| ROUNDUP 2: Bundesfinanzhof lehnt Klagen gegen Grundsteuer-Reform ab |
| 10.12.2025 11:03:00 |
(Aktualisierung: Verbände kündigen Verfassungsbeschwerde an,
Einzelheiten zum BFH-Urteil)
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die seit Anfang des Jahres geltende
Grundsteuer-Reform des Bundes ist rechtens und verstößt nicht gegen
das Grundgesetz. Der Bundesfinanzhof in München (BFH) hat in zweiter
Instanz die Klagen von Immobilieneigentümern aus Köln, Berlin und
Sachsen gegen die Neuregelung zurückgewiesen. Das verkündete der 2.
BFH-Senat unter Leitung seiner Vorsitzenden Franceska Werth.
Die Kläger sehen in dem Gesetz einen Verstoß gegen den
Gleichheitsgrundsatz, weil die Finanzämter die Grundsteuer aufgrund
pauschaler Durchschnittswerte für Nettokaltmieten und Bodenwert
festsetzen dürfen. Der Eigentümerverband Haus & Grund und der Bund
der Steuerzahler kündigten anschließend Verfassungsbeschwerde in
Karlsruhe an.
Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Länder
und trifft quasi die gesamte Bevölkerung, obwohl nur Eigentümer die
Grundsteuer zahlen müssen. Doch Vermieter legen die Kosten
üblicherweise auf ihre Mieter um. Ein Hauptkritikpunkt des
Eigentümerverbands Haus & Grund und vieler Kläger ist, dass die
Finanzämter die Mieteinnahmen in vielen Fällen zu hoch angesetzt
hätten. "Es ist für viele Menschen eine wirkliche Belastung", sagte
Reiner Holznagel, der Präsident des Steuerzahlerbunds.
Pauschale Durchschnittswerte erlaubt
Der Bundesfinanzhof als Deutschlands höchstes Finanzgericht sieht in
der Verwendung pauschaler Durchschnittswerte jedoch keinen Verstoß
gegen den Gleichheitsgrundsatz. Pauschale Festsetzung bedeutet, dass
die Finanzämter nicht Mieteinnahmen und Bodenwert für jede Wohnung
einzeln ermitteln müssen, sondern sich mit Durchschnittswerten
begnügen dürfen.
Diese Pauschalierung sei "verfassungsrechtlich vertretbar", sagte
die Senatsvorsitzende Werth.
Millionenfacher Einspruch, mehr als zweitausend Klagen
Steuerzahlerbund und Haus & Grund sehen das anders. "Wir denken,
dass der Toleranzbereich in vielen Punkten überschritten ist und
wollen deswegen den Weg nach Karlsruhe einschlagen", sagte Kai
Warnecke, der Präsident von Haus & Grund. Bundesweit hatten nach
Angaben des Augsburger Rechtswissenschaftlers Gregor Kirchhof 2,8
Millionen Eigentümer Einspruch gegen die Grundsteuerwertbescheide
ihrer Finanzämter eingelegt. Vor den 18 Finanzgerichten in der
ersten Instanz geklagt hatten und haben bislang mehr als 2.000
Immobilieneigentümer. Viele dieser Klagen waren bereits abgewiesen.
Entscheidung gilt für elf Länder
In allen drei Verfahren ging es um das sogenannte Bundesmodell, das
in elf Bundesländern gilt. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg,
Hessen und Niedersachsen haben eigene Regelungen getroffen, doch
auch gegen diese Ländergesetze wehren sich zahlreiche Eigentümer.
Über die Revisionsklagen gegen die Ländergesetze will der
Bundesfinanzhof im kommenden Jahr entscheiden.
Alte Regelung war verfassungswidrig
Notwendig geworden war die Reform der Grundsteuer, weil das
Bundesverfassungsgericht die alte Regelung 2018 für
verfassungswidrig erklärt hatte. Die zugrundeliegenden
Grundstückswerte waren im Westen seit 1964 nicht mehr aktualisiert
worden, im Osten seit 1935. Das hatte große Ungleichheiten bei der
Besteuerung zur Folge. Um das neue Gesetz hatte es ein langes
Hickhack gegeben, anschließend mussten 36 Millionen Grundstücke und
Gebäude neu bewertet werden.
Reform soll keine Steuererhöhung sein
Die Reform soll insgesamt "aufkommensneutral" sein, also keine
versteckte Grundsteuererhöhung mit sich bringen. Etliche Kritiker
bezweifeln das. Im ersten Halbjahr 2024 hatten die 16 Länder noch
nach der alten Regelung acht Milliarden Euro Grundsteuer
eingenommen.
Ob die Reform wirklich aufkommensneutral war, wird erst feststehen,
wenn die vollständigen Einnahmen der Jahre 2024 und 2025
veröffentlicht sind. Auch eine aufkommensneutrale Neuregelung
bedeutet jedoch nicht, dass jeder einzelne Eigentümer ebenso viel
oder wenig berappen müsste wie zuvor - manche zahlen weniger, andere
mehr./cho/DP/stk
AXC0107 2025-12-10/11:03
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Autor: - dpa-AFX
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