ROUNDUP/Hohe Schulden, viel Geld fürs Militär: Kabinett billigt Etat |
24.06.2025 13:42:00 |
(Neu: Nach Pk Klingbeil durchgehend angepasst)
BERLIN (dpa-AFX) - So hohe Schulden wie lange nicht mehr:
Finanzminister Lars Klingbeil hat seinen ersten Haushaltsentwurf
durchs Kabinett gebracht. Seine Pläne markieren eine Kehrtwende nach
der FDP-geprägten Finanzpolitik der Ampel-Koalition. Mit neuen
Krediten und Sondervermögen will die Bundesregierung in Verteidigung
investieren, die Infrastruktur modernisieren und Deutschlands
Wirtschaft auf Wachstumskurs bringen. Schwarz-Rot habe verstanden,
"dass im Land etwas anders werden muss", sagte der SPD-Chef. Der
Stillstand und die lange Phase der Unsicherheit müssten beendet
werden.
Das Kabinett beschloss nicht nur den Haushaltsentwurf für 2025,
sondern auch Eckwerte für das Jahr 2026, die grobe Finanzplanung bis
2029 und ein Gesetz, mit dem ein schuldenfinanziertes Sondervermögen
für Infrastruktur und Klimaschutz geschaffen werden soll. Jetzt
befassen sich Bundestag und Bundesrat mit den Plänen.
Das sieht der Haushalt 2025 vor
Weil die Ampel-Regierung den Etat für dieses Jahr nicht mehr fertig
bekommen hatte, müssen sich die Ministerien seit Jahresbeginn auf
das Wichtigste beschränken. Deshalb drängt der Haushaltsbeschluss:
Noch vor der Sommerpause sollen Klingbeils Pläne das erste Mal im
Bundestag beraten und dann Mitte September endgültig beschlossen
werden.
Der Finanzminister plant Ausgaben in Höhe von 503 Milliarden Euro.
81,8 Milliarden Euro sollen im Kernhaushalt aus Krediten finanziert
werden - mehr als doppelt so viel wie im vergangenen Jahr. Dazu
kommen mehr als 60 Milliarden Euro aus schuldenfinanzierten
Sondertöpfen.
Für Bundeswehr, Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienste und Hilfe für
völkerrechtswidrig angegriffene Staaten wie die Ukraine sind 75
Milliarden Euro vorgesehen - 32 Milliarden davon schuldenfinanziert.
Insgesamt erfüllt der Bundeshaushalt laut Finanzministerium klar die
Zwei-Prozent-Quote der Nato für Verteidigungsausgaben. Klingbeils
Haus kommt auf 2,4 Prozent.
Investiert werden außerdem rund 22 Milliarden Euro in die
Infrastruktur der Bahn - in Sanierung von Schienen und in
Digitalisierung. Das Geld stammt teils aus dem normalen Haushalt,
teils aus dem geplanten Infrastruktur-Sondertopf. Für sozialen
Wohnungsbau und Städtebauförderung sind vier Milliarden vorgesehen.
2026 und die Folgejahre
Für 2026 hat der Vizekanzler erst einmal nur eine grobe Planung
vorgelegt, der genaue Haushaltsentwurf soll am 30. Juli vom Kabinett
beschlossen werden.
Bisher plant Klingbeil mit Ausgaben von 519,5 Milliarden Euro. Im
Kernhaushalt stehen Kredite von 89,3 Milliarden Euro, dazu kommen
83,4 Milliarden aus schuldenfinanzierten Sondervermögen für
Bundeswehr und Infrastruktur.
Die Ausgaben für Bundeswehr, Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienste
und Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten wie die
Ukraine sollen auf 97 Milliarden Euro steigen. Bei der Nato-Quote
käme Deutschland im nächsten Jahr damit nach Rechnung des
Finanzministeriums auf rund 2,8 Prozent.
Bis 2029 strebt Klingbeil Verteidigungsausgaben von 3,5 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts an. Deutschland müsse "abschreckungs- und
verteidigungsfähig" sein, erklärte der SPD-Chef.
Sondervermögen Infrastruktur
Um die geplanten Milliardeninvestitionen in Brücken, Straßen,
Energienetze und andere Infrastruktur zu ermöglichen, soll ein
Sondertopf aufgesetzt werden, der abseits der Schuldenbremse läuft
und mit Krediten über 500 Milliarden Euro gefüllt wird. Der Topf
soll eine Laufzeit von 12 Jahren haben und Ende 2036 auslaufen. 100
der 500 Milliarden Euro sind fest für den Klimaschutz eingeplant,
weitere rund 100 Milliarden für Infrastrukturinvestitionen der
Länder.
Anders als die Länder soll der Bund mit dem Geld nur zusätzliche
Projekte finanzieren dürfen, die über den normalen Bundeshaushalt
hinausgehen. Die Grünen kritisieren bereits, das Geld werde nicht
für Fortschritt, Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit oder die
Modernisierung des Landes eingesetzt. "Es geht bei der Koalition
viel zu wenig um Zukunft, sondern vor allem darum, politische
Konflikte der Koalition zu kaschieren", sagte Haushälter Sebastian
Schäfer der Deutschen Presse-Agentur.
Anschub für die Wirtschaft
Die Sanierung der Infrastruktur soll helfen, die schwache Wirtschaft
anzukurbeln. Zusätzlich will die Bundesregierung Firmen mit besseren
steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten Anreize für Investitionen
geben. In der Nacht zum Dienstag einigten sich Bund und Länder auf
eine Finanzierung des Programms: Erwartete Steuerausfälle der
Kommunen übernimmt der Bund vollständig, die der Länder etwa zur
Hälfte.
Außerdem sollen ab Januar 2026 die Energiepreise sinken - und zwar
für Unternehmen wie Verbraucher. "Wir wollen einsteigen in eine
erste wirksame Senkung der Strompreise für Industrie, Gewerbe und
die privaten Haushalte", sagte der SPD-Chef. Verbraucher würden von
den Kosten der Gasspeicherumlage entlastet, die Senkung der
Stromsteuer für die Industrie, die Land- und die Forstwirtschaft
werde "verstetigt", und der Bund übernehme einen deutlich stärkeren
Anteil an den Kosten des Netzausbaus.
Hohe Schulden - kein Problem?
Im Kernhaushalt und mit den neben dem Etat laufenden Sondertöpfen
will die Bundesregierung bis 2029 zusammen fast 850 Milliarden Euro
Schulden machen. Klingbeil verteidigt das: Es sei wichtig, jetzt
Geld in die Hand zu nehmen, damit die Wirtschaft wachse. "Ich
glaube, dass nichts teurer ist als der Stillstand in den letzten
Jahren", sagte der SPD-Chef.
Für ihn sei die schwarze Null "kein Wert an sich", wenn damit
Brücken und Schulen vergammelten und die Bundeswehr vernachlässigt
werde. "Anders als für manchen Amtsvorgänger ist das für mich kein
besonderer Wert, wenn ich das Geld behalte und es nicht ausgeben
kann und wenn ich merke, dass im Land nichts vorangeht", sagte
Klingbeil offensichtlich mit Blick auf den früheren Finanzminister
und FDP-Chef Christian Lindner.
Die Kredite sorgen allerdings auch für eine enorme Zinsbelastung:
Bis 2029 summieren sich die Zinsen nach Angaben des
Finanzministeriums auf fast 215 Milliarden Euro. Für die Jahre ab
2027 gibt es auch aus diesem Grund noch Milliardenlücken in
Klingbeils Berechnung. Außerdem muss die Bundesregierung dann
beginnen, die während der Corona-Krise aufgenommenen Schulden zu
tilgen - und die finanziellen Spielräume der Schuldenbremse
schrumpfen, sollte die Wirtschaft wieder wachsen.
Kritik der Opposition
Grüne, Linke und BSW üben deutliche Kritik an den Etatplänen.
"Deutschlands Top-Priorität ist mit Klingbeils Schuldenplänen eine
beispiellose Aufrüstung", sagte der Linken-Haushälter Dietmar
Bartsch der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe nicht um Sicherheit,
stattdessen regiere Maßlosigkeit. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht
kritisierte: "100 Milliarden Euro mehr für Waffen und Panzer, eine
Verdreifachung der Rüstungsausgaben innerhalb von vier Jahren, das
ist einfach nur krank."
Die Grünen warfen Klingbeil und Kanzler Friedrich Merz (CDU) vor,
Absprachen zu brechen. Sie hätten versprochen, dass jeder Euro aus
dem Schuldentopf in neue Investitionen für die Infrastruktur gehe,
sagte Grünen-Chefin Franziska Brantner im Deutschlandfunk. "Und nach
den ersten Infos, die wir haben, sehen wir klar: Hier wird Wort
gebrochen." Das sei "viel Haushaltstrickserei statt
Zukunftsinvestition". Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge
kritisierte im ZDF-"Morgenmagazin", aus den für Klimaschutz
vorgesehenen Mitteln würden teils fossile Gas-Subventionen
finanziert./tam/DP/mis
AXC0194 2025-06-24/13:42
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Autor: - dpa-AFX
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