| ROUNDUP 2/Klimagipfel der Blockaden: Was in Belém beschlossen wurde |
| 23.11.2025 11:35:00 |
Mächtige Blockierer waren in Hochform und die USA
als einer der größten Klimasünder gar nicht erst dabei: Wegweisende
Fortschritte im Kampf gegen die Erderwärmung sind auf der
Weltklimakonferenz in Brasilien trotz turbulenter zweiwöchiger
Verhandlungen nicht gelungen.
Umweltorganisationen und Aktivisten kritisierten die Beschlüsse als
unzureichend und inakzeptabel. Auch Bundesumweltminister Carsten
Schneider (SPD) zeigte sich "ein bisschen enttäuscht" und warf den
Ölstaaten eine Blockadetaktik vor.
Zeitweise schien es unter dem Druck großer Proteste und breiter
Länder-Allianzen - darunter Deutschlands und der EU - möglich, einen
Plan für den Ausstieg aus der klimaschädlichen Verbrennung von
Kohle, Öl und Gas anzugehen. Doch selbst die Einigung, einen solchen
Plan in den nächsten Jahren zu erarbeiten - über derartige
Trippelschritte ringt man auf UN-Konferenzen - scheiterte.
Was beschlossen wurde - und was nicht
Vereinbart wurde statt des tagelang heiß diskutierten Wegs zum
Ausstiegsplan lediglich eine freiwillige Initiative, um die
Klimaschutz-Anstrengungen der Staaten zu beschleunigen. Schon bei
der Klimakonferenz vor zwei Jahren in Dubai hatten die rund 200
Staaten eine Abkehr von diesen fossilen Brennstoffen beschlossen -
wann und wie dies geschehen soll, wurde nun anders als erhofft in
Belém nicht präzisiert.
Die USA sind unter Präsident Donald Trump aus dem Pariser
Klimaabkommen ausgestiegen und blieben Belém fern. In der
Vergangenheit waren sie ein wichtiger Geldgeber im Kampf gegen den
Klimawandel.
Trotzdem sollen reiche Staaten ihre Klimahilfen an ärmere Länder zur
Anpassung an die Folgen der Erderhitzung deutlich erhöhen: Von einer
Verdreifachung bis 2035 ist die Rede. Doch wird kein Basisjahr dafür
und kein konkreter Betrag genannt. Die Summe dürfte deutlich unter
den jährlich 120 Milliarden US-Dollar liegen, die Entwicklungsländer
vehement gefordert hatten. Sabine Minninger von Brot für die Welt
kritisierte, auch die Bundesregierung habe in dem Punkt zu den
"Bremsern" gehört.
Gestartet wurde von Brasilien ein neuer Fonds zum Schutz des
Regenwalds, für den Deutschland eine Milliarde Euro über zehn Jahre
gestreckt bereitstellt. Länder, die ihre Wälder erhalten, sollen
nach diesem neuen Modell belohnt werden. Umgekehrt sollen sie für
jeden zerstörten Hektar Wald Strafe zahlen.
Einen konkreten "Waldaktionsplan", um die Zerstörung von Wald
einzudämmen, beschloss die Konferenz hingegen nicht. Es wird
lediglich an einen früheren Beschluss erinnert, die Entwaldung bis
2030 zu stoppen.
Eine "Konferenz der Wahrheit" - nur anders als gedacht
UN-Generalsekretär António Guterres sagte, viele seien wohl
enttäuscht, insbesondere junge Menschen, indigene Völker und alle,
die unter den Folgen des Klimawandels leiden. "An alle, die
demonstriert, verhandelt, beraten, berichtet und mobilisiert haben:
Gebt nicht auf! Die Geschichte ist auf eurer Seite!", ermutigte
Guterres.
Brasilien hatte eine "Konferenz der Wahrheit" versprochen und auf
einen großen Erfolg gehofft. Stattdessen ist nun eher die Wahrheit
über die mäßige Entschlossenheit der Weltgemeinschaft bei der
Krisenbekämpfung ans Licht gekommen. Die Konferenz sei nicht von
wegweisenden Beschlüssen geprägt, bemängelte der Direktor des
Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer. "Die
Staaten versprechen zu wenig und selbst diese Zusagen werden nicht
eingelöst."
Andererseits: Parallel zum Klimagipfel bekannten sich am anderen
Ende der Welt in Südafrika die G20-Staaten - wenn auch in
abgespeckter Besetzung - zur verstärkten Bekämpfung des
Klimawandels. Sie sind für den Mammutanteil der weltweiten
Emissionen verantwortlich.
Wer Fortschritte blockierte
Umweltminister Schneider sagte, die Ölstaaten hätten mit einer
"Blockade" ehrgeizigere Beschlüsse verhindert. Im zentralen
Abschlussdokument ist nicht die Rede von fossilen Energieträgern,
auch Öl, Kohle und Gas werden nicht explizit genannt - außer im
Begriff "Treibhausgase".
Der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser sprach von einem
Versagen. "Ölkonzerne und Exportländer wie Saudi-Arabien und
Russland haben verhindert, dass die Konferenz einen beschleunigten
Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle verabschiedet." Auch die USA hätten
vorher Druck auf kleine Länder ausgeübt und so aus der Ferne zum
Scheitern beigetragen.
Wo sich die Länder in Verhandlungen regelmäßig verhaken
Während viele Industriestaaten Fortschritte beim Kampf gegen die
Erderwärmung verlangen, rufen ärmere Länder nach mehr Geld für die
Anpassung daran. Jede Seite verlangt Zugeständnisse als
Voraussetzung für Fortschritte.
Ärmere Staaten und Schwellenländer verweisen auf die Verantwortung
der Industrieländer als Hauptverursacher der aktuellen Erderwärmung.
Sie fürchten, dass zu viel Tempo beim Klimaschutz ihre Chancen auf
wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt. Ölförderländer wollen
hingegen ihr Geschäftsmodell sichern. "Trotz der sich dramatisch
zuspitzenden Klimakrise ist eine kleine Gruppe großer Staaten
bereit, alles zu tun, um das fossile Geschäftsmodell zu verlängern",
bilanzierte Christoph Bals, der politische Vorstand von Germanwatch.
Selbst 20 Stunden nach dem geplanten Ende lieferten sich die
übernächtigten Kontrahenten im Abschlussplenum noch
leidenschaftliche Wortgefechte und versuchten mit Anträgen, ihre
Inhalte auf den letzten Drücker doch noch in den Beschlusstexten
unterzubringen. Ein Vertreter Russlands warf den
lateinamerikanischen Staaten vor, wie Kinder nach den Süßigkeiten zu
grapschen - ein ungewöhnlich undiplomatischer Vorwurf, den diese
entrüstet zurückwiesen.
Was die Klimakonferenz in Brasilien besonders machte
Die Millionenstadt Belém am Rande des Regenwalds hielt für die Gäste
aus aller Welt manch ungewohnte Überraschung bereit: Mehrfach
konnten die hallengroßen Zelte den fast täglichen tropischen
Regengüssen nicht standhalten und es tropfte in die Flure der
Konferenz hinein. Im Endspurt brach dort sogar ein Feuer aus und
legte den Gipfel stundenlang lahm. Indigene Aktivisten belagerten im
Kampf um mehr Mitsprache und Landrechte mehrfach das Gelände der
Konferenz.
Anders als bei vorherigen Konferenzen in autoritären Staaten wie
Aserbaidschan oder Ägypten regte sich draußen viel Protest.
Höhepunkt waren ein mehrtägiger "Gipfel des Volkes" auf dem
Uni-Gelände und ein riesiger, bunter Marsch von Zehntausenden für
mehr Klimaschutz.
Ob es im nächsten Jahr ähnlich sichtbare Proteste der
Zivilgesellschaft geben wird, bleibt abzuwarten. Dann soll die
Klimakonferenz im türkischen Badeort Antalya stattfinden, mit einer
besonderen Rolle für Australien. Die Türkei solle "Gastgeber und
Präsidentschaft" der nächsten Klimakonferenz werden, Australien
hingegen "Präsidentschaft für die Verhandlungen", hatte
Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth erklärt.
Was der Klimawandel für Mensch und Natur bedeutet
Beim Verbrennen von Öl, Gas und Kohle entstehen die meisten
klimaschädlichen Treibhausgase, die dafür sorgen, dass sich der
Planet immer mehr aufheizt. Die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der
Aufzeichnungen waren die vergangenen zehn.
Inzwischen geht die Wissenschaft davon aus, dass die im Pariser
Klimaabkommen angestrebte maximale Erderwärmung von 1,5 Grad im
Vergleich zur vorindustriellen Zeit mindestens befristet
überschritten wird, und zwar schon spätestens zu Beginn der 2030er
Jahre. Die drastischen Folgen wären mehr und heftigere Stürme,
Waldbrände, Dürren und Überschwemmungen./swe/DP/zb
AXC0030 2025-11-23/11:35
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Autor: - dpa-AFX
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