| ROUNDUP: Selenskyj präsentiert Entwurf von 20-Punkte-Friedensplan |
| 24.12.2025 16:14:00 |
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat
erstmals öffentlich die 20 Punkte für einen von den USA angestoßenen
Friedensplan öffentlich ausgebreitet. Laut dem Entwurf sind etwa
Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach dem Vorbild von Artikel 5
der Nato - das ist die Beistandsklausel - und eine Stärke der Armee
von 800.000 Soldaten vorgesehen, wie Selenskyj ukrainischen Medien
zufolge vor Journalisten in Kiew erklärte.
Der Präsident selbst sprach von einem Entwurf für ein Rahmendokument
und wiederholte seine Äußerungen vom Vortag, nach denen es weiter
Klärungs- und Gesprächsbedarf gebe. Ungeklärt ist etwa weiter die
Frage um die von Russland für einen Waffenstillstand geforderten
Gebietsabtretungen vor allem im Gebiet Donezk, das die Ukraine noch
zu einem Teil kontrolliert. Auch die Kontrolle über das aktuell von
Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja müsse noch geklärt
werden, sagte Selenskyj.
Demnach sind in dem Papier neben ukrainischen auch russische und
US-Positionen enthalten. Selenskyj sagte, es habe bei vielen Punkten
eine Annäherung der Positionen gegeben und teils auch Konsens.
Russen und Ukrainer hatten am Wochenende in getrennten Gesprächen
mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff über den Friedensplan
gesprochen und die Treffen als konstruktiv bezeichnet.
Im Einzelnen listete Selenskyj nun diese Punkte auf:
1. Bestätigung der Souveränität der Ukraine.
2. Vereinbarung zwischen Russland und der Ukraine über einen
Nichtangriff samt einem Überwachungsmechanismus.
3. Verlässliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
4. Ukraine soll in Friedenszeiten eine Armee mit einer Stärke von
800.000 Soldaten haben.
5. Die USA, Nato und europäische Staaten sollen der Ukraine
Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild von Artikel 5 des
Militärbündnisses geben. Bei einem neuen russischen Angriff sollen
demnach alle globalen Sanktionen gegen Moskau wieder in Kraft
treten. Bei einem Angriff der Ukraine auf Russland sollen alle
Sicherheitsgarantien wegfallen. Wenn Russland die Ukraine angreift,
sollen die Sicherheitsgarantien ziehen.
6. Juristisch verbindliche Verpflichtung Russlands zu einem
Nichtangriff auf die Ukraine und Europa. Moskau soll dies durch
Gesetze und Ratifizierung der Staatsduma absichern.
7. EU-Beitritt der Ukraine und bis dahin vorrangiger Zugang zum
europäischen Binnenmarkt.
8. Vereinbarung über ein Investitions- und Entwicklungspaket für die
Ukraine, darunter auch die Zusammenarbeit mit US-Firmen beim
Wiederaufbau, bei der Modernisierung der Gasinfrastruktur und beim
Abbau von Rohstoffen.
9. Schaffung von Fonds für den wirtschaftlichen Wiederaufbau mit dem
Ziel, 800 Milliarden Dollar (678 Milliarden Euro) an Investitionen
anzulocken.
10. Ukraine beschleunigt den Prozess für ein Freihandelsabkommen mit
den USA.
11. Ukraine bestätigt ihren neutralen Status als Staat ohne
Atomwaffen.
12. Das Atomkraftwerk Saporischschja soll gemeinsam genutzt werden.
Nach US-Vorstellungen sollen Russland und die Ukraine das AKW zu
gleichen Teilen nutzen. Die Ukraine will dagegen ein Joint Venture
mit den USA zum Betrieb des Kraftwerks - ohne russische Beteiligung.
13. Ukraine und Russland sollen Bildungsprogramme auflegen, in den
gegenseitiges Verständnis und Toleranz Themen sind. Die Ukraine soll
sich auch zu EU-Normen der religiösen Toleranz und zum Schutz der
Sprachen von Minderheiten bekennen.
14. Territoriale Aufteilung. Russland zieht seine Truppen aus den
Gebieten Dnepropetrowsk, Mykolajiw, Sumy und Charkiw ab. Variante A
sieht ein Einfrieren der Frontlinie in den Gebieten Donezk, Luhansk,
Saporischschja und Cherson vor; Variante B eine per Referendum
bestätigte Freihandelszone im Donbass.
15. Nach einer Bestätigung der Territorialvereinbarung verpflichten
sich Russland und die Ukraine, keine gewaltsamen Veränderungen
vorzunehmen.
16. Russland verpflichtet sich, die Ukraine nicht bei der Nutzung
des Flusses Dnepr und des Schwarzen Meers zu hindern.
17. Schaffung eines Komitees für humanitäre Fragen, das sich etwa um
den Austausch aller Kriegsgefangenen und um die Rückkehr aller
inhaftierten Zivilisten, darunter Kinder und politische Gefangene,
kümmern soll.
18. Die Ukraine soll möglichst schnell nach Unterzeichnung der
Vereinbarung Wahlen abhalten, zuerst für das Präsidentenamt, dann
auch für das Parlament und auf kommunaler Ebene.
19. Die Friedensvereinbarung ist juristisch bindend und soll durch
einen Friedensrat unter Führung von US-Präsident Donald Trump
kontrolliert werden. In dem Rat soll es auch Vertreter der Ukraine,
der EU, Nato, USA und Russlands geben.
20. Nach Zustimmung aller Seiten soll ein vollständiger
Waffenstillstand in Kraft treten.
Selenskyj teilte auch mit, dass er eine Antwort von russischer Seite
noch am 24. Dezember erwarte. "Dann werden wir unsere nächsten
Schritte und den möglichen Zeitrahmen für bestimmte Entscheidungen
verstehen", sagte er. Die Ukraine sei bereit zu einem neuen Treffen
mit den USA auf höchster Ebene, um sensible Fragen wie die zu den
Gebieten zu klären. Selenskyj hatte die von Russland geforderten
Gebietsabtretungen immer wieder kategorisch abgelehnt.
Kremlsprecher Dmitri Peskow verwies der russischen
Nachrichtenagentur Interfax zufolge erneut auf die russische Linie,
solche Themen nicht über Veröffentlichungen in den Medien zu
besprechen. Präsident Wladimir Putin habe sich von seinem
Unterhändler Kirill Dmitrijew nach dessen Rückkehr aus Miami über
die Ergebnisse vom Wochenende in allen Nuancen unterrichten lassen,
sagte Peskow.
Nun formuliere Russland seine Position und setze die Kontakte mit
den USA in nächster Zeit fort. Zugleich betonte Peskow, dass
Russland über die unfertigen Punkte nicht in der Öffentlichkeit
spreche. Die Ukraine wehrt sich seit fast vier Jahren gegen den
russischen Angriffskrieg. Ein Ende ist ungeachtet der laufenden
Verhandlungen nicht in Sicht./mau/DP/he
AXC0059 2025-12-24/16:14
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Autor: - dpa-AFX
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