| KORREKTUR/ROUNDUP 2: EU-Staaten einigen sich auf strengere Migrationspolitik |
| 08.12.2025 18:16:00 |
(In einer früheren Version des Artikels hieß es (9. Absatz, 3.
Satz): "Die Festlegung würde auch die Einrichtung von sogenannten
Rückführungszentren in Drittstaaten erleichtern." Der Satz wurde
ersatzlos gestrichen, da er sich nicht auf das Konzept der sicheren
Drittstaaten, sondern auf die ebenfalls beschlossene
Rückführungsverordnung bezieht. Außerdem hieß es (9. Abschnitt, 2.
Satz): "Es soll das europäische Asylsystem entlasten, indem Menschen
in Nicht-EU-Länder abgeschoben werden, um dort ihr Asylverfahren
abzuwarten." Richtig sollte es heißen, "um dort Schutz beantragen zu
können.")
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Mehr und schneller abschieben, Schutzsuchende
und Solidaritätsbeiträge verteilen: Die EU-Staaten erzielen
weitreichende Einigungen in entscheidenden Fragen der
Migrationspolitik. Worauf sich die Mitgliedsländer bei einem Treffen
der europäischen Innenminister in Brüssel verständigt haben:
Verteilung von Asylbewerbern und finanziellen Beiträgen
Der größte Brocken: die Verteilung im Rahmen des sogenannten
Solidaritätsmechanismus. Die EU-Länder haben sich hier darauf
verständigt, innerhalb der Europäischen Union 21.000 Schutzsuchende
umzusiedeln, um besonders unter Druck stehende EU-Staaten zu
entlasten, wie die EU-Innenminister festlegten.
Zudem sollen weniger belastete EU-Länder im Rahmen des
Solidaritätsmechanismus, der mit der europäischen Asylreform 2024
beschlossen wurde, 420 Millionen Euro bereitstellen - wobei die
Beiträge jeweils miteinander verrechnet werden können. Auch andere
Solidaritätsbeiträge wie Sachleistungen sind demnach möglich. Sowohl
finanzielle Unterstützung als auch Sachleistungen können also
theoretisch von unterstützungspflichtigen EU-Staaten geleistet
werden, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen.
Deutschland kann sich vergangene Übernahmen anrechnen lassen
Welche Beiträge Deutschland oder andere Länder gemäß der Einigung
nun konkret leisten müssen, blieb zunächst unklar. Die
Bundesrepublik kann sich nach einer Analyse von EU-Innenkommissar
Magnus Brunner aber darauf berufen, dass sie sich bereits um sehr
viele Asylbewerber kümmert, für die eigentlich andere EU-Staaten
zuständig wären. Daher gilt es als unwahrscheinlich, dass
Deutschland zusätzlich Schutzsuchende aufnimmt oder sonstige
Beiträge für den Solidaritätspool leistet.
Mehr Druck auf Menschen ohne Bleiberecht bei Rückführungen
Die EU-Staaten wollen zudem den Druck auf abgelehnte Asylbewerber
erhöhen und Abschiebungen effizienter abwickeln. Dafür sollen
Menschen ohne Bleiberecht neue Pflichten erhalten und
Leistungskürzungen bei mangelnder Kooperation mit den Behörden
hinnehmen müssen, wie die Mitgliedsländer mitteilten.
Zu den von der EU-Kommission im März gemachten Vorschlägen muss das
Europäische Parlament sich noch positionieren. Anschließend können
Verhandlungen über die Verordnung beginnen. Angesichts der
Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament werden aber keine größeren
Änderungen erwartet.
Abgelehnte Asylbewerber sollen dem Vorhaben nach etwa verpflichtet
werden, aktiv an ihrer Rückführung mitzuwirken. Sollten sie etwa
nicht unverzüglich nach einer Aufforderung Dokumente zu ihrer
Identifikation vorlegen, müssen sie mit Strafen rechnen. Zudem
sollen sie für die Behörden erreichbar bleiben. Bei einer
Verweigerung der Zusammenarbeit drohen Konsequenzen - etwa die
Kürzung von Leistungen oder ein längeres Einreiseverbot. Auch
Haftstrafen sollen der Vorstellung der EU-Staaten nach in manchen
Fällen möglich sein.
Auch Rückführungszentren in Drittstaaten außerhalb der EU sollen
demnach durch die Verordnung möglich sein. In diesen sogenannten
Return Hubs sollen ausreisepflichtige Asylbewerber landen, die nicht
in ihre Heimat- oder Herkunftsländer abgeschoben werden können.
Sichere Drittstaaten
Bei der Auslagerung von Asylverfahren spielt das Konzept der
sicheren Drittstaaten eine entscheidende Rolle. Es soll das
europäische Asylsystem entlasten, indem Menschen in Nicht-EU-Länder
abgeschoben werden, um dort Schutz beantragen zu können.
Bislang war es nötig, dass Asylsuchende eine enge Verbindung zu
einem solchen Drittstaat haben, etwa durch Familienangehörige oder
einen längeren Aufenthalt. Dem Vorschlag der EU-Staaten nach könnte
es zukünftig schon reichen, wenn ein Abkommen zwischen einem
Mitgliedstaat und dem Drittstaat besteht. Schutzsuchende können
demnach auch in Länder abgeschoben werden, in denen sie noch nie
waren und zu denen sie keine familiäre, kulturelle oder sonstige
Bindung haben. Ausgenommen davon sind unbegleitete Minderjährige.
Auch zu diesem Vorhaben muss das EU-Parlament sich noch abschließend
positionieren, bevor Verhandlungen darüber beginnen können.
Sichere Herkunftsländer
Abschiebungen in die nordafrikanischen Länder Marokko, Tunesien und
Ägypten sollen nach dem Willen der EU-Länder schneller gehen. Dafür
sollen die Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Das
Kosovo, Kolumbien sowie die südasiatischen Staaten Indien und
Bangladesch sollen demnach ebenfalls zur Liste hinzugefügt werden.
Auch hier steht die Positionierung des EU-Parlaments noch aus.
Grundsätzlich sollen auch Länder, die Kandidaten für einen
EU-Beitritt sind, als sicher gelten. Dazu würden dann etwa Albanien,
Montenegro oder die Türkei gehören. Die EU-Liste wäre bindend für
alle Mitgliedstaaten. Gleichzeitig muss dem Vorschlag nach auch
weiterhin immer der Einzelfall geprüft werden. Menschen, die aus
diesen Ländern kommen und in der EU Schutz suchen, sollen also nicht
automatisch abgeschoben werden, bekommen aber ein beschleunigtes
Asylverfahren.
Zuletzt weniger Asylanträge - Deutschland nicht mehr auf Platz eins
Die Zahl der neuen Asylbewerber innerhalb der gesamten Europäischen
Union sowie in den Nicht-Mitgliedsländern Norwegen und Schweiz ging
im ersten Halbjahr dieses Jahres nach Angaben der EU-Asylagentur
insgesamt zurück. Bis Ende Juni wurden in der Staatengruppe aus 29
Ländern (EU+) insgesamt 399.000 neue Anträge registriert - im
Vergleich zum ersten Halbjahr 2024 ein Rückgang von 114.000
beziehungsweise 23 Prozent. Im ersten Halbjahr gingen bei den
deutschen Behörden 70.000 Anträge von Neuankömmlingen ein. Damit
liegt die Bundesrepublik innerhalb der EU auf Platz drei hinter
Frankreich (78.000) und Spanien (77.000)./tre/DP/jha
AXC0233 2025-12-08/18:16
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Autor: - dpa-AFX
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