WDH: Frankreich setzt auf Hightech-Box gegen Ärztemangel |
16.09.2025 09:01:00 |
(Wiederholung: Überschrift präzisiert)
PARIS/SAINT-GEORGES-MOTEL (dpa-AFX) - Kabinen mit Medizingeräten und
ärztlicher Videoberatung sind als Alternative zur klassischen
Arztpraxis in ländlichen Gemeinden Frankreichs auf dem Vormarsch. In
den Räumen können Menschen nicht nur mit einer Ärztin oder einem
Arzt ein Videotelefonat führen, sondern haben auch eine Station mit
medizinischen Geräten zur Verfügung, die zur Untersuchung während
des Beratungsgesprächs eingesetzt werden können.
Bis Januar soll sich die Anzahl der aufgestellten medizinischen
Boxen des Unternehmens "Box médicale" fast verzehnfachen - von
derzeit 12 auf 100 Stück, in ganz Frankreich verteilt, berichtet der
Betriebsleiter, Sébastien Touchais, der Deutschen Presse-Agentur
(dpa). Die Boxen sollen vor allem Gemeinden helfen, die mit einem
Mangel an Ärztinnen und Ärzten zu kämpfen haben. Es sind im Fall von
"Box médicale" schlichte, begehbare weiße Container. Die darin
vorhandenen Vorrichtungen für Televisiten bieten mehrere Unternehmen
in Frankreich an, etwa Tessan oder Medadom. Sie haben auch kleinere
Kabinen im Angebot, die Telefonzellen ähneln und beispielsweise in
Apotheken platziert werden können.
In ländlichen Gebieten Frankreichs ist der Zugang zu ärztlicher
Beratung für jeden Dritten erschwert, wie die nationale
Statistikbehörde Insee im vergangenen Jahr berichtete. Auch in
Deutschland fehlen Ärztinnen und Ärzte: Mehr als 5.000 Hausarztsitze
sind laut Bertelsmann Stiftung nicht besetzt. Die Zahl werde sich in
den nächsten fünf Jahren sogar verdoppeln.
Ein "Riesenerfolg" in kleinen Gemeinden
In der kleinen französischen Gemeinde Saint-Georges-Motel mit 880
Einwohnerinnen und Einwohnern gibt es die Box seit April. "Es ist
ein Riesenerfolg", sagt Bürgermeister Jean-Louis Guirlin der dpa.
Die Rückmeldungen von Nutzerinnen und Nutzern seien sehr positiv.
Die Box sei außer an Feiertagen täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet.
Termine lassen sich telefonisch, online oder über einen QR-Code per
Smartphone buchen. Derzeit würden zwei bis drei Konsultationen pro
Tag durchgeführt. Auch er selbst sei schon zu Beratungen
vorbeigekommen, berichtet der Bürgermeister.
Im Innern des Containers befinden sich ein Stuhl und eine Station
mit Bildschirm sowie den medizinischen Instrumenten: Thermometer,
Blutdruckmessgerät, Oximeter, Dermatoskop, Ohrenspiegel und
Stethoskop. Ein Einwohner erklärt in einem Beitrag des französischen
Senders TF1: "Sie müssen nur den Anweisungen folgen und Ihre
Krankenversicherungskarte einlegen." Dann würden Fragen gestellt und
Tests durchgeführt, am Ende ein Rezept ausgestellt. "Das ist schnell
und effizient", so der Mann.
Desinfektion der Box mit UV-C-Strahlen
Nach jeder Konsultation wird der Raum samt Geräten automatisch mit
keimtötenden UV-C-Strahlen desinfiziert. Das sei ein Vorteil, weil
es bei Epidemien wie Grippe kein Ansteckungsrisiko zwischen
Patienten gebe, wie sonst im Wartezimmer von Praxen, erklärt
Bürgermeister Guirlin. Die Anschaffung der medizinischen Box kostete
nach Angaben von Guirlin 50.000 Euro. Für den Betrieb zahlt die
Gemeinde zudem 6.000 Euro pro Jahr.
Touchais zufolge plant sein Unternehmen, in drei Jahren auch im Rest
Europas zu expandieren - dabei müsse man aber unterschiedliche
Regulierungsvorgaben beachten. Einfach einen "Klon" der
medizinischen Box aus Frankreich in anderen Ländern einzusetzen,
gehe daher nicht, erklärt der Betriebsleiter.
Bedenken bei Patientenverband
Aus ethischer Sicht sei per se nichts dagegen einzuwenden, dass
vermehrt neue Technologien in der Beziehung zu Ärztinnen und Ärzten
eingesetzt werden, sagt Medizinethiker Urban Wiesing. Jedoch müsse
erforscht werden, ob es den Menschen damit wirklich besser gehe und
Herausforderungen wie Wahrung der informationellen Selbstbestimmung
oder Ungenauigkeiten bei Diagnosen beachtet werden. "Die Medizin
soll nutzen und nicht schaden", so Wiesing.
Der französische Dachverband für Patientenvereinigungen (France
Assos Santé) betont, dass Teleberatungs-Kabinen "einen medizinischen
Service bieten, der ziemlich eingeschränkt ist". Es gebe keine
direkte Weitervermittlung an Fachkräfte, die die Patientinnen und
Patienten bei Bedarf persönlich sehen, operieren oder längerfristig
betreuen könnten - die Behandlung ende, sobald der
Computerbildschirm ausgehe. Schwierig sei das zum Beispiel für
chronisch kranke Menschen. Die Boxen könnten dann keinen richtigen
Mehrwert bieten, sondern würden nur Geld kosten.
Deshalb fordert der Verband, dass die Boxen in enger Abstimmung mit
anderen Gesundheitsakteuren in der Region aufgestellt werden und
eine Anbindung an die regionale Versorgungsstruktur
erfolgt./vni/DP/zb
AXC0074 2025-09-16/09:01
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Autor: - dpa-AFX
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