ROUNDUP: Paris in politischer Krise - Wird Frankreich unregierbar? |
07.10.2025 07:05:00 |
PARIS (dpa-AFX) - Mit dem überraschenden Rückzug von Frankreichs
Premier Sébastien Lecornu ist Präsident Emmanuel Macron rapide unter
Druck geraten, und die Opposition ruft wieder laut nach seinem
Rücktritt. Mit einer unerwarteten Entscheidung verschaffte sich
Macron nun aber Luft.
Der Präsident bestellte den Premier, dessen Rücktritt er am
Montagmorgen im Élysée-Palast angenommen hatte, am Nachmittag erneut
zu sich. Der Auftrag: Der weiterhin geschäftsführend amtierende
Lecornu soll bis Mittwochabend mit den politischen Kräften Gespräche
über einen Ausweg aus der Krise führen.
Macron muss zwischen neuem Premier und Neuwahlen entscheiden
Damit hat Macron zwar Zeit, aber keinen Handlungsspielraum gewonnen.
Denn Lecornu hat bereits klargemacht, dass er nicht als Premier
weitermachen will, selbst wenn ihm die "Mission impossible" gelingt.
Macron muss also spätestens ab Donnerstag abermals auf die Suche
nach einem Premierminister gehen oder das Parlament auflösen und
Neuwahlen ausrufen.
Die Ernennung eines neuen Premiers für sich garantiert keine
politische Stabilität. Denn weder Macrons Mitte-Bündnis noch das
linke oder rechte Lager haben in der Nationalversammlung eine
Mehrheit. Die Bildung einer regierungsfähigen Koalition ist bisher
nicht gelungen. Seit den vorgezogenen Parlamentswahlen im Sommer
2024 sind - Lecornu mitgerechnet - drei Premierminister als
Regierungschef gescheitert.
Neuer Premier kein Garant für politische Stabilität
Ob im vierten Anlauf ein Regieren mit dem gespaltenen Parlament
gelingt, ist fraglich. Denn egal aus welchem Lager ein künftiger
Premierminister oder eine künftige Premierministerin stammt, ihm
oder ihr droht aus den konkurrierenden Blöcken schnell ein
Misstrauensvotum. Selbst wenn Macron nach zwei gescheiterten
Mitte-Rechts-Regierungen auf den Ruf der Sozialisten und Kommunisten
eingehen würde, einen Premier aus dem linken Lager zu ernennen,
hätte ein solcher im Moment keine Mehrheit im Parlament. Frankreich
bliebe schwer regierbar und der angeschlagene Macron unter Druck.
Macron werde "seine Verantwortung übernehmen", wenn Lecornus letzte
Verhandlungen scheiterten, hieß es am Montagabend aus dem Umfeld des
Präsidenten. Einen Rücktritt hatte Macron zwar auch vor Kurzem noch
ausgeschlossen. Die Ankündigung wurde allerdings so gedeutet, dass
Macron dann das Parlament auflöst und Neuwahlen anberaumt.
Mit Neuwahlen geht Macron Risiko ein
Ob eine Neuwahl klare Verhältnisse schafft oder ob die Situation
noch verfahrener wird, ist derzeit nicht abzusehen. Sollte ein
anderer Block als Macrons Mitte-Lager die absolute Mehrheit
erlangen, wäre Macron de facto gezwungen, einen Premier aus dessen
Reihen zu ernennen. Dann gäbe es eine sogenannte Kohabitation.
Macrons Macht würde deutlich schrumpfen, der Premier würde
wichtiger.
Denkbar ist aber auch, dass mit einer erneuten Parlamentsauflösung
keine klaren Verhältnisse geschaffen werden. Bereits im vergangenen
Jahr war dieses Kalkül von Macron nicht aufgegangen, als er
überraschend vorgezogene Parlamentswahlen ausrief. Drohen würde dann
eine weitere Phase der politischen Instabilität bis hin zum
Stillstand.
Le Pen könnte an die Macht kommen
Macron dürfte bei einer Entscheidung zu Neuwahlen auch schon die
kommende Präsidentenwahl im Blick haben, die 2027 ansteht und bei
der Gemäßigte seit Langem einen Sieg der Rechtsnationalen Marine Le
Pen befürchten. Macron selbst kann nach zwei Amtszeiten nicht mehr
antreten. Wen die Kräfte der politischen Mitte an seiner Stelle ins
Rennen schicken wollen, ist noch unklar.
Unklar ist auch, ob Le Pen selbst kandidieren können wird. Ein
Gericht hatte wegen Veruntreuung von EU-Geldern ein Wahlverbot für
die rechte Galionsfigur verhängt und angeordnet, dass die Strafe
sofort in Kraft tritt. Le Pen wehrt sich dagegen in einem
Berufungsverfahren. Sollte sie nicht antreten können, wird ihre
Partei wohl Le Pens politischen Sprössling Jordan Bardella
aufstellen.
Macron möchte eine Übergabe des Élysée an die Rechtsnationalen
unbedingt verhindern. Für ihn dürften Neuwahlen daher auch ein
weiter Versuch sein, das Rassemblement National kleinzubekommen.
Trotzdem könnte er ihnen mehr Macht bescheren./evs/DP/zb
AXC0035 2025-10-07/07:05
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Autor: - dpa-AFX
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