ROUNDUP 2/Spahn-Bericht: 'Team 'Ich'' und viele Risiken |
24.06.2025 16:35:00 |
(neu: Aussagen von Spahn)
BERLIN (dpa-AFX) - Der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn ist in
der Corona-Krise laut einer Untersuchung "gegen den Rat seiner
Fachabteilungen" in großem Umfang in die Schutzmasken-Beschaffung
eingestiegen. Die Entscheidung des CDU-Politikers, die Beschaffung
allein meistern zu wollen, ziehe bis heute "erhebliche Kosten und
Risiken" nach sich, heißt es in dem Bericht der Sonderermittlerin
Margaretha Sudhof. Das Gesundheitsministerium unter der heutigen
Ressortchefin Nina Warken (CDU) distanzierte sich von dem
Sonderbericht. Spahn ist heute Chef der CDU/CSU-Fraktion.
Das Gesundheitsministerium hatte den bereits seit Monaten
vorliegenden Bericht erst Anfang der Woche mit geschwärzten Passagen
an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Bundestags gemailt.
Sudhof war noch von Spahns Nachfolger Karl Lauterbach (SPD)
eingesetzt worden. Lauterbach und Warken veröffentlichten den
Bericht zunächst nicht. Warkens Begründung: Der Bericht betreffe
auch laufende Gerichtsprozesse und enthalte personenbezogene Daten.
Spahn begrüßte nun die Veröffentlichung, weil dies eine Bewertung
ermögliche. Der rund 170 Seiten starke Bericht liegt der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin vor.
"Bis heute erhebliche Kosten und Risiken"
Die Sonderermittlerin, vormals Staatssekretärin in mehreren
Ministerien, beschreibt in dem Bericht eine Leistungsvergabe "in bis
dahin nicht vorgesehenem Volumen" nach Spahns Entscheidung zur
Corona-Schutzmaskenbeschaffung. Innerhalb weniger Wochen seien
Verträge im Wert von mehr als 11,6 Milliarden Euro geschlossen
worden. Als problematisch werden etwa Lieferverträge ohne weitere
Verhandlungen zu festen, hohen Preisen genannt. Wegen erheblicher
Lieferausfälle seien dann tatsächlich viel weniger Haushaltsmittel
gebraucht worden. Allerdings gebe es unter anderem Haushaltsrisiken
aus laufenden Rechtsstreitigkeiten von 2,3 Milliarden -zuzüglich
Zinsen von knapp bis zu 1,4 Milliarden Euro.
Den damals Verantwortlichen der Ministerien und Dienststellen
bescheinigt die Sonderermittlerin, "jenseits der persönlichen
Rücksichtnahme Unvorstellbares" zu leisten gehabt zu haben. Aber:
"Viele Aktivitäten gingen an die Grenze der rechtlichen Vorgaben,
was in der Gesamtheit durchaus Fragen aufwirft." So seien Expertisen
unter anderem des Bundesinnenministeriums übergangen worden. Als
sich "worst case Betrachtungen" bewahrheitet hätten, sei im Bund
vorhandene Expertise weiter nicht geholt, sondern weiter auf externe
Berater und Kanzleien vertraut worden.
Keine "bedarfsgerechte Steuerung"
Der "funktionierenden Bundesverwaltung" und den Beschaffungsbehörden
habe Spahn nicht vertraut. So habe es keine "bedarfsgerechte
Steuerung" durch das Ministerium gegeben. "In der Folge wurde über
den im Krisenstab festgelegten Bedarf hinaus beschafft", so die
Juristin Sudhof mit Blick auf den Krisenstab der Regierung.
"Fehlendes ökonomisches Verständnis und politischer Ehrgeiz können"
- so der Bericht "wie in diesem Fall, dazu führen, dass nicht als
Team "Staat", sondern als Team "Ich" gehandelt wird". Mehrere Medien
hatten über Teile des Berichts berichtet.
Sudhof schreibt, das im BMG tätige Team sei bei der Zuspitzung der
Corona-Krise im März 2020 "mangels administrativer Ausstattung und
operativer Vorerfahrung" "völlig überfordert" gewesen. Also habe man
eine Beratungsgesellschaft beauftragt - zunächst nur zum
Zusammentragen der inzwischen angefallenen Daten. An den Berater sei
die Beschaffung dann quasi komplett "outgesourced" worden.
Spahn "intervenierte persönlich"
"Die Fachebene des BMG (Bundesgesundheitsministeriums) versuchte
durchaus, den Bundesminister davon zu überzeugen, dass mangels
Expertise und Personal die Beschaffung nicht ins Haus geholt,
sondern bei den Beschaffungsbehörden verbleiben sollte", schreibt
Sudhof. "Dies jedoch vergeblich. Der damalige Bundesminister
intervenierte immer wieder persönlich und nutzte seine Kontakte."
Kritik der neuen Ministerin
Ungeachtet der Kritik sagte Spahn, er sei froh, dass der Bericht nun
gelesen werden könne. "Vor allem kann man das jetzt sachlich und
fachlich bewerten." Das Gesundheitsministerium kritisierte in einer
eigenen mehrseitigen Stellungnahme den Sudhof-Bericht. Deren
Aussagen mache man sich nicht zu eigen, so das an die
Bundestags-Haushälter gerichtete BMG-Papier, das der dpa vorliegt.
Methodik und Quellen blieben unklar, Tatsachen seien teilweise
"durch Quellen nicht untermauert". Einzelnen Aussagen wird
widersprochen. Spahn solle auch nie befragt worden sein.
Gleichzeitig kündigt das Ministerium an, eine Organisationseinheit
für weitere Aufarbeitung schaffen zu wollen.
"Als solle ein Parteifreund geschützt werden"
An diesem Mittwoch wollen sich Spahn und Warken den Fragen im
Haushaltsausschuss stellen. Spahn, sagte, da er wisse, "warum wir
was in schwieriger Zeit entschieden haben, stehe ich gerne Rede und
Antwort".
Grüne und Linke pochen auf weitere Aufklärung. "Die
Gesundheitsministerin sollte die politischen Spielchen beenden und
den Maskenbericht vollständig veröffentlichen", sagte der
Linken-Haushaltspolitiker Dietmar Bartsch mit Blick auf die
Schwärzungen. Laut Ministerium wurden diese aus Datenschutz- und
juristischen Gründen vorgenommen. Bartsch sagte der dpa, der
Eindruck entstehe, als solle ein Parteifreund geschützt werden. "Das
untergräbt das Vertrauen in die Politik insgesamt."
Die Grünen wollen eine Aktuelle Stunde mit dem Titel "Volle
Transparenz und Aufklärung zu den Maskendeals von Jens Spahn"
beantragen. "Statt weitere Nebelkerzen zu zünden, brauchen wir eine
umfassende parlamentarische Aufklärung zu den Maskendeals von Jens
Spahn", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic
der dpa./bw/sam/tam/DP/jha
AXC0258 2025-06-24/16:35
|
Autor: - dpa-AFX
|
Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet. |
|
|
DAX | 23.641,58 | 372,57 | 1,60% |
TecDax | 3.834,89 | 72,52 | 1,93% |
MDAX | 29.957,56 | 673,64 | 2,30% |
Dow Jones (EOD) | 43.089,02 | 507,24 | 1,19% |
Nasdaq 100 | 22.190,52 | 334,19 | 1,53% |
S & P 500 (EOD) | 6.092,18 | 67,01 | 1,11% |
SMI | 11.988,92 | 133,96 | 1,13% |
|
EUR/US$ | 1,1608 | -0,00 | -0,01% |
EUR/Yen | 168,2468 | -0,00 | -0,00% |
EUR/CHF | 0,9347 | -0,00 | -0,02% |
EUR/Brit. Pfund | 0,8527 | 0,00 | -0,00% |
Yen/US$ | 0,0069 | 0,00 | 0,67% |
CHF/US$ | 1,2418 | 0,01 | 0,93% |
|
baha Brent Indication | 68,21 | -4,62 | -6,35% |
Gold | 3.301,67 | -78,97 | -2,34% |
Silber | 36,10 | -0,04 | -0,10% |
Platin | 1.298,52 | 1,74 | 0,13% |
|
|
|