Ökonomen-Stimmen zur Zinsentscheidung der US-Notenbank |
17.09.2025 21:52:00 |
FRANKFURT/WASHINGTON (dpa-AFX) - Erstmals seit rund einem
Dreivierteljahr hat die US-Notenbank den Leitzins gesenkt. Dieser
liege nun in der Spanne von 4,0 bis 4,25 Prozent, teilte die Federal
Reserve (Fed) in Washington mit. Viele Analysten hatten sich bereits
darauf eingestellt, nachdem der Arbeitsmarkt in den Vereinigten
Staaten deutlich geschwächelt hatte. US-Präsident Donald Trump hatte
zudem vehement einen niedrigeren Zins verlangt - dies dürfte aber
bei der jetzigen Entscheidung nur eine untergeordnete Rolle gespielt
haben. Für den weiteren Jahresverlauf signalisieren die Projektionen
der Notenbank weitere Leitzinssenkungen um insgesamt 0,50
Prozentpunkte.
Einschätzungen von Ökonomen im Überblick:
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank:
"Die Fed bleibt ihrem Mandat und ihrer Unabhängigkeit bislang
absolut treu. Die Zinssenkung ist makroökonomisch voll vertretbar
und war an den Kapitalmärkten genau so erwartet worden. Noch
funktioniert die unabhängige Geldpolitik in den USA. Fragt sich nur,
wie lange noch."
Bernd Weidensteiner, Ökonom bei der Commerzbank:
"Überraschenderweise fiel die Entscheidung nahezu einstimmig,
lediglich der im Schnellverfahren neu ernannte Fed-Gouverneur Miran
sprach sich für eine stärkere Senkung aus. Powell dämpfte die
Hoffnungen auf kräftige weitere Zinssenkungen, auch wenn die Fed auf
die gestiegenen Risiken für die Beschäftigung verweist."
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank:
"Den Forderungen des Weißen Hauses nach einer deutlichen Reduktion
des Leitzinses wird die US-Notenbank unter Jerome Powell nicht
nachkommen. Hierfür sind Inflationsgefahren zu groß. Die höheren
Zölle haben den Preisauftrieb bereits moderat erhöht. Das Risiko
besteht, dass sich dies in kommenden Monaten noch beschleunigt.
Sollte Donald Trump im kommenden Jahr einen Kandidaten nach seinem
Zuschnitt auf den Chefsessel der Fed setzen, dürfte die Zinspolitik
ohnehin einer Zäsur unterliegen. Zu befürchten ist, dass das
Inflationsziel hintenanstehen muss und es dann zu deutlichen
Zinssenkungen kommt."
Elmar Völker, Analyst bei der LBBW:
"Ob auf die heutige Senkung eine Serie weiterer Lockerungsschritte
folgt, ist damit indes trotz der hierauf hindeutenden Projektion
noch nicht ausgemacht. Die Fed steckt in einem Dilemma zwischen der
unerwartet deutlichen Verschlechterung der Arbeitsmarktlage und
einem weiterhin drohenden Inflationsschub aufgrund der Zollpolitik
der US-Regierung. Zudem muss sie sich des Verdachts erwehren, ihre
Geldpolitik wegen des beständigen Drängens auf niedrige Zinsen aus
dem Weißen Haus zu lockern und mithin ihre Glaubwürdigkeit an den
Finanzmärkten einzubüßen. Die Gefahr geldpolitischer Fehltritte
wächst in dieser Gemengelage. Wir halten angesichts der
Inflationsgefahren weiterhin ein vorsichtiges Vorgehen bei weiteren
Zinssenkungen für angebracht, können aber auch nicht ausschließen,
dass sich die Fed nun schwerpunktmäßig von Arbeitsmarktsorgen
treiben lässt."
Carlos de Sousa, Portfoliomanager bei Vontobel:
"Künftig wird die Fed zweifellos vor der komplexen Aufgabe stehen,
ihr doppeltes Mandat inmitten eines sich abschwächenden
US-Arbeitsmarktes und einer anhaltend hohen Inflation
auszubalancieren. Der Druck, die Zinsen weiter zu senken, wird die
Situation zusätzlich erschweren. Vor diesem Hintergrund dürften
Anleger weiterhin diversifizieren und sich von den USA abwenden, in
einer Welt in der sich die Risiken zunehmend auf die größte
entwickelte Nation konzentrieren."
Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust:
"Zwei Aspekte sprechen trotz der Überschreitung des Inflationsziels
für die Zinssenkung. Zum einen muss die Zinspolitik aufgrund
zeitlicher Wirkungsverzögerungen frühzeitig handeln, um einer
weiteren Abkühlung am Arbeitsmarkt entgegenzuwirken und zum anderen
liegen die Leitzinsen mit 4-4,25 % immer noch auf einem relativ
hohen, inflationsdämpfenden Niveau. Die Gratwanderung zwischen hoher
Inflation und schwacher Beschäftigung wird sich fortsetzen. Die
Abkühlung des Arbeitsmarktes wird dem preissteigernden Effekt der
höheren Zölle zwar etwas entgegenwirken, aber in den kommenden
Monaten ist mit anhaltend hohen Preisniveausteigerungen zu rechnen."
Thomas Altmann, Head of Portfoliomanagement, QC Partners:
"Der neue Fed-Governeur Stephen Miran feiert einen Einstand mit
einem Paukenschlag. Er ist mit seinem Votum für einen 50 Basispunkte
Schritt die einzige Gegenstimme. Damit zeigt er deutlich, wem er
diesen Posten zu verdanken hat. Und wohl auch, wem er gefallen will.
Lisa Cook hat erwartungsgemäß mit Jerome Powell gestimmt. Und auch
die beiden Abweichler der letzten Senkung haben sich dem 25
Basispunkte Votum angeschlossen."
Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz: "Auf ihrer heutigen
Sitzung diagnostizierte die FED eine Verlangsamung der
Beschäftigungsentwicklung, die auf eine nachlassende konjunkturelle
Dynamik und einen perspektivisch nachlassenden Preisdruck hinweise.
Deshalb sei eine schrittweise Senkung der Zinsen in Richtung des
neutralen Niveaus angebracht, welches die FED unverändert im Bereich
von 3 Prozent verortet. Etwas überraschend hat das FOMC seine
Prognosen zu Wachstum und Inflation im nächsten Jahr etwas
angehoben. Wohl auch deshalb zeigt der Zinsausblick ("Dot Plot") im
Vergleich zur Junisitzung nur einen zusätzlichen Schritt in diesem
Jahr und unverändert eine Zinssenkung 2026."
/jsl/
AXC0255 2025-09-17/21:52
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Autor: - dpa-AFX
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