechte und meines Lebens", sagte der
Ex-Finanzminister. "Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass ich
zumindest auf europäischer Ebene mein Recht bekommen werde."
OGH-Präsident Georg Kodek wies in der "Zeit im Bild 2" Grassers
Behauptungen zurück. Das Gericht habe sich mit der Causa sorgfältig
und ausführlich auseinandergesetzt und die Richterin habe erklärt,
warum die behaupteten Verfahrensfehler nicht vorlägen. Gefragt, ob
man sagen könne, dass Grasser also über eineinhalb Jahrzehnte
gelogen habe oder ein unschuldiger Mann verurteilt wurde, sagte
Kodek: "Das ist eine zulässige Interpretation."
Neben Grasser müssen auch Meischberger und Hochegger in Haft
Für Ex-Lobbyist Peter Hochegger halbierte der fünfköpfige
OGH-Richtersenat die Zusatzfreiheitsstrafe von sechs auf drei Jahre,
2 Jahre davon bedingt. Die rechtskräftig Verurteilten werden nun
zeitnah eine Aufforderung zum Strafantritt erhalten. Die
Zusatz-Freiheitsstrafe für Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics
senkte das Höchstgericht von zwei Jahren auf 12 Monate bedingt, für
Ex-RLB-OÖ-Vorstand Georg Starzer von 3 Jahre teilbedingt auf 20
Monate bedingt. Zwei weitere Angeklagte wurden wegen Geldwäscherei,
Beweismittelfälschungen und Begünstigung im Zusammenhang mit den
inkriminierten Sachverhalten zu bedingten Freiheitsstrafen von 12
Monaten und 8 Monaten verurteilt. Aufgehoben wurde der Schuldspruch
gegen Grasser wegen Beweismittelfälschung und der Schuldspruch gegen
Hochegger wegen eines strafbaren Beitrags zur Untreue in der Telekom
Austria-Affäre.
Die heutige Entscheidung des OGH-Richtersenats ist der
Schlussstrich unter einen Immobiliendeal, der seit nunmehr 21 Jahren
die Republik beschäftigt. Damals gingen rund 60.000 Bundeswohnungen
um 961 Mio. Euro an ein Konsortium rund um die Immofinanz, der
unterlegene Bieter CA Immo hatte gerade einmal 1 Mio. Euro weniger
für die Wohnungen geboten. Das sorgte zwar für Überraschung; dass
diese Privatisierung möglicherweise geschoben war, stellte sich aber
erst ein paar Jahre später heraus, als bekannt wurde, dass zwei
Grasser-Freunde - die beiden früheren Lobbyisten Meischberger und
Hochegger - bei dem Immofinanz-Deal 9,6 Mio. Euro an Provision
mitgeschnitten hatten.
Ein weiterer Themenkomplex im Verfahren waren Provisionszahlungen
in Höhe von 200.000 Euro im Rahmen der Einmietung der Finanzbehörden
in den Linzer Terminal Tower. Im Laufe des Verfahrens wurden weitere
kleinere Anklagen im Zusammenhang mit der Telekom-Affäre in die
Verhandlung miteinbezogen.
Halbierung der Strafen wegen "exorbitant langer" Verfahrensdauer
Die Halbierung der Strafen im Grasser-Prozess ist im Wesentlichen
eine Folge der langen Ermittlungs- und Verfahrensdauer von rund 15
Jahren. Ebenfalls strafmindernd habe sich die vorige
Unbescholtenheit und das Wohlverhalten seit der Tathandlungen in den
Causen Buwog und Terminal Tower Linz ausgewirkt, erklärte die
Vorsitzende des OGH-Richtersenats, Christa Hetlinger, die
Strafreduktion. Zusätzlich mildernd gewirkt habe die teilweise
mediale Vorverurteilung und die öffentliche Verhöhnung der
Angeklagten.
Die Verhängung "gravierend geringerer Strafen" solle aber
keinesfalls die Taten bagatellisieren, betonte Hetlinger, das
Gegenteil sei der Fall. Es handle sich bei den Handlungen der
Angeklagten um schwere Korruptionsvergehen mit einer Schadenssumme
von fast zehn Mio. Euro. Insbesondere mit Grasser ging die
Senatsvorsitzende hart ins Gericht. Dass sich ein Finanzminister
derart persönlich bereichert habe, sei in Österreich "beispiellos".
Dies hätte man in Österreich nicht verortet und sei dazu geneigt,
das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik zu erschüttern.
OGH: Angeklagten kann man nicht Rechtsmittel-Ausschöpfung
anlasten
Dass die Angeklagten ihre Rechtsmittel ausschöpften und damit
auch für eine lange Prozessdauer sorgten, sei ihnen nicht
anzulasten. Die Ausübung ihres Rechts dürfte ihnen nicht zu ihrem
Nachteil gereichen, betonte die OGH-Senatsvorsitzende. Bei den
Angeklagten Ex-Lobbyisten Peter Hochegger sei sein Geständnis
mildernd zu werten und beim mitangeklagten Ex-Immofinanz-Chef Karl
Petrikovics eine erhebliche Schadenswiedergutmachung.
Die von der Verteidigung wortreich vorgebrachten mutmaßlichen
Verfahrensfehler im Erstprozess und eine Befangenheit der
Erstrichterin Marion Hohenecker würden nicht vorliegen, führte die
OGH-Senatsvorsitzende aus. "Die Verteidiger haben es nicht geschafft
erhebliche Mängel aufzuzeigen, weil es sie nicht gibt."Es sei kein
unfaires Verfahren vorgelegen. Die Verteidiger hatten mehrmals die
Besetzung des Erstgerichts unter Richterin Hohenecker als "nicht
neutral" und "parteiisch" kritisiert.
OGH-Richtersenat ortet keine Befangenheit der Richterin
Die OGH-Senatsvorsitzende ging ausführlich auf die
Befangenheitsvorwürfe der Verteidigung gegen die Erstrichterin ein.
Das Verhalten ihres Ehemannes, eines Richters, sei nicht zu
beschönigen, aber nicht Teil des Verfahrens. Aus den Akten würden
sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass Richterin Hohenecker
parteiisch fungiert habe. Keinerlei Verfehlungen kann der
OGH-Richtersenat bei den Tonaufnahmen im Großen Schwurgerichtssaal
des Wiener Straflandesgerichts erkennen.
Hetlinger erklärte, dass sie den Eindruck gehabte habe, dass die
Angeklagten meinten, der OGH würde über Schuld oder Unschuld
entscheiden. Das sei aber nicht der Fall, es gehe beim OGH vielmehr
darum, ob das Erstverfahren mangelfrei geführt wurde. Wobei die
Senatsvorsitzende meinte, dass sich die Verteidiger ohnehin weniger
auf Mängel- und Tatsachenrügen als auf Fragen wie die Sitzordnung,
Liveticker oder Tonaufnahmen im Gerichtssaal konzentriert hätten.
OGH-Urteilsverkündung dauerte eineinhalb Stunden
Nach fast genau eineinhalb Stunden war OGH-Richterin Hetlinger
mit ihren Ausführungen fertig, die Privatbeteiligtenvertreter wurden
auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Die rechtskräftig Verurteilten
müssen auch Schadenersatz leisten. Der OGH bestätigte den
Privatbeteiligtenzuspruch an die Republik Österreich betreffend
Grasser und Meischberger (9,8 Mio Euro), Petrikovics (9,6 Mio Euro)
und einen weiteren Angeklagten (4,8 Mio Euro). Damit fand der größte
Korruptionsprozess der Zweiten Republik sein Ende.
(Redaktionelle Hinweise: GRAFIK 0440-25, 88 x 160 mm)
stf/cri/hel/bei/ivn
ISIN AT00BUWOG001 AT0000A21KS2
WEB http://www.buwog.at
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Autor: - APA/stf/cri/hel/bei/ivn
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