ROUNDUP: Wehrdienst-Gesetz stockt - Pflichtjahr wieder im Gespräch |
06.10.2025 15:11:00 |
BERLIN (dpa-AFX) - Der Vorstoß von Bundeskanzler Friedrich Merz
(CDU) für ein allgemeines Pflichtjahr stößt auf Zustimmung und
Kritik. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kann sich für
die Idee erwärmen, ebenso der ranghöchste Soldat der Bundeswehr,
Generalinspekteur Carsten Breuer. Alle machen aber gleichzeitig
deutlich: Die Hürden sind hoch und Zeit, dieses große Rad zu drehen,
hat Deutschland jetzt nicht.
Union und SPD suchen daher zunächst weiterhin nach einer Lösung für
ihr Gesetz zum neuem freiwilligen Wehrdienst. Strittig ist, wie
darin für den Fall vorgesorgt wird, dass nicht genügend Freiwillige
für die Bundeswehr gewonnen werden können. Die Beratungen über den
Gesetzentwurf wurden nach Angaben beider Seiten um eine Woche
verschoben. Von der Tagesordnung des Bundestages in dieser Woche
verschwand der Punkt zunächst wieder.
Grundgesetzänderung für Pflichtjahr nötig
"Ich bin dafür, dass wir ein allgemeines gesellschaftliches
Pflichtjahr in Deutschland etablieren", hatte Merz am Sonntagabend
in der ARD-Sendung "Caren Miosga" gesagt. Das ist auch CDU-Linie und
steht im Grundsatzprogramm der Partei. Pistorius sagte im Podcast
"Table Today", er habe viel Sympathie dafür. Der
Verteidigungsminister verwies wie auch zuvor schon Merz darauf, dass
für ein solches Pflichtjahr eine Grundgesetzänderung nötig wäre. Die
notwendigen Zweidrittelmehrheiten seien dafür aktuell nicht
absehbar.
"Diese Zeit haben wir nicht"
Pistorius plädierte dafür, diese Debatte jetzt nicht zu führen, um
das, was notwendig sei, nicht zu verzögern. Ähnlich äußerte sich
Generalinspekteur Breuer: "Als Staatsbürger würde ich sagen: Ja,
sofort, absolut richtig ein Gesellschaftsjahr", sagte er im
ARD-"Morgenmagazin". Das bedeute aber, dass eine Grundgesetzänderung
nötig werde. "Das würde auf jeden Fall länger dauern, und diese Zeit
haben wir nicht."
Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) lehnt die
Einführung eines Pflichtjahres ab und setzt auf Freiwilligkeit. Zwar
würden damit mehr Menschen den Einsatzstellen zugeführt werden,
diese "zeichnen sich durch die Verpflichtung jedoch durch
Desinteresse und fehlende Motivation aus", sagte Vorstand Jan Holze
"Rheinischen Post".
Koalition sucht gemeinsame Linie bei Wehrdienst
Beim geplanten neuen Wehrdienst suchen Union und SPD weiterhin eine
gemeinsame Linie. Den Plänen zufolge müssen ab dem kommenden Jahr
junge Männer, die 18 Jahre alt werden, in einem Fragebogen Auskunft
geben, ob sie zu einem Wehrdienst fähig und bereit sind. Ab Juli
2027 soll auch wieder gemustert werden. Wer sich für den neuen
freiwilligen Wehrdienst entscheidet, bekommt etwa 2.300 Euro netto
Startgehalt, statt wie bisher 1.600 bis 1.700 Euro, wie ein Sprecher
des Bundesverteidigungsministeriums erläuterte. Außerdem zahlt die
Bundeswehr Wehrdienstleistenden beim mittlerweile sehr teuren
Auto-Führerschein bis zu 3.500 Euro dazu.
SPD optimistisch, Union skeptisch
Die SPD und Verteidigungsminister Pistorius zeigen sich
optimistisch, dass so genügend Freiwillige gewonnen werden können.
Ziel ist es früheren Angaben zufolge, bis 2029 auf jährlich 30.000
neue Soldaten zu kommen. So soll eine Zielmarke von 100.000
zusätzlich ausgebildeten Reservisten erreicht werden. Die Union ist
skeptisch: "Ich bin dafür, dass wir das machen, was wir im
Koalitionsvertrag verabredet haben, nämlich vorläufig freiwillig.
Aber ich vermute, es wird bei Freiwilligkeit allein nicht bleiben",
sagte Merz bei "Caren Miosga".
CDU und CSU für "mehr Verbindlichkeit"
SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf kritisierte die Union: "Wir
haben uns in der Koalition auf einen ganz klaren Weg verständigt:
Das ist der freiwillige Wehrdienst", betonte er zum Wochenbeginn in
Berlin. Er könne nicht nachvollziehen, dass dies aus den Reihen von
CDU und CSU immer wieder infrage gestellt werde. CDU-Generalsekretär
Carsten Linnemann sagte, die Union wolle - auch perspektivisch -
mehr Verbindlichkeit. Zwischen einem verpflichtenden Wehrdienst und
einer Fragebogen-Lösung gebe es "sehr viel Platz, um etwas mehr
Verbindlichkeit herzustellen".
Detailfragen im Gesetz sind Knackpunkt
Im gemeinsamen Gesetzentwurf, den das Kabinett schon beschlossen hat
und der jetzt zur Beratung im Bundestag liegt, ist zwar eine Option
für einen Pflichtwehrdienst festgehalten, "wenn die
verteidigungspolitische Lage einen schnellen Aufwuchs der
Streitkräfte zwingend erfordert, der auf freiwilliger Grundlage
nicht erreichbar ist." Es bräuchte dafür dann eine Verordnung des
Bundeskabinetts mit anschließender Zustimmung des Bundestages, so
der Entwurf.
Das ist der Union zu schwammig, wie aus Fraktionskreisen zu hören
ist. Sie drängt auf Mechanismen im Gesetz, die schneller greifen,
etwa wenn bestimmte Zahlen durch Freiwilligkeit nicht erreicht
werden, ohne dass noch einmal lange Beratungen und Debatten
notwendig werden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte
die Kritik am Wochenende in der "Bild am Sonntag" zugespitzt: "Eine
Wischiwaschi-Wehrpflicht hilft niemandem."
Möglichkeit für Änderungen in den Beratungen
In der Regel gehen Gesetze nicht so aus dem Bundestag, wie sie
eingebracht wurden. An die erste Beratung im Plenum schließen sich
weitere Beratungen in den Ausschüssen und Expertenanhörungen an,
bevor eine Abstimmung ansteht. Auch beim Wehrdienstgesetz dürfte es
bis dahin noch zu Änderungen kommen./jr/DP/nas
AXC0171 2025-10-06/15:11
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Autor: - dpa-AFX
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