| ROUNDUP/Karlsruhe: Berliner Beamtenbezüge waren verfassungswidrig |
| 19.11.2025 12:23:00 |
Das Land Berlin hat seine Beamtinnen
und Beamte teils jahrelang zu schlecht bezahlt. Die entsprechenden
Regelungen im Berliner Besoldungsrecht waren von 2008 bis 2020 mit
wenigen Ausnahmen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, entschied das
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Das Land muss bis zum 31.
März 2027 eine Neuregelung schaffen.
Als Besoldung wird die Vergütung von Beamtinnen und Beamten,
Richterinnen und Richtern und Soldatinnen und Soldaten bezeichnet.
Grundlage für diese Bezahlung ist das im Grundgesetz verankerte
Alimentationsprinzip. Der Dienstherr ist danach verpflichtet, den
Beamten und ihren Familien im aktiven Dienst, bei Invalidität und im
Alter einen Lebensunterhalt zu gewähren, der ihrem Amt angemessen
ist.
Leipzig hielt Bezahlung für verfassungswidrig
In vielen Bundesländern gibt es seit Jahren Streit um die Höhe
dieser Besoldung. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren
Entscheidungen seit 2015 einen Rahmen definiert, ab wann diese nicht
mehr amtsangemessen ist. Unter anderem werden die Beamtenbezüge
dabei mit der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst, dem
Verbraucherpreisindex und dem Nominallohnindex des jeweiligen
Bundeslandes verglichen. Die Besoldung soll zudem mindestens 15
Prozent über der staatlichen Grundsicherung liegen.
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts sprengte Berlin diesen
Rahmen aber über mehrere Jahre in mehreren Besoldungsgruppen. Die
Bezüge hinkten der Tarifentwicklung und dem Verbraucherpreisindex
hinterher und hielten auch einem Vergleich mit dem
Durchschnittseinkommen sozialversicherungspflichtig Beschäftigter
mit gleicher Qualifikation nicht stand, erklärte das Gericht 2017.
Der Leipziger Senat hielt die Besoldung sowohl von Beamtinnen und
Beamten als auch von Richterinnen und Richtern in dem betroffenen
Zeitraum 2008 bis 2015 teils für verfassungswidrig und legte die
Sache in Karlsruhe zur Entscheidung vor. Dass die Richterbezüge in
verfassungswidriger Weise zu niedrig waren, bestätigte das
Bundesverfassungsgericht bereits im Mai 2020.
Nur wenige Ausnahmen verfassungskonform
Nun ging es also noch um die Besoldungsordnung A, zu der etwa
Polizistinnen und Polizisten oder Feuerwehrleute zählen. Das Gericht
weitete seine Prüfung dabei über die konkreten Vorlagen hinaus auf
sämtliche Gruppen dieser Besoldungsordnung und einen Zeitraum bis
2020 aus. Nur für wenige Gruppen konnte das Gericht dabei keinen
Verstoß gegen das Grundgesetz feststellen. Rund 95 Prozent seien
verfassungswidrig gewesen. (Az. 2 BvL 21/17 u.a.)
In seinem Beschluss betont das Bundesverfassungsgericht drei
Schritte für die gerichtliche Prüfung: Zunächst stelle sich die
Frage, ob die Mindestbesoldung eingehalten wird. Im zweiten Schritt
soll kontrolliert werden, ob die Besoldung an die Entwicklung der
wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen
Lebensstandards angepasst sei. Falls die ersten zwei Schritte einen
Verstoß ergeben, müsse im dritten Schritt geprüft werden, ob dieser
eventuell ausnahmsweise verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.
Das Gericht habe damit seine eigenen Prüfkriterien aus der
Entscheidung im Jahr 2020 konkretisiert, sagt der Vorsitzende des
dbb Beamtenbund und Tarifunion, Volker Geyer. "Angesichts der
Vielzahl an Klagen gegen die Besoldung ist dieser Schritt
nachvollziehbar - und ein weiteres Warnsignal für alle Dienstherrn.
Welche Konsequenzen sich aus diesen neuen Maßstäben ergeben, werden
wir nun intensiv prüfen."
"Nachforderungen in Millionenhöhe"
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin erwarte, dass die im
Streit stehenden Jahre nun umgehend nachgezahlt und für die
Folgejahre die Grundlagen für eine amtsangemessene Alimentation
geschaffen werde, erklärt Landeschef Stephan Weg. "Als Beamtinnen
und Beamte verpflichten wir uns der stetigen Abrufbarkeit unseres
Dienstherrn, der sich 24/7 auf uns verlassen kann. Wir müssen darauf
vertrauen können, dass er sich an Gesetze hält und seiner
Verantwortung gerecht wird."
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Berlin-Brandenburg fordert
nach der Entscheidung ein umfassendes Nachzahlungsgesetz für die
vergangenen Jahre. "Auf das Land Berlin kommen jetzt Nachforderungen
in Millionenhöhe zu", sagt Vorsitzende Katja Karger. "Der DGB und
die Gewerkschaften haben jahrelang auf dieses Zahlungsrisiko
hingewiesen und gefordert, dass das Land ausreichend Vorsorge
treffen muss."
Mit der jüngsten Entscheidung ist das Thema Besoldung in Karlsruhe
wohl noch lange nicht vorbei. Am Bundesverfassungsgericht sind noch
zahlreiche ähnliche Richtervorlagen anhängig - etwa aus Bremen und
dem Saarland. Und erst vergangene Woche hatte das
Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht die Besoldung der
Beamten, Richter und Staatsanwälte im Land in Karlsruhe zur Prüfung
vorgelegt./jml/DP/jha
AXC0174 2025-11-19/12:23
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Autor: - dpa-AFX
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