ROUNDUP 5: Gefahr für Ukraine nach Waffenlieferstopp der USA steigt |
02.07.2025 22:21:00 |
WASHINGTON/KIEW (dpa-AFX) - Die Ukraine ist in der Nacht einmal mehr
zum Ziel schwerer russischer Angriffe aus der Luft geworden - umso
schwerer wiegen die jüngsten Nachrichten aus den USA. Demnach stoppt
Washington die Lieferung einiger bereits zugesagter Waffen an das
von Russland angegriffene Land. Waffen, die die Ukraine bitter nötig
hätte.
In der Nacht zum Mittwoch haben russische Truppen nach Angaben der
ukrainischen Luftwaffe 114 Drohnen und 4 umfunktionierte Raketen des
Flugabwehrsystems S-300 für ihre Attacken eingesetzt. Einschläge gab
es in den Regionen Charkiw, Cherson, Dnipropetrowsk und Donezk.
Seit Wochen versucht das russische Militär, die Flugabwehr der
Ukrainer zu überlasten. Mitunter mehrfach in der Woche werden in
großen Wellen Raketen und Drohnen gegen das Nachbarland geschickt.
In einigen Nächten stieg die Anzahl der eingesetzten auf weit über
400. In der Hauptstadt Kiew wurden so allein im Juni mehr als 40
Menschen getötet. Weil die Flugabwehrsysteme für eine Abdeckung der
Fläche nicht ausreichen, ist die ukrainische Flugabwehr gezwungen,
die vorhandenen Systeme in den Städten konzentrieren.
US-Lieferstopp aus Angst vor eigenen Engpässen
Unter diesen Umständen ist die Nachricht des teilweisen
Lieferstopps, die Kiew nun aus den USA erreichte, umso bitterer.
Betroffen seien Raketen und Munition, berichteten "Politico" und der
Sender NBC News unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute
Person beziehungsweise Verteidigungsbeamte und Kongressmitglieder.
Hintergrund der Entscheidung aus dem Pentagon ist demnach die Sorge
vor zu geringen US-Waffenbeständen. Zuvor habe es eine Überprüfung
der Bestände gegeben, berichteten die Medien übereinstimmend.
Das Weiße Haus bestätigte auf Anfrage keine Details. In einem
Statement der stellvertretenden Sprecherin des Weißen Hauses, Anna
Kelly, hieß es aber: "Diese Entscheidung wurde getroffen, um die
Interessen Amerikas in den Vordergrund zu stellen, nachdem das
Verteidigungsministerium die militärische Unterstützung und Hilfe
unserer Nation für andere Länder auf der ganzen Welt überprüft
hatte."
Das US-Verteidigungsministerium nannte ebenfalls keine Details. Er
werde nicht "darauf eingehen, welche Waffen pausiert wurden und wann
wir was bereitstellen", sagte Sprecher Sean Parnell auf Nachfrage.
Er betonte jedoch, dass das US-Militär "über alles verfügt, was es
braucht, um jede Mission überall, jederzeit und überall auf der Welt
durchzuführen". Es handele sich um eine laufende Überprüfung der
militärischen Fähigkeiten, die sicherstellen solle, dass
US-Waffenlieferungen mit den eigenen Prioritäten im Einklang
stünden.
Flugabwehr wird löchrig
Unter den vorenthaltenen Waffensystemen sind den NBC News zufolge
auch Dutzende Patriot-Raketen, die der Ukraine noch vom ehemaligen
US-Präsidenten Joe Biden zugesagt wurden. Diese braucht das Land
dringend für die Abwehr russischer Luftangriffe. Zuletzt hatten
US-Medien die Vorräte für die über 30 Patriot-Startgeräte auf unter
200 Abfangraketen geschätzt.
Bei einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump versuchte der
ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj vergangene Woche in Den
Haag, diesen zum Verkauf weiterer Patriot-Systeme an sein Land zu
überreden. Ein Ergebnis brachte das Gespräch nicht. Trump erklärte
später, dass die USA nicht so viele der Flugabwehrkomplexe habe und
sie selbst benötige.
Die Trump-Regierung hatte die US-Militärhilfe für die Ukraine
bereits Anfang März vorerst eingestellt. Zur Begründung hieß es
damals aus dem Weißen Haus, dass Trumps Fokus auf Frieden liege. Nun
sind den Berichten zufolge Lieferungen betroffen, die noch von der
Vorgänger-Regierung unter Joe Biden genehmigt worden waren.
Welche Hilfe kann Europa leisten?
Unter diesen Umständen wird für die Ukraine die Hilfe aus Europa,
speziell aus Deutschland noch wichtiger. Dem Institut für
Weltwirtschaft (IfW) in Kiel zufolge haben die Europäer die USA
bereits beim Umfang der Militärhilfe überholt. "Zum ersten Mal seit
Juni 2022 hat Europa damit die USA bei der gesamten Militärhilfe
übertroffen - mit insgesamt 72 Mrd. EUR gegenüber 65 Mrd. EUR aus
den Vereinigten Staaten", hieß es Mitte Juni vom IfW. Berücksichtigt
wurden Lieferungen bis einschließlich April. Inzwischen dürfte sich
diese Tendenz verstärkt haben.
Bereits im März habe das Institut berechnet, wie sich der Wegfall
neuer US-Hilfen auswirken könnte, sagte Taro Nishikawa,
Projektleiter des Ukraine Support Trackers beim IfW der dpa. Demnach
müsste Europa jährlich 82 Milliarden Euro stemmen, um das
Unterstützungsniveau für Kiew aufrechtzuerhalten. Wenn sogar - wie
in diesem Fall - bereits zugesagte Hilfen wegfielen, sei die zu
füllende Lücke sogar noch größer.
Gerade auf Deutschland kommt es unter diesen Umständen an. Doch
welche Möglichkeiten gibt es, die Flugabwehr zu verstärken? Berlin
hat neben den US-Patriot-Systemen aus dem Bundeswehrbestand auch die
Eigenproduktion Iris-T an Kiew übergeben. Laut Bundesregierung
stehen inzwischen sechs solcher Systeme in der Ukraine. Diese haben
sich beim Schutz von Städten bewährt.
Allerdings haben sie ihre Beschränkungen. Sie sind auf kurze und
mittlere Entfernungen ausgelegt. Für die Abwehr von Drohnen sind
zudem auch die von Deutschland gelieferten Flugabwehrkanonenpanzer
Gepard geeignet. Ballistische Raketen können allerdings bisher nur
mit Patriot-Systemen abgefangen werden.
Reaktion aus Kiew - und aus Moskau
In Kiew wurde nach Bekanntwerden des Lieferstopps der
stellvertretende Leiter der US-Botschaft John Ginkel ins
Außenministerium einbestellt. Die ukrainische Vizeaußenministerin
Marjana Bez betonte, dass jede Verzögerung der Waffenhilfen Russland
nur dazu anhalte, weiter auf Krieg und Terror zu setzen, statt
Frieden zu suchen.
Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte zudem mit, dass es
offiziell nicht über eine "Einstellung oder Revision der Lieferpläne
für die vereinbarte Militärhilfe" informiert worden sei. "Das
Verteidigungsministerium der Ukraine hat ein Telefongespräch mit den
Kollegen in den USA für eine zusätzliche Klärung der Details
angefragt", schrieb die Behörde in sozialen Netzwerken. Anschließend
werde entweder das Verteidigungsministerium oder das
Außenministerium über die Ergebnisse informieren.
Moskau reagierte hingegen erfreut und siegesgewiss. Die Entscheidung
hänge wohl mit den leeren Waffenarsenalen in den USA zusammen, sagte
Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Aber in jedem Fall, je weniger Waffen
die Ukraine bekommt, desto näher ist das Ende der militärischen
Spezialoperation", sagte er. Mit "militärischer Spezialoperation"
bezeichnet Moskau euphemistisch seinen seit drei Jahren währenden
Angriffskrieg gegen die Ukraine./fsp/DP/stw
AXC0269 2025-07-02/22:21
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Autor: - dpa-AFX
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