Erleichterung in Nahost nach Einigung bei Gaza-Gesprächen |
09.10.2025 15:09:00 |
TEL AVIV/GAZA/WASHINGTON (dpa-AFX) - Die Einigung zwischen Israel
und der Hamas über wichtige Punkte bei den Verhandlungen zur
Beendigung des Gaza-Kriegs löst in der Region große Erleichterung
aus. Die Vereinbarung sieht die Freilassung der in den Gazastreifen
verschleppten Geiseln sowie die das Zurückziehen der israelischen
Truppen auf eine vereinbarte Linie vor. Israels Regierung um
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu muss nach Berichten aber die
Übereinkunft noch offiziell absegnen.
Am späten Nachmittag (Ortszeit) kommt einem Bericht der "Times of
Israel" zufolge zunächst das Sicherheitskabinett zusammen,
anschließend die gesamte Regierung. Netanjahus rechtsextremer
Koalitionspartner Bezalel Smotrich kündigte in einem X-Beitrag an,
er und seine Partei würden dem Deal nicht zustimmen. Es wird dennoch
mit einer deutlichen Mehrheit für das Abkommen gerechnet. Mit der
Billigung soll dann auch die vereinbarte Waffenruhe in Kraft treten.
Durchbruch nach wenigen Tagen der Gespräche
Nur wenige Tage nach Beginn der indirekten Verhandlungen unter
Vermittlung von Ägypten, Katar, der Türkei und den USA im
ägyptischen Scharm el Scheich verkündete US-Präsident Donald Trump
in der Nacht zu Donnerstag den Durchbruch bei den Gesprächen.
Israels Regierungschef Netanjahu und die Hamas bestätigten die
Einigung auf die erste Phase eines von Trump vorgelegten
Friedensplans, der den Weg zu einem Ende des Kriegs ebnen soll.
Auslöser des Gaza-Kriegs war der Terrorangriff der Hamas und anderer
islamistischer Terrorgruppen auf Israel am 7. Oktober 2023. Etwa
1.200 Menschen wurden dabei getötet und mehr als 250 als Geiseln in
den Gazastreifen verschleppt. Israel reagierte seinerseits mit
schweren Angriffen. Seitdem wurden laut der von der Hamas
kontrollierten Gesundheitsbehörde in dem umkämpften Küstenstreifen
mehr als 67.000 Palästinenser getötet.
Freude in Israel und dem Gazastreifen - aber auch Sorge
In Israel sorgte die Einigung für große Freude. Auf dem "Platz der
Geiseln" im Zentrum von Tel Aviv versammelten sich zahlreiche
Menschen. Es wurde gejubelt, gesungen, getanzt und geklatscht.
Einige schwenkten israelische und US-Flaggen. "Alle von ihnen -
jetzt!", riefen sie zudem. Bei vielen ist die Erleichterung auch von
Vorsicht begleitet. "Wir sind auch immer noch angespannt und hoffen,
dass alles so läuft wie geplant", sagte ein Israeli.
Im Gazastreifen rief die Nachricht über einen Durchbruch große
Emotionen hervor. "Meine erste Reaktion war, hemmungslos zu weinen",
sagte ein Palästinenser. Er fühle nun Freude, aber auch Trauer - vor
allem wegen der Angehörigen, die er in dem zwei Jahre dauernden
Krieg verloren habe.
Was wurde vereinbart?
Bekannt ist, dass nun zunächst die in den Gazastreifen verschleppten
Geiseln freigelassen werden sollen. Dafür soll Israel seine Truppen
auf eine vereinbarte Linie zurückziehen. Im Gazastreifen befinden
sich noch 48 Geiseln, von denen nach israelischen Informationen noch
20 am Leben sind. Israel soll im Gegenzug rund 250 zu lebenslanger
Haft verurteilte palästinensische Häftlinge sowie etwa 1.700 nach
dem 7. Oktober 2023 Inhaftierte freilassen.
Die USA hatten betont, dass die Geiseln absolute Priorität hätten.
In einer zweiten Phase von Verhandlungen sollen Bedingungen
geschaffen werden, die einen Frieden langfristig sichern. So ist ein
vollständiger Rückzug Israels aus Gaza laut Trumps Plan erst zu
einem späteren Zeitpunkt vorgesehen, wenn eine internationale
Stabilisierungstruppe (ISF) für Sicherheit vor Ort sorgt. Auch um
eine Entwaffnung der Hamas wird es zu einem späteren Zeitpunkt
gehen.
Was ist unklar?
Es ist bisher nicht vollends klar, wann genau die Geiseln in den
kommenden Tagen freigelassen werden - und ob es wirklich alle auf
einmal sein und auch die sterblichen Überreste der Geiseln, die tot
entführt wurden oder nicht überlebt haben, an Israel übergeben
werden. Offen ist auch, welche palästinensischen Häftlinge Israel
für die Geiseln freilässt. Auch dies war ein Streitpunkt in den
Verhandlungen.
Es wird jedoch vermutet, dass die Geiseln am Samstag, Sonntag oder
Montag freigelassen werden könnten. Der Friedensplan sieht eine
Frist von 72 Stunden nach Inkrafttreten der Vereinbarung vor - es
hängt also auch davon ab, wann sie unterzeichnet wird. Zur
Unterzeichnung gibt es noch keine offiziellen Informationen.
Die Islamistenorganisation erklärte sich bereits vergangene Woche
damit einverstanden, dass der Gazastreifen nach Kriegsende zunächst
von einer Übergangsregierung palästinensischer Technokraten unter
Aufsicht eines internationalen Gremiums regiert werde. Es ist aber
unklar, ob sie damit auch der Forderung von Trumps Friedensplan
zustimmte, dass sie selbst dabei keine Rolle spielen darf. Diese
Frage dürfte aber auch in folgenden weiteren Verhandlungen fallen.
Bundeskanzler Merz zuversichtlich
Auch außerhalb Israels sorgte die Nachricht über die Einigung für
Optimismus. Bundeskanzler Friedrich Merz zeigte sich etwa
zuversichtlich - zugleich warnte er aber auch vor einer voreiligen
Bewertung. "Also die Hoffnungen, auch was Israel betrifft und den
Gazastreifen betrifft, haben hier in der letzten Nacht noch einmal
zugenommen, aber noch ist das nicht wirklich abgeschlossen", sagte
der CDU-Chef vor Journalisten in Berlin. "Die Entwicklung in Israel
macht uns Mut."
Spitzenvertreter der EU kündigten nach dem Durchbruch bei den
Verhandlungen Hilfe an. Die EU werde weiterhin die schnelle und
sichere Lieferung humanitärer Hilfe in den Gazastreifen
unterstützen, teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
mit. Und wenn die Zeit reif dafür sei, werde die EU auch
bereitstehen, um den Wiederaufbau zu unterstützen.
Die Konfliktparteien forderte von der Leyen auf, die getroffene
Vereinbarung vollständig einzuhalten. "Die heutige Chance muss
genutzt werden", schrieb sie in sozialen Netzwerken. Sie sei eine
Gelegenheit, einen glaubwürdigen politischen Weg hin zu dauerhaftem
Frieden und Sicherheit mit einer Zweistaatenlösung einzuschlagen.
Arabische Länder begrüßen Einigung
Arabische Länder drückten ihre Hoffnung auf Stabilität aus. Ägyptens
Präsident Abdel Fattah al-Sisi sprach von einem "historischen
Moment". Das Abkommen schließe nicht nur das Kapitel des Kriegs. "Es
öffnet auch das Tor der Hoffnung für die Völker der Region - für
eine Zukunft, die von Gerechtigkeit und Stabilität geprägt ist", so
al-Sisi in einem Post auf X.
Auch Saudi-Arabien begrüßte die Einigung und lobte die Bemühungen
von Trump und der anderen Vermittler, wie das Außenministerium
erklärte. Der einflussreiche Golfstaat hoffe, dass die Menschen im
Gazastreifen nun schnell Hilfe erhielten. Israel müsse sich
vollständig zurückziehen, damit Sicherheit und Stabilität
wiederhergestellt werden könnten./rme/DP/men
AXC0209 2025-10-09/15:09
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Autor: - dpa-AFX
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