| ROUNDUP: Schwarz-Rot vor einem Schicksalsjahr |
| 29.12.2025 07:26:00 |
Die Ausgangslage für die schwarz-rote Regierung
hätte besser kaum sein können. Am Tag der Vereidigung, dem 6. Mai
2025, hatte sie mehr als neun Monate ohne eine einzige Landtagswahl
vor sich. Ideale Bedingungen also, um die wichtigsten Projekte aus
dem Koalitionsvertrag ohne Profilierungskämpfe und Wahlkampfgetöse
in aller Ruhe abzuarbeiten.
Daraus wurde nichts. Was mit einem Fehlstart - der Wahl des Kanzlers
erst im zweiten Wahlgang - begann, setzte sich mit einer verpatzten
Richterwahl und einem monatelangen Rentenstreit fort. Schwarz-Rot
gab in den ersten siebeneinhalb Monaten der Amtszeit ein ähnlich
zerstrittenes Bild ab wie zuvor die Ampel-Koalition.
Wie soll das erst im nächsten Jahr werden, wenn die Koalition im
Dauerwahlkampf steht und Reformprojekte abarbeiten will, die weitaus
größer sind als die bisherigen? Fünf Landtagswahlen stehen 2026 an.
CDU und SPD müssen um Ministerpräsidentenposten bangen. Es ist nicht
ausgeschlossen, dass am Ende des Jahres erstmals die AfD einen
Landesregierungschef stellt. So läuft das Wahljahr ab:
Auftakt ihn Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März
Den Auftakt macht Baden-Württemberg am 8. März. Nach drei Amtszeiten
tritt dort Langzeitministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)
nicht mehr an. Ins Rennen um seine Nachfolge gehen für die Grünen
der ehemalige Bundesminister Cem Özdemir und für die CDU der erst 37
Jahre alte Landespartei- und Fraktionschef Manuel Hagel. In den
Umfragen führt die CDU seit vielen Monaten recht deutlich vor den
Grünen. Gibt es bis zur Wahl keine größeren Veränderungen, dürften
der nächsten Landesregierung wohl wieder CDU und Grüne angehören -
dann aber unter umgekehrten Vorzeichen.
Die Auswirkungen der Wahl in Baden-Württemberg auf die Bundespolitik
dürften sich noch in Grenzen halten. Das könnte sich ändern, wenn am
22. März in Rheinland-Pfalz gewählt wird, wo der seit 34 Jahren
regierenden SPD der Verlust des Ministerpräsidentenpostens droht.
Den ohnehin angeschlagenen Parteichef Lars Klingbeil dürfte das
weiter in die Bredouille bringen. Die SPD liegt in den jüngsten
Umfragen deutlich hinter der CDU. Bei den vergangenen Wahlen 2016
und 2021 schaffte Ministerpräsidentin Malu Dreyer auf den letzten
Metern die Wende. Dieses Mal wird Dreyers Nachfolger Alexander
Schweitzer zeigen müssen, ob er Endspurt kann.
AfD-Showdown in zwei Ost-Ländern im September
Die Wahlen, die die Republik verändern könnten, finden aber erst im
September statt. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern kommt
die AfD in Umfragen an die 40 Prozent. Vor allem in Sachsen-Anhalt,
wo am 6. September gewählt wird, traut man der AfD zu, mit einer
absoluten Mehrheit erstmals einen Ministerpräsidenten zu stellen.
Die Umfragen geben das zwar noch nicht her, ausgeschlossen ist es
aber nicht.
Eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnt die CDU in Sachsen-Anhalt
weiter kategorisch ab. Eine Mehrheit ohne die AfD wäre für sie nach
den jüngsten Umfrageergebnissen zufolge rein rechnerisch aber nur
noch in einem Vierer-Bündnis mit SPD, BSW und der Linken möglich.
Eine Koalition oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit hat die CDU
per Parteitagsbeschluss allerdings nicht nur mit der AfD, sondern
auch mit der Linken ausgeschlossen. Auch die Linke lehnt eine
förmliche Koalition mit der CDU ab.
In Mecklenburg-Vorpommern ist nach den jüngsten Umfragen ebenfalls
ein Regierungsbündnis jenseits der AfD ohne die Linke nicht möglich.
Dort ist die SPD von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig
zweitstärkste Partei hinter der AfD - allerdings mit riesigem
Rückstand. Am 20. September wird dort gewählt - gleichzeitig mit
Berlin, wo die sogenannten Parteien der Mitte - CDU, SPD und Grüne -
noch eine klare gemeinsame Mehrheit haben. Die AfD kommt nur auf 15
bis 16 Prozent.
Debatte über AfD-Verbot dürfte Wahlkämpfe begleiten
Nach einer aktuellen YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen
Presse-Agentur rechnet die Mehrheit der Deutschen damit, dass die
AfD am Ende des Wahljahres mindestens einen Ministerpräsidenten
stellen wird. 53 Prozent gehen von einem solchen Szenario aus. 27
Prozent rechnen nicht damit und 20 Prozent machen keine Angaben.
Die Debatte über ein AfD-Verbotsverfahren dürfte jedenfalls die
Wahlkämpfe begleiten. Die SPD will eine Prüfung, die Union warnt
davor, dass das der AfD in die Hände spielt. "Wenn man sich
Umfragewerte anguckt, in Mecklenburg-Vorpommern, dann klettern die
munter nach oben im Windschatten dieser Debatte", sagt zum Beispiel
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann.
Sozialreformen: Wie groß wird der Wurf?
Der neunmonatige Dauerwahlkampf dürfte bereits bei den Partei- und
Fraktionsklausuren im Januar eingeläutet werden. Parallel will die
Koalition die seit langem angekündigten Sozialreformen auf den Weg
bringen. Für Krankenversicherung und Rente tagen erst einmal
Kommissionen - Ausgang offen. Aber Beobachter zweifeln bereits
daran, dass am Ende gemeinsame große Reformschritte gelingen.
In der Rentenkommission sitzen nicht nur Professorinnen und
Professoren, sondern auch Koalitionspolitiker. Verhandelt werden
soll auch über Punkte, die bisher für die einen oder anderen
inakzeptabel waren. Etwa über eine mögliche Verlängerung der
Lebensarbeitszeit, konkret auch über ein anderes
Renteneintrittsalter. In der Kommission oder spätestens beim
Gesetzgebungsverfahren, das sich ab Mitte des Jahres anschließen
soll, könnten Konfliktlinien in der Koalition wieder aufbrechen.
Umfrage: Jeder Zweite rechnet mit vorzeitigem Ende der Koalition
Davon geht auch ein Großteil der Bevölkerung aus. Nach der
YouGov-Umfrage unter 2116 Wahlberichtigten von Mitte Dezember
glauben nur 9 Prozent der Deutschen, dass Union und SPD im kommenden
Jahr weniger streiten werden. 49 Prozent meinen, dass es so bleibt
wie bisher, und 21 Prozent gehen von zunehmendem Streit aus.
Auch das Vertrauen in den Bestand der Koalition bis zum nächsten
regulären Wahltermin in gut drei Jahren ist wenig ausgeprägt. Fast
die Hälfte der Deutschen (49 Prozent) glaubt an ein vorzeitiges Ende
von Schwarz-Rot. 17 Prozent erwarten es bereits im kommende Jahr,
weitere 32 Prozent erst später. Aber nur etwa jeder Dritte (34
Prozent) geht davon aus, dass das Bündnis bis 2029
durchhält./mfi/bw/DP/stk
AXC0033 2025-12-29/07:26
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Autor: - dpa-AFX
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