Dauerkrise in Paris - wie gefährdet ist die Eurozone? |
07.10.2025 09:35:00 |
PARIS/FRANKFURT (dpa-AFX) - Der nächste Premierminister
verschlissen, die Sanierung der Staatsfinanzen weiter aufgeschoben:
Die politische Krise in Frankreich wird zur Hängepartie. Bedroht die
zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone die Stabilität des
Währungsraums?
Warum ist die Lage in Frankreich so prekär?
Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat Frankreich mit 114 Prozent
die dritthöchste Schuldenquote in der Europäischen Union nach
Griechenland und Italien. Ökonomen der Commerzbank
warnen: Ohne Reformen könnte die Schuldenquote des französischen
Staats in den kommenden zehn Jahren "deutlich über 150 Prozent"
steigen.
In absoluten Zahlen lastet auf dem Land mit rund 3.300 Milliarden
Euro der höchste Schuldenberg im Euroraum. Auch die Staatsausgaben
gehören zu den höchsten in Europa. Das Haushaltsdefizit lag zuletzt
bei 5,8 Prozent. Die EU-Kommission hat im Juli 2024 ein
Defizitverfahren gegen Frankreich eröffnet.
Wie reagieren die Märkte auf das erneute Scheitern der Regierung?
Der Rücktritt des französischen Premierministers Sébastien Lecornu
nach nur vier Wochen im Amt hat die Finanzmärkte verunsichert. Am
Montag gab es Verluste an den französischen Aktienmärkten, zum
Beispiel für den dortigen Leitindex Cac 40 ging es
abwärts. Vor allem Bankwerte gerieten unter Druck. Den deutschen
Aktienmarkt brachte Lecornus überraschender Rücktritt nicht aus der
Spur. In Summe hielten sich die Marktreaktionen in Grenzen.
"Letztlich zieht man an den Finanzmärkten instabile politische
Verhältnisse ins Kalkül", erklärt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der
Liechtensteiner VP Bank.
Drohen in Frankreich italienische Verhältnisse?
Wer immer in Paris künftig regiert: Neue Schulden werden für
Frankreich zunehmend teuer. Das Land muss Investoren für neue
Staatsanleihen immer höhere Zinsen bieten. Zudem bremst die fehlende
Aussicht auf politische Reformen die Nachfrage nach französischen
Anleihen.
Die Kapitalmarktzinsen französischer Anleihen sind in diesem Jahr
deutlich gestiegen. Für zehnjährige französische Anleihen legten die
Renditen am Montag auf 3,60 Prozent zu. Für deutsche Staatsanleihen
sind es 2,71 Prozent. Mittlerweile liegen die Renditen französischer
Anleihen über dem Niveau vergleichbarer Papiere südeuropäischer
Länder wie Italien oder Griechenland.
Inwiefern verschärfen Urteile der Ratingagenturen die Krise?
Mitten in der Haushaltskrise stufte die Ratingagentur Fitch Mitte
September auch noch die Kreditwürdigkeit Frankreichs herab. Die
Bonität der zweitgrößten Euro-Volkswirtschaft wurde von AA- auf A+
gesenkt. Das erschwert es Frankreich zusätzlich, sich am
Kapitalmarkt frisches Geld zu besorgen.
Fitch begründete den Schritt mit geringen Erfolgschancen für
Wirtschaftsreformen, weil das Land innenpolitisch polarisiert und
instabil sei: "Wir gehen davon aus, dass der Vorlauf zur
Präsidentschaftswahl 2027 den Spielraum für eine
Haushaltskonsolidierung in naher Zukunft weiter einschränken wird
und halten es für sehr wahrscheinlich, dass die politische
Pattsituation auch nach der Wahl andauern wird."
Wird Frankreich zur Gefahr für die Eurozone?
Die Staatskrise bleibe auf Frankreich begrenzt und habe nur wenig
Auswirkungen auf die übrigen Eurostaaten, kommentiert der
Anleihen-Fachmann Peter Goves von MFS Investment Management. Auch
Bankvolkswirte halten die Gefahr für gering, dass es zu einer neuen
Krise im gesamten Euroraum kommt - unter anderem, weil die
Europäische Zentralbank (EZB) umfangreiche Instrumente hat, um
notfalls einzugreifen.
Kann die EZB dem Land helfen?
Die Europäische Zentralbank könnte im Rahmen des "Transmission
Protection Instrument" (TPI) im Krisenfall Anleihen einzelner
Eurostaaten in unbegrenztem Umfang kaufen. Wenn eine Notenbank in
großem Stil Staatsanleihen kauft, muss der jeweilige Staat nicht so
hohe Zinsen für Wertpapiere bieten und kommt günstiger an frisches
Geld. Gedacht ist das TPI jedoch für den Fall, dass die
Anleihenzinsen durch Finanzspekulation unverhältnismäßig stark
steigen - nicht, weil eine Regierung schlechte finanzpolitische
Entscheidungen trifft.
Ohne direkt auf Frankreich einzugehen, verwiesen die
Euro-Währungshüter nach ihrer jüngsten Sitzung Mitte September auf
das TPI, das ihnen die Möglichkeit eröffne, "ungerechtfertigten,
ungeordneten Marktdynamiken entgegenzuwirken". EZB-Präsidentin
Christine Lagarde ging auf Nachfrage nicht näher auf die politische
Lage in ihrem Heimatland ein. Sie äußerte allgemein die Hoffnung,
dass politische Entscheidungsträger alles tun werden, um
"Unsicherheit so weit wie möglich zu reduzieren"./ben/jsl/DP/zb
ISIN FR0003500008 DE000CBK1001
AXC0068 2025-10-07/09:35
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Autor: - dpa-AFX
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