| ROUNDUP: Merz will Stahlindustrie retten - auch mit Schutzzöllen |
| 06.11.2025 16:31:00 |
Bundeskanzler Friedrich Merz sieht die deutsche
Stahlindustrie in einer Existenzkrise und will die Branche auch mit
Schutzzöllen unterstützen. "Wir sprechen über das Schicksal einer
Schlüsselindustrie", sagte der CDU-Politiker nach einem
"Stahlgipfel" im Kanzleramt. Merz versprach eine große Anstrengung
der Bundesregierung, um die deutsche Stahlindustrie zu erhalten. Er
unterstützt Vorschläge der EU-Kommission, die heimische
Stahlindustrie mit deutlich höheren Zöllen vor billiger Konkurrenz
aus Ländern wie China zu schützen.
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) sagte, das Fundament für ein
starkes Deutschland sei eine starke Industrie - und die
Stahlindustrie im Besonderen. Mit Blick auf das
Milliarden-Sondervermögen für die Infrastruktur sagte der
Finanzminister, die Bundesregierung wolle, dass vorrangig heimischer
und europäischer Stahl eingesetzt werde.
An dem "Stahlgipfel" nahmen neben weiteren Kabinettsmitgliedern auch
Vertreter von Industrie und Gewerkschaften sowie Ministerpräsidenten
von Bundesländern mit Stahlindustrie teil.
Branche schwer unter Druck
Die deutsche Stahlindustrie leidet unter der Krise in
Abnehmerbranchen, vor allem der Autoindustrie. Hinzu kommen
gestiegene Energiepreise, Billigimporte vor allem aus China, hohe
US-Importzölle und hohe Kosten für den Umbau hin zu einer
klimafreundlicheren Stahlproduktion. Die Branche warnte vor einem
dauerhaften Verlust von Industriearbeitsplätzen in Deutschland.
"Wertschöpfung, die heute abwandert, holen wir nicht zurück", sagte
der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Gunnar Groebler.
"Der Handlungsdruck ist groß." Der Zweite Vorsitzende der
Gewerkschaft IG Metall, Jürgen Kerner, wählte ein drastisches Bild:
Die Branche befinde sich im "Schockraum".
Merz sagte, die Stahlindustrie sei in einer "existenzbedrohenden
Krise". Er dankte ausdrücklich für emotionale Beiträge von
Arbeitnehmervertretern, die dargestellt hätten, was die Lage für die
Betriebe bedeute. Man spreche über das Schicksal von Unternehmen,
vor allem aber auch über das Schicksal von Arbeitnehmern und ihren
Familien, die darauf zählen und hoffen dürften und müssten, dass die
Politik sich für den Erhalt dieser Arbeitsplätze einsetze.
Die Stahlindustrie leiste einen wichtigen Beitrag zum Erhalt
industrieller Wertschöpfungsketten und wirtschaftlicher Resilienz in
Deutschland und Europa. Groebler, Vorstandschef der Salzgitter AG
, machte deutlich, ohne eine starke deutsche
Stahlbranche gebe es die Gefahr von Abhängigkeiten von anderen
Staaten.
EU-Schutzzölle
Die EU-Kommission hat Maßnahmen zum Schutz der heimischen
Stahlindustrie vorgeschlagen. Die Menge für zollfreie Importe soll
nahezu halbiert werden. Der Zollsatz für Importe, die darüber
hinausgehen, soll auf 50 Prozent verdoppelt werden. Merz stellte
sich hinter die Vorschläge aus Brüssel. Es müsse einen wirksamen
Außenhandelsschutz vor staatlich subventioniertem Stahl vor allem
aus China geben, der die Märkte überschwemme.
Das sei etwas anderes als das, was man in früheren Zeiten für
richtig gehalten habe, sagte Merz und nannte offene Märkte. "Die
Zeiten sind leider vorbei." Deswegen müsse man die heimischen
Hersteller schützen.
EU-Schutzzölle könnten aber Auswirkungen auf die ohnehin schwierigen
Verhandlungen mit den USA haben, die für Stahl und Aluminium
Importzölle von 50 Prozent erheben - welche die Bundesregierung
scharf kritisiert.
Klingbeil sagte: "Ich finde richtig, dass wir den regelbasierten
Handel immer nach vorne stellen, aber wir dürfen am Ende nicht die
Dummen sein." Deswegen müsse der Schutz der heimischen Industrie
hochgefahren werden. Er regte an, dies gemeinsam mit Frankreich
voranzubringen.
Auf EU-Ebene geht es weiterhin um einen Ausgleich für teurere
Produktion wegen der CO2-Bepreisung. Die Bundesregierung will sich
außerdem im Zuge neuer Sanktionen wegen des Angriffskriegs auf die
Ukraine für ein baldiges Ende von Stahlimporten aus Russland
einsetzen. Klingbeil sagte, das könne man niemandem erklären, dass
immer noch Stahlprodukte aus Russland importiert werden.
Entlastung bei Energiepreisen
Die Bundesregierung hat bereits eine Entlastung bei den
Strom-Netzentgelten beschlossen. Zudem soll zum 1. Januar 2026 für
drei Jahre ein staatlich subventionierter, niedrigerer
Industriestrompreis eingeführt werden. Merz sagte, die Aussichten
seien gut, dass die EU-Kommission zustimmt.
Zudem soll die sogenannte Strompreiskompensation verlängert und
ausgeweitet werden. Dabei werden Firmen indirekt von Kosten des
CO2-Emissionshandels entlastet. Groebler sagte, notwendig sei eine
Kombinationsmöglichkeit des Industriestrompreises mit der
Strompreiskompensation.
Heimischen Stahl bevorzugen
Mit einem riesigen Sondervermögen soll in den kommenden Jahren die
Infrastruktur auf Vordermann gebracht, also zum Beispiel Brücken und
Bahnstrecken saniert werden. Es sollten heimische Produkte bevorzugt
werden, sagte Klingbeil. Er sprach von "mehr europäischen
Patriotismus".
Mehr Flexibilität bei Umbau
Beim Umbau der Stahlindustrie, die viel CO2-Emissionen ausstößt,
wird eigentlich "grüner" Wasserstoff angestrebt, der auf Basis
erneuerbarer Energien hergestellt wird. Dieser ist aber noch sehr
teuer und nicht im ausreichenden Maß vorhanden. Die Bundesregierung
drängt nun auf mehr Pragmatismus bei den europäischen
Förderkriterien - dazu gehöre auch die Forderung nach mehr
Flexibilität bei der Nutzung von Gas statt Wasserstoff.
Klingbeil sagte, auch die Unternehmen seien in der Pflicht, ihren
Beitrag zum Erfolg der Branche zu leisten: "Wir haben aber auch eine
klare Erwartung an die Unternehmen, ihre Standorte zu sichern und
Arbeitsplätze zu erhalten. Wir brauchen Beschäftigungs- und
Standortsicherungsvereinbarungen."/tob/DP/nas
ISIN DE0007500001 DE0006202005
AXC0313 2025-11-06/16:31
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Autor: - dpa-AFX
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