| ROUNDUP 2/Standpauke am Amazonas: UN-Chef verkündet 'bittere Wahrheit' |
| 06.11.2025 20:54:00 |
(Aktualisierung: mit Start Tropenwaldfonds, Rede Macron)
BELÉM (dpa-AFX) - Zehn Jahre nach dem historischen Pariser
Klimaabkommen hat UN-Chef António Guterres den Staats- und
Regierungschefs aus aller Welt ins Gewissen geredet und eine
radikale Kurskorrektur im Kampf gegen die Erderwärmung gefordert.
"Die bittere Wahrheit ist, dass wir es nicht geschafft haben, unter
1,5 Grad zu bleiben", sagte der UN-Generalsekretär bei einem Gipfel
in Belém am Rande des Amazonas-Regenwaldes. Vor dem offiziellen
Start der 30. Weltklimakonferenz kommende Woche hatte Brasilien zu
dem Krisentreffen eingeladen.
Guterres prangert "moralisches Versagen" an
Guterres verwies auf wissenschaftliche Erkenntnisse, dass die im
Pariser Klimaabkommen angestrebte 1,5-Grad-Grenze spätestens zu
Beginn der 2030er Jahre befristet überschritten wird - mit fatalen
Folgen. Jedes Zehntelgrad bedeute mehr Hunger, mehr Vertreibung und
mehr Leid. Zurzeit sei der Kampf gegen die Klimakrise unzureichend.
Die Welt steuere auf eine Erwärmung von weit über zwei Grad zu und
der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase steige weiter. "Das ist
moralisches Versagen - und tödliche Fahrlässigkeit."
Der UN-Chef rief zu einem schnellen Kurswechsel auf. So dürften
keine neuen Kohlekraftwerke und Öl- und Gasprojekte mehr genehmigt
werden. Auch forderte Guterres, bis 2030 die weltweite Entwaldung
komplett zu stoppen.
Eine "COP der Wahrheit" an symbolischem Ort
Der Gastgeber, Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva,
mahnte: "Die COP30 wird die COP der Wahrheit sein." Ein Klimagipfel
im Amazonasgebiet - es gebe "kein größeres Symbol für die Sache der
Umwelt" als den Regenwald mit seinen Tausenden Arten und Pflanzen.
Für den Schutz dieses und anderer Tropenwälder in mehr als 70
Staaten will Brasilien viel Geld sammeln: Lula gab in Belém den
offiziellen Startschuss für einen neuen milliardenschweren Geldtopf.
Jährlich könnte der Fonds "Tropenwälder für immer" (TFFF) nach
einiger Anlaufzeit rund vier Milliarden US-Dollar ausschütten.
Konkret heißt das: Staaten, die wertvollen Tropenwald erhalten,
bekommen dem Konzept zufolge aus dem Fonds pro Jahr und Hektar eine
Prämie von 4 US-Dollar. Für jeden zerstörten Hektar sollen sie aber
umgekehrt 140 Dollar (122 Euro) Strafe zahlen. Überprüft würde dies
mit Satellitenbildern.
Nach den Vorstellungen Brasiliens sollen reiche Staaten freiwillig
anfänglich 25 Milliarden US-Dollar einzahlen. Mit diesem Grundstock
sollen dann in den nächsten Jahren weitere 100 Milliarden US-Dollar
aus dem Privatsektor mobilisiert werden. Norwegen sagte am späten
Nachmittag eine Einzahlung von drei Milliarden US-Dollar über zehn
Jahre zu. Als potenzieller Geber wird in dem Konzept auch
Deutschland genannt.
In Brasilien wieder mehr Raum für Protest
Neben aller Krisenstimmung zeigte sich der brasilianische Gastgeber
zu Beginn auch in seiner bunten Vielfalt: Vor den Anzugträgern aus
aller Welt tanzten grün-blau kostümierte Maskottchen und Musiker mit
bunten Bändern an den Hüten. Vor dem Gelände forderten Aktivistinnen
und Aktivisten mit Tänzen und Gesängen mehr Klimaschutz. Nach drei
Jahren Klimakonferenzen in autoritär regierten Staaten - zuletzt
waren dies Aserbaidschan, die Vereinigten Arabischen Emirate und
Ägypten - hat die Zivilgesellschaft diesmal wieder mehr Raum für
Proteste.
Ob sich der Konsens von Paris vor zehn Jahren wiederbeleben lässt,
bleibt jedoch fraglich. Die Franzosen brachten den Hammer, mit dem
das historische Abkommen 2015 besiegelt wurde, in dieser Hoffnung
mit nach Belém. Präsident Emmanuel Macron sagte, gefragt nun sei
Tatkraft, nicht Fatalismus. Zugleich warnte er vor der grassierenden
Desinformation in Bezug auf die Klimakrise, was die Demokratie
gefährden könne.
Der britische Premier Keir Starmer beklagte, heute sei der Konsens
von Paris leider nicht mehr vorhanden. Großbritannien stehe jedoch
weiter "voll und ganz" hinter der Netto-Null-Agenda, die auch der
Wirtschaft zugute komme.
Aus dem Vereinigten Königreich reiste auch Thronfolger Prinz William
an, dessen Familie sich seit Jahrzehnten dem Kampf gegen die
Klimakrise verschrieben hat. Er erinnerte daran, dass diese keine
entfernte Bedrohung sei - sondern schon heute kleine Dörfer wie
riesige Städte betreffe. "Keine Ecke der Welt wird nicht betroffen
sein", sagte William. Es sei nun Zeit, sich die Frage zu stellen,
welches Vermächtnis man hinterlassen wolle.
Merz am Freitag erwartet - USA nicht mehr dabei
Der chinesische Vize-Ministerpräsident Ding Xuexiang verwies auf den
starken Ausbau erneuerbarer Energien in seinem Land, das weltweit
mit Abstand am meisten Treibhausgase ausstößt. Grünes Wirtschaften
sei der Trend der Zeit und schaffe Jobs. Ausdrücklich warb er dafür,
Barrieren im Welthandel einzureißen, die auch die Verbreitung grüner
Technologien behinderten - ohne den schwelenden Zollstreit mit
US-Präsident Donald Trump ausdrücklich zu erwähnen. Die USA haben
sich mit Trump erneut aus dem Pariser Klimaabkommen verabschiedet.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wird erst am Freitag in Belém
erwartet, für einen Kurzbesuch. Für einen Aufenthalt von 21 Stunden
wird er insgesamt etwa genau so lange mit seinem Regierungsflieger
unterwegs sein.
Klimakrise zeigt auch 2025 ihr zerstörerisches Gesicht
Die Weltwetterorganisation (WMO) zieht zum Auftakt eine verheerende
Zwischenbilanz für das laufende Jahr: Viele Regionen Afrikas und
Asien erlebten verheerende Überschwemmungen, in Europa und den USA
gab es Waldbrände und mehrere schwere tropische Wirbelstürme. 2025
dürfte mit seinen anhaltend und alarmierend hohen Temperaturen das
zweit- oder drittwärmste seit der industriellen Revolution sein.
2024 war das bislang heißeste Jahr mit etwa 1,55 Grad über der
Referenzmarke.
Bislang tut die Menschheit zu wenig gegen eine weitere Eskalation:
Die Treibhausgase in der Atmosphäre, allen voran CO2, haben laut WMO
2024 wieder Rekordwerte erreicht und stiegen 2025 weiter an.
Zumindest in der EU sind die Netto-Emissionen im vergangenen Jahr um
weitere schätzungsweise 2,5 Prozent zurückgegangen, wie die
Europäische Umweltagentur (EEA) mitteilte./toz/DP/he
AXC0367 2025-11-06/20:54
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Autor: - dpa-AFX
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