GESAMT-ROUNDUP: Zollpause treibt Aktienkurse - Experte: Situation ist verrückt |
10.04.2025 10:56:00 |
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax hat am Donnerstag
angesichts von Donald Trumps vorläufiger Kehrtwende im Zollstreit
eine Erholungsrally gestartet. In der ersten Handelsstunde sprang
der deutsche Leitindex bis zu acht Prozent auf 21.300 Punkte hoch -
zuletzt lag das Plus noch bei sechs Prozent. Die Anleger reagierten
damit auf die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump,
Sonderzölle für zahlreiche Länder auszusetzen. Zuvor hatten schon
die Aktienbörsen an der New Yorker Wall Street und in Ostasien zur
Aufholjagd angesetzt.
Gleichwohl zeichnete sich an der Wall Street am Donnerstag schon
wieder ein Rücksetzer ab. Nach der ersten Erleichterung über das
Vorgehen der US-Regierung, richten sich die Blicke auf den
wirtschaftlichen Schaden, der womöglich bereits angerichtet ist.
Zudem fürchten Investoren einen fortgesetzten Zickzackkurs und damit
Unklarheit, die weder Anleger noch Unternehmen mögen.
Trump hatte mit der Ankündigung hoher Einfuhrzölle in der
vergangenen Woche eine Talfahrt an den Börsen ausgelöst. Nach
heftigen Turbulenzen an Börsen und Finanzmärkten änderte er am
Mittwoch seinen Kurs und setzte gerade erst in Kraft getretene
Zusatzzölle für 90 Tage aus. "Die Situation ist nicht chaotisch, sie
ist verrückt", kommentierte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt für
Deutschland und Österreich bei der niederländischen Bank ING mit
Blick auf Trump und die Finanzmärkte.
Trotz der Erholung am Donnerstag liegt der Dax am
Donnerstagvormittag mit zuletzt etwas mehr als 20.800 Punkten rund
sieben Prozent unter dem Niveau, das er vor der Ankündigung von
Trumps Zollpaket am 2. April innehatte. Auch die US-Indizes mussten
seitdem Federn lassen.
Zehn-Prozent-Zoll gilt weiterhin
Für die meisten Länder soll aber weiter ein allgemeiner Importzoll
von zehn Prozent gelten. Die Zölle für Waren aus China erhöhte Trump
unterdessen weiter auf nun 125 Prozent.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte Trumps
Richtungswechsel einen wichtigen Schritt zur Stabilisierung der
Wirtschaft. "Klare, vorhersehbare Bedingungen sind für das
Funktionieren von Handel und Lieferketten unerlässlich." Die
Europäische Union setze sich weiterhin für konstruktive
Verhandlungen mit den USA ein, mit dem Ziel, einen reibungslosen und
für beide Seiten vorteilhaften Handel zu erreichen.
US-Präsident reagierte auf Unruhe
Trump begründete sein Umschwenken damit, die "Leute" seien etwas
unruhig und "ein bisschen ängstlich" geworden. Ökonomen hatten in
den Zusatzzöllen ein erhöhtes Risiko für eine Rezession in den USA
gesehen.
Es hatte sich auch abgezeichnet, dass Investoren US-Staatsanleihen
abstoßen könnten - eine besorgniserregende Entwicklung für die
Zukunft der amerikanischen Finanzen. Marktbeobachter mutmaßen, dass
diese Entwicklung die Zollpause herbeigeführt haben könnte.
Handelsminister Howard Lutnick bestritt das in einem Interview des
Wirtschaftssenders "CNBC".
Unter Analysten auch Skepsis
Das Echo bei deutschen Börsenexperten auf Trumps Schwenk fiel
unterschiedlich aus. "Die Nachrichten zeigen, dass die
Trump-Administration auf die verschlechterten volkswirtschaftlichen
Aussichten und die Marktturbulenzen reagiert", stellte
Anlagestratege Ulrich Stephan von der Deutschen Bank mit verhaltenem
Optimismus fest. Seiner Ansicht nach könnte das aktuelle Kursniveau
auf längere Sicht interessant sein.
Kritischer fiel das Urteil von Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker
CMC Markets aus. "Wirtschaft besteht aus Vertrauen und hier hat der
US-Präsident in den vergangenen Wochen viel Porzellan zerschlagen",
so Stanzl. Universelle Zölle von zehn Prozent würden zudem
unvermindert gelten.
Unsicherheit treibt Goldpreis wieder in Richtung Rekord
Trotz des Rückziehers von Trump bleibt Gold gefragt - dafür sorgt
die anhaltende Unsicherheit infolge der erratischen Politik von
Trump. Der Preis für eine Feinunze (etwa 31,1 Gramm) an der Börse in
London legte im frühen Handel etwas mehr als ein Prozent auf 3.122
Dollar zu und baute die Gewinne vom Mittwoch aus. Damit ist die
kurze Schwächephase am Goldmarkt in den vergangenen Tagen erst
einmal beendet. Nach dem vor einer Woche erreichten Rekordhoch von
fast 3.168 Dollar kam es zu Gewinnmitnahmen und der Preis sackte bis
auf fast 2.950 Dollar ab.
Verluste gab es dagegen bei den deutschen Staatsanleihen. Der
Euro-Bund-Future fiel um etwas mehr als ein Prozent
auf 129,08 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen betrug
2,60 Prozent. Die Trendwende Trumps sorgte für Verkäufe bei den als
sicher geltenden Staatsanleihen. "Zudem richtet sich mit dem
Abschluss der Koalitionsverhandlungen in Deutschland der Fokus
zunehmend auf die anstehenden schuldenfinanzierten
Ausgabenprogramme, was langlaufende Bunds belasten dürfte."
Dollar unter Druck - Bitcoin auch
Am Devisenmarkt konnte der Dollar seine jüngste Schwäche infolge von
Trumps Ankündigungen vor einer Woche etwas abschütteln, bleibt aber
unter Druck. Der Euro kostet aktuell etwas mehr als 1,10 Dollar und
damit rund zwei Cent mehr als am Mittwoch vor einer Woche. Trump
könnte der schwache Dollar recht sein, da so in den USA hergestellte
Produkte, die für den Export bestimmt sind, vergleichsweise billiger
und damit wettbewerbsfähiger werden. Andererseits gefährdet er mit
seiner Politik nach Einschätzung von einigen Experten den Status als
Leitwährung, was wiederum zu Problemen bei der Finanzierung des
Staatshaushalts führen könnte.
Auch bei Krypotanlegern sorgte der Schlingerkurs Trumps für
Ernüchterung. Der US-Präsident gilt als Förderer von Kryptowährungen
und vor allem des Bitcoin. Zuletzt war bei den Digitalwährungen
allerdings nichts mehr von Euphorie zu spüren. Die älteste und
bekannteste Digitalwährung stürzte von rund 88.000 Dollar vor der
Zoll-Ankündigung auf circa 75.000 Dollar ab und kostete trotz einer
Erholung mit rund 81.000 Dollar immer noch deutlich weniger. Das am
Tag der Amtseinführung Trumps erreichte Rekordhoch von 109.000
Dollar ist in weite Ferne gerückt.
Rezessionssorgen drücken auf Ölpreise
Ebenfalls deutlich unter Druck standen zuletzt die Ölpreise. Sorgen
vor einer weltweiten Rezession infolge des Zollkonflikts sowie über
die Entwicklung des Welthandels drückten die Preise für Rohöl am
Mittwoch auf den tiefsten Stand seit 2021. Davon konnten sich die
Kurse am Donnerstag etwas erholen. Öl ist allerdings immer noch rund
15 Prozent billiger als vor etwas mehr als einer Woche. Das
erratische Handeln der US-Regierung in der Zollpolitik bleibt
allerdings ein Unsicherheitsfaktor; Konjunkturängste bleiben
bestehen - zumal die Zeichen im Handelskrieg zwischen den USA und
China alles andere als auf Entspannung stehen./DP/zb/mis
ISIN DE0008469008 EU0009652759 DE0009652644 US78378X1072 XC0009655157
AXC0094 2025-04-10/10:56
|
Autor: - dpa-AFX
|
Copyright APA/dpa-AFX. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von APA/dpa-AFX ist nicht gestattet. |
|
|
DAX | 23.673,29 | -236,32 | -0,99% |
TecDax | 3.847,03 | -30,18 | -0,78% |
MDAX | 30.247,39 | -236,11 | -0,77% |
Dow Jones (EOD) | 44.094,77 | 275,50 | 0,63% |
Nasdaq 100 | 22.481,52 | -197,49 | -0,87% |
S & P 500 (EOD) | 6.204,95 | 31,88 | 0,52% |
SMI | 11.963,31 | 41,85 | 0,35% |
|
EUR/US$ | 1,1764 | -0,00 | -0,20% |
EUR/Yen | 169,0838 | -0,69 | -0,41% |
EUR/CHF | 0,9336 | -0,00 | -0,13% |
EUR/Brit. Pfund | 0,8572 | -0,00 | -0,12% |
Yen/US$ | 0,0070 | 0,00 | 0,06% |
CHF/US$ | 1,2600 | -0,00 | -0,10% |
|
baha Brent Indication | 67,50 | -0,53 | -0,78% |
Gold | 3.347,97 | 62,74 | 1,91% |
Silber | 36,50 | 0,46 | 1,29% |
Platin | 1.369,10 | 5,64 | 0,41% |
|
|
|