| Handwerkspräsident: 'Demokratie muss nun liefern' |
| 24.12.2025 15:16:00 |
Das Handwerk blickt mit großen Sorgen auf das
neue Jahr. "Ich möchte keinen Alarmismus betreiben. Aber die
Stimmung ist sehr schlecht", sagte Jörg Dittrich, Präsident des
Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), der Deutschen
Presse-Agentur. Er forderte Reformen für mehr Wirtschaftswachstum.
"Die Demokratie hat immer geliefert, wenn sie musste. Jetzt ist
wieder so ein Moment, in dem wir liefern müssen, wenn wir unsere
Freiheit und unsere Demokratie erhalten wollen."
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer jahrelangen
Schwächephase. Auch im neuen Jahr wird kein spürbarer Aufschwung
erwartet.
Vertrauensvorschuss aufgebraucht?
Die Bundesregierung sei mit einem hohen Erwartungsdruck, aber auch
mit einem erheblichen Vertrauensvorschuss gestartet, sagte der
Handwerkspräsident. "Von dieser Euphorie ist, vorsichtig formuliert,
viel verloren gegangen. Wir sind in der Mühe der Ebene angekommen.
Umso wichtiger ist es, dass sich Politik und Gesellschaft bewusst
machen, dass die Dringlichkeit von Reformen nicht nachgelassen hat."
Deutschland stehe international in einem knallharten Wettbewerb.
Warnung vor "Verteilungskämpfen"
"Es geht um ein Gesamtpaket, das wir entschlossen angehen müssen",
forderte Dittrich. "Spätestens 2026 dürfen wir uns nicht länger
davor drücken. Wenn wir jetzt nicht handeln, verschärfen sich die
Verteilungskonflikte weiter mit spürbaren Wohlstandsverlusten, die
wir bereits heute erleben: Arbeitsplätze gehen verloren, und die
Finanzierung unserer Krankenkassen gerät zunehmend unter Druck."
Deshalb seien jetzt alle gefordert, die Verantwortung tragen, dieser
auch gerecht zu werden, Reformentschlossenheit zu zeigen und
wahrzunehmen. "Wir alle müssen raus aus einer gewissen
Bequemlichkeit und Vollkasko-Mentalität. Denn wenn wir nichts
ändern, drohen weiterer Abschwung, härtere Verteilungskämpfe", sagte
Dittrich. Das stärke am Ende Populismus.
"Für die innere Verfasstheit unserer Gesellschaft und Demokratie ist
es wichtig, dass die Wirtschaft wieder ins Wachstum kommt, damit wir
die ökonomische Basis haben, um unsere Werte und Ansprüche an ein
Sozialsystem umsetzen zu können", sagte Dittrich.
Flexiblere Arbeitszeiten
"Wir müssen insgesamt flexibler werden. Ein Beispiel ist die
Arbeitszeit-Flexibilisierung. Ich kenne die Sorgen von
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Aber mein Ansatz ist: "Lassen
Sie es uns einfach mal ausprobieren"", sagte der Verbandspräsident.
"Und wenn wir sehen, dass es zu Fehlentwicklungen kommt, dann müssen
wir gegensteuern."
Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD angekündigt, die
Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen
Höchstarbeitszeit zu schaffen. Gewerkschaften lehnen dies ab und
warnen vor einer Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes.
Dittrich nannte Vertrauen als weiteren Punkt: "Davon wird in der
Politik jetzt häufig gesprochen, aber in den Amtsstuben ist es oft
nicht angekommen. Dort wird an Kontrollen, Nachweisen und
Dokumentationspflichten festgehalten. Wir brauchen wieder mehr
Vertrauen in unternehmerisches Arbeiten und Handeln."
"Stilles Sterben von Betrieben"
Im Handwerk gebe es derzeit eher eine Seitwärtsbewegung. "Der
Beschäftigungsabbau ist nicht so stark wie in der Industrie, aber
auch im Handwerk verlieren wir Arbeitsplätze, in der Regel nur
leiser und schleichend durch das stille Sterben von Betrieben. Die
Sorgenfalten sind in vielen Handwerksbranchen genauso tief." Das
Handwerk gewinne aber weiter an Attraktivität. Das zeige sich in den
im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbereichen leicht steigenden
Ausbildungszahlen.
Das Lohnniveau werde weiter steigen, nicht nur wegen des
Mindestlohns, sondern auch durch den Wettbewerb um Fachkräfte
infolge des demografischen Wandels, sagte der ZDH-Präsident. "Das
wird sich auch auf die Preisentwicklung auswirken. Es ist nicht
realistisch zu erwarten, dass Handwerkerleistungen künftig günstiger
werden."/hoe/DP/he
AXC0036 2025-12-24/15:16
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Autor: - dpa-AFX
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