| ROUNDUP 5/Ein Linker mit Obama-Flair: Mamdani triumphiert in New York |
| 05.11.2025 17:24:00 |
(Neu: weitere Details)
NEW YORK (dpa-AFX) - Es ist 23.18 Uhr als Zohran Mamdani auf die
Bühne eines zum Bersten gefüllten Theaters im New Yorker Stadtteil
Brooklyn tritt. "In diesem Moment der politischen Dunkelheit wird
New York das Licht sein", ruft er seinen jubelnden Anhängern zu.
Dann richtet er sich direkt an den US-Präsidenten: "Donald Trump,
weil ich weiß, dass Sie zuschauen", sagt er. "Drehen Sie lauter!"
New York werde eine Stadt der Einwanderer bleiben. "Um an einen von
uns zu kommen, müssen Sie an allen von uns vorbei."
Bis zuletzt hatte Mamdani seine Anhänger gewarnt: Bloß nicht
überheblich werden. Weiter Wahlkampf machen, so tun, als seien die
Umfragen nicht deutlich auf ihrer Seite. Jetzt hat er es geschafft,
den Erwartungen vieler zum Trotz: Der 34 Jahre alte linke Demokrat,
der erst 2018 US-Staatsbürger wurde und 2021 erstmals ein
politisches Amt übernahm, wird im Januar New Yorks nächster
Bürgermeister - als erster Muslim an der Spitze der Stadtverwaltung.
Seine Unterstützer jubeln, einige weinen, andere fallen sich in die
Arme. Mamdani betont, er wolle ein Bürgermeister für alle New Yorker
sein. Er spricht von seinem Stolz auf die Vielfalt der
Millionenmetropole.
Trump zu New Yorkern: Wählt Cuomo
Mit knapp zehn Prozentpunkten lag Mamdani nach vorläufigen
Hochrechnungen der Wahlleitung weit vor dem gemäßigten Demokraten
Andrew Cuomo, der nach seiner Niederlage in der Vorwahl als
unabhängiger Kandidat angetreten war. Der Republikaner Curtis Sliwa
hatte von Beginn an kaum Chancen.
Nach nur wenigen Jahren als Abgeordneter im Parlament des
Bundesstaates New York wird Mamdani bald die größte Stadt der USA
regieren. Der in Uganda geborene Sohn indischstämmiger Eltern - die
Mutter Filmemacherin, der Vater Professor - mobilisierte vor allem
junge Menschen, New Yorker mit Einwanderungsgeschichte und
Gewerkschaften.
Für US-Präsident Trump ist der Linke dagegen ein rotes Tuch: Der
Republikaner nennt Mamdani einen gefährlichen "Kommunisten", drohte
mit dem Entzug von Bundesmitteln und rief die New Yorker sogar dazu
auf, für Cuomo zu stimmen.
Mamdani: Bin Trumps "schlimmster Alptraum"
Mamdani entgegnete, der Präsident fühle sich durch ihn bedroht. Wie
Trump habe er die Krise im Leben der Arbeiterklasse adressiert.
"Aber im Gegensatz zu ihm werden wir tatsächlich etwas dagegen
unternehmen", sagte der Linke.
Mamdani hat sich selbst einmal als Trumps "schlimmsten Alptraum"
bezeichnet. Doch anstatt sich auf die Dauerprovokationen des
Republikaners einzulassen, bot er konkrete Alternativen an,
zumindest auf dem Wahlplakat: bezahlbaren Wohnraum,
Gratis-Kinderbetreuung und bessere Busverbindungen in einer der
teuersten Städte der Welt - finanziert durch höhere Steuern für
Reiche und Unternehmen.
Qualitäten wie Obama?
Sein Wahlkampf war getragen von Kleinspenden und mehr als 100.000
Freiwilligen. Mit viel Straßen-Wahlkampf und großem
Social-Media-Geschick stieg Mamdani binnen weniger Monaten vom
Lokalpolitiker zum Shootingstar der amerikanischen Linken auf.
Andrew Epstein war der kreative Kopf hinter der Kampagne. Vor rund
zwölf Monaten war er der zweite Mitarbeiter Mamdanis, wie er der
Deutschen Presse-Agentur erzählt. Damals hätten Journalisten noch
kein Interesse an ihnen gezeigt - das habe sich dann im Laufe der
Monate verändert. "Surreal", nennt Epstein diese Entwicklung.
In New York genoss Mamdani zuletzt Celebrity-Status. Wenn der
34-Jährige irgendwo auftauchte, stupsten junge Frauen ihre
Freundinnen an: "Oh mein Gott, da ist Zohran!" Er wurde umarmt, um
Selfies gebeten. Seine Inhalte erreichten online ein
Millionenpublikum, und das weit über New York hinaus.
Dem jungen Politiker werden bereits Qualitäten eines Barack Obama
nachgesagt. Kurz vor der Wahl berichtete die "New York Times", der
Ex-Präsident habe Mamdani telefonisch angeboten, ihm künftig
beratend zur Seite zu stehen. Mamdani wisse die "unterstützenden
Worte" von Obama sehr wertzuschätzen, ließ seine Sprecherin
mitteilen.
Junge Großstädter feiern Mamdani
Wenngleich Mamdani sich populistischer Mittel bediente - etwa, als
er im Anzug in den eiskalten Atlantik vor Coney Island watete, um
seinen Slogan "Freeze the Rent" ("Mieten einfrieren") zu bewerben -
hatte das selten einen plumpen Anschein. Als Abgeordneter trat er
2021 in Hungerstreik, um auf die Lage von New Yorker Taxifahrern
hinzuweisen, die nach einem Wertverfall ihrer teuren Lizenzen in
existenzielle Not geraten waren. Wegen solcher Aktionen - und sicher
auch wegen seines unbestreitbaren Charismas - ist Mamdani einer, dem
viele New Yorker Glaubwürdigkeit attestieren.
Seine glühendsten Unterstützer sind junge, gut ausgebildete
Großstädter, die fühlen, dass das Kernversprechen der USA - Aufstieg
durch Leistung - für sie nicht mehr gilt. Sie haben hohe
Studienschulden, immer seltener stabile Jobs und zahlen horrende
Mieten. Familienplanung ist vor allem eine Geldfrage: In New York
kostet Kinderbetreuung schnell mehr als 20.000 Dollar im Jahr. Aber
auch bei Menschen aus der Arbeiterklasse, von denen viele einen
Migrationshintergrund haben, war die Begeisterung für Mamdani groß.
So versammelte er eine breite Bewegung hinter sich.
Bedenken bei der Parteispitze
Allerdings teilen nicht alle die Begeisterung. Seine drastische
Israel-Kritik stößt in Teilen der vielfältigen jüdischen Bevölkerung
New Yorks auf Ablehnung. Ältere schwarze und lateinamerikanische New
Yorker sehen in dem kosmopolitischen Millennial aus privilegiertem
Hause das Gesicht jener Gentrifizierung, die ihre Mieten steigen
lässt.
Mamdani bemühte sich, auch zu diesen Menschen Brücken zu schlagen.
Auf der Bühne sagte er nach seinem Wahlsieg, er wolle ein Rathaus
führen, dass jüdischen New Yorkern "standhaft zur Seite steht und im
Kampf gegen das Übel des Antisemitismus nicht wankt".
Die Parteiführung der Demokraten tut sich schwer mit dem lautstarken
Linken. Es bestehen große Zweifel, ob sein Erfolgsrezept über das
progressive New York hinaus verfangen kann. Man fürchtet, sein Image
könnte Wähler anderswo verschrecken - und glaubt nicht, dass der
junge Politiker den 116 Milliarden Dollar schweren Haushalt der
Metropole sowie Hunderttausende Beamte managen kann.
Demokraten in der Identitätskrise
Mamdanis Wahlsieg ist für gemäßigte Demokraten aber durchaus eine
Warnung: Seit Trumps Rückkehr hat die Partei noch keine gemeinsame
Linie gefunden - und der Sieg des Linken offenbart einen
ideologischen Graben. Soll sie im Kampf gegen Trump dem linken
Flügel folgen, der Umverteilung als Lösung sieht? Oder dem Kurs der
Mitte treu bleiben? In den Kongresswahlen 2026 beabsichtigen linke
Kandidaten, etablierte Amtsinhaber herauszufordern.
Mamdani wirft Demokraten und Republikanern gleichermaßen vor, wegen
ihrer Abhängigkeit von Großspendern die Arbeiterklasse aus dem Blick
zu verlieren. Für seine Steuerpläne braucht er allerdings das
Parlament des Bundesstaates sowie New Yorks Gouverneurin Kathy
Hochul - und die hält von höheren Steuern gar nichts.
In seiner Rede machte der künftige Bürgermeister deutlich, dass er
die im Wahlkampf mobilisierte Bewegung weiter nutzen will, um seine
Vorhaben durchzusetzen. Die Energie der vergangenen Monate solle
nicht verpuffen. "Diese Macht gehört Euch", rief er zum Schluss.
"Und diese Stadt gehört Euch."/gei/DP/zb
AXC0272 2025-11-05/17:24
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Autor: - dpa-AFX
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