| ROUNDUP 2: Spahn und die Masken - Opposition fordert Aufklärung |
| 14.12.2025 17:17:00 |
(aktualisierte Fassung)
BERLIN (dpa-AFX) - Zum Wochenstart muss Unionsfraktionschef Jens
Spahn (CDU) im Bundestag erneut wegen seiner umstrittenen Rolle in
der Corona-Krise Rede und Antwort stehen. Grüne und Linke verlangen
in einer Anhörung der Corona-Enquete-Kommission mehr Aufklärung als
bisher. Auch die ehemalige Sonderermittlerin Margaretha Sudhof ist
geladen. Kritik an der Aufarbeitung der umstrittenen massenhaften
Maskenkäufe kommt auch vom Bundesrechnungshof.
Infolge eines Berichts von Sudhof über die Krisenbewältigung der
Regierung war Spahn im Sommer unter Druck geraten. Dort heißt es,
die damalige Entscheidung des CDU-Politikers, die
Corona-Schutzmasken-Beschaffung allein meistern zu wollen, ziehe bis
heute "erhebliche Kosten und Risiken" nach sich.
Spahn war damals Bundesgesundheitsminister. Er rechtfertigte sein
Vorgehen bereits mehrfach. "Da geht es um sechs, acht Wochen, wo wir
unter größter Notlage, Mangellage, sehr kurzfristig Schutzmasken
besorgen mussten, während die ganze Welt sie wollte", sagte er. "Und
da, ja, mussten wir auch außergewöhnlich handeln."
Kritische Stellungnahme von Rechnungsprüfern
Der Bundesrechnungshof rügte in einer schriftlichen Stellungnahme
für die Enquete-Kommission, das Gesundheitsministerium erkenne
Kritik an einer "Überbeschaffung" bis heute nicht an und lasse eine
kritische Auseinandersetzung mit seiner Beschaffungstätigkeit
vermissen. "Dies hat die Schaffung klarer Regeln und Strukturen für
künftige Krisen nicht befördert."
Der Rechnungshof mahnt: "Die Versorgungssicherheit mit
Schutzausrüstung im Gesundheitswesen ist nach wie vor nicht
gewährleistet." Das Ministerium habe die "überbeschafften Bestände"
an Schutzmasken zum Kern einer noch zu schaffenden nationalen
Reserve erklärt. "Eine rechtliche Grundlage und ein konzeptioneller
Rahmen hierfür existieren jedoch bis heute nicht."
"Ego-Shooter" Spahn
Im Zentrum der 12. Sitzung der Enquete-Kommission stehen die
Beschaffung von Impfstoffen und medizinischen Materialien und die
Versorgungssicherheit. Mitte 2027 soll die Kommission Erkenntnisse
und Handlungsempfehlungen auch für den Fall einer weiteren Pandemie
per Bericht vorlegen.
Die Grünen-Obfrau Paula Piechotta sagte der Deutschen
Presse-Agentur: "Entscheidend ist, ob sich aus Akten und Verträgen
Pflichtverletzungen, Vetternwirtschaft oder massives Missmanagement
nachweisen lassen - und wer politisch die Verantwortung trägt." Die
Opposition dürfte es Spahn nun nicht leicht machen, auch wenn die
Enquete-Kommission kein Untersuchungsausschuss ist. Piechotta sagte:
"Wenn Herr Spahn überzeugt ist, dass alles korrekt war, sollte er
vollständige Transparenz unterstützen, statt auszuweichen."
Mit einem riesigen Fragenkatalog wollen die Grünen die Regierung
derzeit zu Antworten verpflichten. Unabhängig davon, ob sich der
damalige Gesundheitsminister persönlich bereichert habe, hätte "ein
Ego-Shooter wie Spahn krisenwichtige Beschaffungen" nie an sich
ziehen dürfen, kritisierte Piechotta.
Spahns Ministerium habe "alles falsch gemacht, was man falsch machen
kann". Verträge seien falsch abgeschlossen, Milliardenklagen
ausgelöst worden. Ramsch statt Qualität und Logistik-Chaos hätten
das Bild geprägt. Zu klären sei, ob "Spahns Netzwerke" durch ihn
profitiert hätten. "Das werden wir herausfinden", versprach
Piechotta. Gezeigt werden solle, "dass die Selbstreinigungskräfte
der Demokratie funktionieren und jemand wie Jens Spahn auch
Konsequenzen ziehen muss, wenn er Mist gebaut hat".
Linke fordert Untersuchungsausschuss
Auch aus Sicht der Linken sind noch viele Fragen rund um die
Maskendeals offen. "Offenkundig allerdings bleibt, dass er einen
enormen Anteil an dem Milliardendesaster hat", sagte der Obmann der
Linken, Ates Gürpinar. Die Akteneinsicht im Rahmen der
Enquete-Kommission zeige, dass diese begrenzte Einsichtnahme zur
Aufklärung nicht ausreiche. "Wir brauchen einen
Untersuchungsausschuss zur Maskenaffäre und wir brauchen ihn
schnell", forderte Gürpinar.
Risiken in Milliardenhöhe
Der Bericht der Sonderermittlerin Sudhof hatte festgestellt, dass
Spahn "gegen den Rat seiner Fachabteilungen" groß in die
Maskenbeschaffung eingestiegen sei. Milliardenrisiken entstanden
demnach, obwohl mit Beschaffung erfahrene Behörden bereitgestanden
und mehrfach gewarnt hätten. Sudhof war von Spahn-Nachfolger Karl
Lauterbach (SPD) beauftragt worden.
In der Folge hatte die Opposition den Druck auf Spahn erhöht. Für
Grüne und Linke der Kern: Spahns enge persönliche Einbindung in die
Maskendeals. Sie rufen Union und SPD seit längerem dazu auf, die
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mitzutragen. Grüne und
Linke haben dafür zu wenige Stimmen, wollen aber kein gemeinsames
Vorgehen mit der AfD.
Bund drohen Zahlungen in Milliardenhöhe
Um in der Krise ausreichend Schutzmasken zu beschaffen, hatte das
Gesundheitsministerium ein besonderes Verfahren angewendet, bei dem
Lieferverträge ohne weitere Verhandlungen zu festen Preisen zustande
kamen. Mehr Firmen als gedacht machten bei der Ausschreibung mit.
Später klagten Lieferanten wegen verweigerter Bezahlung nach
Mängelbeschwerden. Spahn rechtfertigte das Vorgehen schon im Juni
2024 in einer Bundestagsdebatte: "Wir mussten in der Not
entscheiden."
Im Juli 2024 verurteilte das Oberlandesgericht Köln den Bund zur
Zahlung von 86 Millionen Euro plus Zinsen an eine Handelsfirma. Der
Fall liegt nun beim Bundesgerichtshof. Piechotta sagt, im Fall eines
juristischen Erfolgs der Unternehmer "zahlen wir als Steuerzahler
nochmal 2,5 Milliarden plus Zinsen"./lfö/bw/sam/shy/DP/he
AXC0024 2025-12-14/17:17
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Autor: - dpa-AFX
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