| Wiener-Börse-Chef: Kapital als Produktionsfaktor wird unterschätzt / Boschan: Österreich hat ungelöstes Pensionsproblem und hohe Kapitalertragssteuern - ATX durchbrach heuer Rekordschwelle von 5.000 Punkten |
| 30.12.2025 09:47:00 |
Der Wiener Aktienmarkt hat ein sehr erfolgreiches
Jahr hinter sich. Erstmals seit 2007 durchbrach der Leitindex ATX
die Rekordmarke von 5.000 Punkten. Zu verdanken war das vor allem
dem internationalen Umfeld, weltweit geht es mit der Konjunktur
wieder bergauf. Keine Hilfe war dagegen die heimische Politik, die
die Kapitalmarktentwicklung nach Meinung des Wiener-Börse-Chefs
Christoph Boschan zu wenig unterstützt. Der Produktionsfaktor
Kapital werde stark unterschätzt.
Auf politischer Seite sei "nichts vorangegangen", sagte Boschan
im Gespräch mit der APA. "Es ist wirklich schauerlich, wie der
Produktionsfaktor Kapital unterschätzt wird." Österreich habe
weiterhin ein "ungelöstes Pensionsproblem" und sei "Spitzenreiter in
der Kapitalertragsbesteuerung". Zwar steige die Aktionärszahl in
Österreich an, die Investitionsvolumina seien aber nicht sehr groß.
Privates Kapital werde viel zu wenig aktiviert, Unternehmer und
Start-Ups würden ihre Mittel lieber im Ausland suchen. "Ist auch
okay, aber dann geht der Gewinn eben auch dahin." Damit fließe auch
Wohlstand aus dem Land ab.
Österreich fehlen große Kapitalsammelstellen
Zudem mangle es an großen Kapitalsammelstellen wie staatlichen
Pensionsfonds nach dem Vorbild Schwedens oder der Niederlande. Dabei
könnte es Kosten sparen, Teile des staatlichen Pensionssystems an
den Kapitalmarkt zu bringen. "Die Aufwendung gemessen am
Nationalprodukt für die Pensionssysteme ist dort wesentlich geringer
als bei uns." Auch die stärkere Verbreitung der betrieblichen
Altersvorsorge und die Förderung der privaten Pensionsvorsorge -
über Pensionskonten und Steuerbefreiungen - würde helfen, die Kosten
für Pensionen einzudämmen.
Generell vermisst Boschan Initiativen und Ideen seitens der
Politik, um den heimischen Kapitalmarkt zu entwickeln. "Alle Welt
ergötzt sich an eskalierenden staatlichen Förderungen und
Investitionsprogrammen", dabei sei das "alles homöopathisch
gegenüber privatem Investment", das viel stärker mobilisiert werden
müsse. "Es ist wirklich erstaunlich, dass eine der größten
Wachstumsreserven nicht aktiviert wird und das private Kapital so
negiert wird." Länder mit entwickelten Kapitalmärkten würden "viel
schneller und viel nachhaltiger" wachsen, sich schneller von Krisen
erholen und hätten mehr Kapazitäten für mögliche
Transformationsideen.
Heuer starke Kursgewinne an der Wiener Börse
Über die starken Kursgewinne des heurigen Jahres am Wiener Markt
freut sich der Börsechef natürlich. "Wer soll sich darüber
beklagen?", sagte Boschan. Zu stark betonen will er sie aber nicht.
Denn es sei auch "Teil des Problems der öffentlichen Wahrnehmung der
Märkte, dass sie zu kurzfristig und eben nur in diesen Extremen
immer wahrgenommen wird. Entweder Boom oder Bust. Aber das ist nicht
die Realität." Viel wichtiger sei die langfristige Sicht auf den
Aktienmarkt als Anlageform. Wer langfristig und breit gestreut -
beispielsweise in weltweite Fonds - am Aktienmarkt investiere, sei
auch gegen kurz- und mittelfristige Entwicklungen - beispielsweise
gegen Blasenbildungen wie sie aktuell im US-Technologie- und
KI-Bereich oft heraufbeschworen werden - unempfindlich. "Ich sage,
langfristig ist die Aktie die sicherste und renditeträchtigste
Anlage", so Boschan.
Unterstützung erhalte der Wiener Aktienmarkt vom internationalen
Umfeld. Als exportorientierte Wirtschaft seien viele an der Börse
notierte Unternehmen stärker an die europäische und weltweite
Konjunktur gekoppelt als an die heimische. Hinzu komme der starke
Fokus auf Osteuropa, wo das Wachstum nach wie vor stärker sei als im
Westen Europas. Auch Sonderfaktoren wie die Dominanz des
Finanzdienstleistungssektors an der Wiener Börse oder der Einfluss
des deutschen Konjunkturpakets seien zu berücksichtigen.
Anleihengeschäft heuer stark
Auch der Wiener Börse als Unternehmen gehe es sehr gut, sagte der
Börsenchef. Die Aktienumsätze beliefen sich laut Aussendung der
Börse vom Dienstag auf rund 71 Mrd. Euro, damit schreibt die Börse
das drittstärkste Handelsjahr seit 2012. Vor allem im
Anleihen-Bereich läuft das Geschäft gut, mit rund 31.500 neuen
Listings wurden 2025 rund doppelt so viele Anleihen emittiert wie im
Vorjahr. Der Wiener Leitindex ATX durchbrach heuer erstmals seit
2007 wieder die Marke von 5.000 Punkten, aktuell beläuft sich das
Jahresplus auf rund 43 Prozent. Der ATX Total Return, bei dem wie
beim deutschen DAX die Dividendenausschüttungen miteinbezogen
werden, zog sogar um knapp 50 Prozent nach oben.
Zur Wiener Börse gehört auch die Börse Prag. Zudem ist sie
IT-Dienstleister für die Börsen in Budapest, Laibach und Zagreb und
ist an Energiebörsen und Clearingstellen in der Region beteiligt.
bel/tpo
WEB http://www.wienerborse.at
|
Autor: - APA/bel/tpo
|
| Copyright APA/dpa-AFX. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von APA/dpa-AFX ist nicht gestattet. |
|
|
| DAX | 24.490,41 | 139,29 | 0,57% |
| TecDax | 3.622,27 | 22,45 | 0,62% |
| MDAX | 30.617,67 | 165,14 | 0,54% |
| Dow Jones (EOD) | 48.461,93 | -249,04 | -0,51% |
| Nasdaq 100 | 25.500,52 | -25,04 | -0,10% |
| S & P 500 (EOD) | 6.905,74 | -24,20 | -0,35% |
| SMI | 13.267,48 | 26,89 | 0,20% |
|
| EUR/US$ | 1,1749 | -0,00 | -0,20% |
| EUR/Yen | 183,8527 | 0,08 | 0,05% |
| EUR/CHF | 0,9306 | 0,00 | 0,17% |
| EUR/Brit. Pfund | 0,8725 | 0,00 | 0,15% |
| Yen/US$ | 0,0064 | 0,00 | -0,30% |
| CHF/US$ | 1,2627 | -0,01 | -0,39% |
|
| baha Brent Indication | 61,86 | 0,22 | 0,36% |
| Gold | 4.365,99 | 6,97 | 0,16% |
| Silber | 74,87 | 0,48 | 0,65% |
| Platin | 2.241,23 | -22,63 | -1,00% |
| |
|
|