| ROUNDUP 2: Sorgen um Arbeitsmarkt: US-Notenbank senkt erneut Leitzins |
| 10.12.2025 21:32:00 |
(Neu: Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell und Ökonomen-Stimmen)
WASHINGTON (dpa-AFX) - Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat
aus Sorge um den Arbeitsmarkt zum dritten Mal in diesem Jahr den
Leitzins gesenkt. Sie befürchtet Risiken für die Beschäftigung,
sodass die hartnäckige Inflation auf erhöhtem Niveau in den
Hintergrund geriet. Die Zinssenkung solle helfen, den Arbeitsmarkt
zu stabilisieren, sagte Fed-Chef Jerome Powell. Einstimmig erging
die Entscheidung allerdings nicht - selten zeigte sich der
Zentralbankrat so uneins wie in seiner letzten geplanten
Zinsentscheidung in diesem Jahr.
Der Zentralbankrat setzte das Zinsniveau um 0,25 Punkte herab auf
eine Spanne von 3,5 bis 3,75 Prozent, wie die Fed in Washington
mitteilte. Eine Mehrheit von Volkswirten hatte das erwartet. Seit
September 2024 hat die Notenbank damit den Leitzins um 1,75
Prozentpunkte gelockert.
Die wenigen verfügbaren Daten legten nahe, dass sich an den
Aussichten für Beschäftigung und Inflation seit dem letzten
Zinsentscheid im Oktober nichts geändert habe, sagte Powell. Wegen
des Haushaltsstreits und des folgenden Shutdowns konnte die Fed nur
auf deutlich weniger Daten als üblich zugreifen. Viele
Bundesbehörden hatten wochenlang ihre Arbeit ausgesetzt. Das Büro
für Arbeitsmarktstatistik (BLS) hatte mitgeteilt, dass die
Inflationsdaten für den Oktober ersatzlos ausfallen - diese könnten
im Nachgang nicht rekonstruiert werden. Erst Mitte Dezember sollen
die Zahlen für November folgen.
Arbeitsmarktsorgen überlagern hohe Inflation
Im September waren die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr noch
auf 3,0 Prozent gestiegen und lagen damit deutlich über dem
mittelfristigen Inflationsziel der Fed von 2,0 Prozent. Das spräche
an sich gegen eine Zinssenkung. Allerdings hatten Experten einen
noch stärkeren Zuwachs befürchtet, sodass die Sorgen um den
US-Arbeitsmarkt schwerer wiegen als die Inflationsproblematik. So
wird etwa ein Abflauen des Beschäftigungswachstums oder gar ein
Abbau von Arbeitsplätzen befürchtet.
Mit ihren Zinsentscheidungen versucht die US-Notenbank, einen
Kompromiss zwischen stabilen Preisen und möglichst vielen
Vollbeschäftigten zu finden. Ist der Leitzins zu hoch, bremst er die
Wirtschaft aus etwa wegen zu hoher Kreditkosten. Ein niedrigerer
Zins stimuliert zwar Wachstum und den Arbeitsmarkt, kann aber die
Inflation anheizen.
Differenzen im Entscheider-Gremium
Allerdings gestalteten sich die Zinsentscheidungen in den
vergangenen Monaten zunehmend schwieriger: Während Fed-Chef Powell
in der Vergangenheit in vielen Fällen noch einstimmige Beschlüsse
präsentieren konnte, kam es zuletzt immer wieder zu Abweichlern.
In seiner Dezember-Sitzung stimmten nur neun der zwölf
stimmberechtigten Mitglieder des Zentralbankrates für eine
Zinssenkung um einen Schritt - also 0,25 Prozentpunkte. Mit Austan
D. Goolsbee und Jeffrey R. Schmid stemmten sich nun zwei Mitglieder
gegen eine Senkung; Schmid hatte bereits bei der
Oktober-Entscheidung für die Beibehaltung des zuvor gesenkten Zinses
votiert.
Der Vertraute von US-Präsident Donald Trump, Stephen Miran, stimmte
wie bereits bei früheren Sitzungen für eine stärkere Zinssenkung.
Trump hatte Miran auf einen vakant gewordenen Posten gesetzt und
hofft dadurch, Einfluss auf die Geldpolitik zu nehmen und ungeachtet
jeglicher Daten seine geforderten Zinssenkungen zu bekommen.
Kritiker bezweifeln Mirans Unabhängigkeit - er wiederum bestreitet,
zu nah an Trump zu sein.
Drei Zinssenkungen 2025 - was folgt im neuen Jahr?
Nach der letzten planmäßigen Zinsentscheidung in diesem Jahr richtet
sich der Blick bereits auf 2026: An den Finanzmärkten werden im
Durchschnitt zwei weitere Zinssenkungen um insgesamt 0,5
Prozentpunkte erwartet. Der Fed-Zentralbankrat gab sich vorsichtiger
und signalisierte nur eine Zinssenkung für das nächste Jahr.
Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der deutschen Förderbank KfW, zeigte
sich dagegen abwartender: "Wir gehen davon aus, dass es zunächst zu
einer Pause bei den Zinssenkungen kommen wird", schrieb er noch vor
der Entscheidung. So rechne er mit einer signifikanten Verlangsamung
des Wachstums und die Fed dürfte mehr Zeit benötigen, um die
tatsächlichen Effekte durch Trumps Zölle zu evaluieren.
Fed gibt neue Prognosen für Konjunktur und Inflation
Unterdessen rechnet die Fed nun im kommenden Jahr mit mehr Wachstum
als bislang. Für 2026 geht die Zentralbank im Median mittlerweile
von einem Plus von 2,3 Prozent aus - noch im September hatten die
Experten 1,8 Prozent für das neue Jahr vorhergesagt. Die
Konjunkturerwartungen für das ablaufende Jahr stiegen leicht auf 1,7
Prozent (zuvor 1,6 Prozent).
Die Inflation dürfte 2026 unterdessen nachlassen: Trotz der
aggressiven Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump erwartet die
Notenbank nun einen Wert von 2,4 Prozent statt bislang 2,6 Prozent.
Für 2025 hatten die Experten eine Teuerungsrate von 3,0 Prozent
vorhergesagt - jetzt rechnen sie mit 2,9 Prozent. Powell sagte, dass
ungefähr die Hälfte der übermäßigen Inflation auf Zölle
zurückzuführen sei.
Trump: Weiß bereits, wer neuer Fed-Chef werden wird
Mit Spannung wird zudem erwartet, wer auf Fed-Chef Powell folgt,
dessen Amtszeit im Mai 2026 endet. Jüngst hatte Trump gesagt, dass
Powells Nachfolger bereits feststehe. "Ich weiß, wen ich wählen
werde", sagte er gegenüber Journalisten. Seit langem ist klar, dass
er Powell nicht ein weiteres Mal für das Amt an der Spitze der
Notenbank nominieren wird - zu stark gingen die Meinungen über den
geldpolitischen Kurs der USA auseinander.
Als Favorit auf den Chefposten wird der Vorsitzende des Nationalen
Wirtschaftsrats im Weißen Haus, Kevin Hassett, gehandelt. Dieser
hatte bereits angekündigt, die Aufgabe "gerne" übernehmen zu wollen,
sofern Trump ihn denn tatsächlich nominieren sollte. Hassett gilt
als Vertreter einer lockeren Geldpolitik und dürfte wie Trumps
Vertrauter Miran dann regelmäßig für Zinssenkungen stimmen.
Die Zentralbank ist von Gesetzes wegen unabhängig. Dem
Zentralbankrat gehören zwölf Mitglieder an: Neben den sieben
sogenannten Gouverneuren der Notenbank entscheiden fünf
Regionalbankpräsidenten über den Leitzins. Unter den fünf
Repräsentanten der regionalen Notenbanken ist der Fed-Präsident von
New York ein ständiges Mitglied - die vier anderen wechseln
jährlich./ngu/DP/jsl
AXC0275 2025-12-10/21:32
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Autor: - dpa-AFX
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