| Experte: Preisvergleichs-App für Lebensmittel nicht sinnvoll |
| 30.12.2025 13:42:00 |
Eine verpflichtende Preisvergleichs-App für
Lebensmittel hätte nach Einschätzung eines Handelsexperten nur wenig
Mehrwert für Verbraucher in Deutschland. Die Forderung der Grünen
sei zwar gut gemeint, aber schlecht durchdacht, sagte Markus Szajna,
Handelsprofessor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in
Karlsruhe. "Der Vorschlag ist technisch überkomplex, ökonomisch
ineffizient, bürokratisch belastend und sein Nutzen für Verbraucher
wird deutlich überschätzt."
Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge, hatte
sich kürzlich für eine solche App ausgesprochen. Sie soll
Verbrauchern ermöglichen, die günstigsten Lebensmittel zu finden.
Die großen Supermärkte würden zur Teilnahme verpflichtet, sie
müssten ihre Preise melden und Änderungen in Echtzeit abbilden.
Entsprechende Apps gibt es bereits, sie sind aber nicht
verpflichtend.
"Wenn die Verbraucher sich informieren können, haben sie der Macht
der großen Ketten mehr entgegenzusetzen", sagte Dröge. "Für
Krisenzeiten wollen wir Möglichkeiten, die Gewinnmargen der
Supermärkte zu begrenzen". Nicht jeder sollte hochgradig gebildet
sein müssen, um sich gegen unfaire Preise wehren zu können. Eine App
sei niedrigschwellig, so die Politikerin.
Viel Aufwand und erhebliche Kosten
Handelsexperte Szajna betont, der Lebensmitteleinzelhandel gehöre
bereits zu den transparentesten Märkten überhaupt. "Die Angabe eines
Grundpreises pro Kilogramm ist gesetzlich vorgeschrieben. Prospekte
und Angebots-Apps sind allgegenwärtig, Preisvergleiche längst
etabliert." Bei Eckartikeln wie Butter seien die Preise über
Supermärkte und Discounter hinweg nahezu identisch. Wenn Aldi die
Zuckerpreise senke, zöge die Konkurrenz meist umgehend nach. Eine
zusätzliche App liefere daher kaum neue Informationen, verursache
jedoch erhebliche Kosten.
Der Handelsprofessor kritisiert auch den Aufwand. Selbstständige
Kaufleute legten Sortiment und Preise eigenverantwortlich fest.
Große Supermärkte führten mehr als zehntausend Artikel, deren Preise
sich regelmäßig änderten. "Eine App, die diesen Anspruch ernst
nimmt, müsste enorme Datenmengen in Echtzeit erfassen, prüfen,
standardisieren und veröffentlichen". IT-Schnittstellen, Datenpflege
und laufende Aktualisierung seien teuer. In einem Sektor mit
niedrigen Margen wie dem Lebensmitteleinzelhandel fehle dafür der
Spielraum. Die Kosten würden mittelfristig in die Preise
eingerechnet "und damit für höhere Preise sorgen, statt Verbraucher
zu entlasten", sagte er.
Für Kunden zählt nicht nur der Preis
Laut Szajna lassen sich Unterschiede in Herkunft, Verarbeitung,
Frische oder Tierwohl kaum in einem reinen Preisvergleich abbilden.
"Blieben sie unberücksichtigt, entstünde ein verzerrtes Bild, das
Qualität systematisch benachteiligt und den Preis überbetont."
Verbraucher träfen ihre Einkaufsentscheidungen zudem nicht allein
nach dem Preis. "Nähe, Bequemlichkeit, Sortiment, Qualität,
Einkaufsatmosphäre und Vertrauen spielen eine zentrale Rolle." Eine
App, die suggeriere, man könne durch ständiges Preisvergleichen
nennenswert sparen, überschätze die Wirkung kleiner
Preisunterschiede - und blende Zeit- und Mobilitätskosten aus.
Umfrage: Mehr Probleme wegen teurer Lebensmittel
Teure Lebensmittel bereiten laut einer Umfrage mehr Menschen
Probleme als vor einem Jahr. 45 Prozent gaben an, dass sie sich
wegen gestiegener Preise beim Einkauf einschränken müssen. Das ergab
eine Befragung im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands im
November. Ein Jahr zuvor hatten dies noch 39 Prozent gesagt.
Verbandschefin Ramona Pop hat die Bundesregierung aufgefordert, eine
Beobachtungsstelle einzurichten, die Kosten und Preise entlang der
gesamten Wertschöpfungskette erfasst. "So lassen sich unfaire
Preistreiber aufdecken, denn die hohen Preise lassen sich nicht
allein durch gestiegene Produktionskosten erklären." Seit 2020 sind
die Lebensmittelpreise um mehr als 35 Prozent gestiegen./cr/DP/nas
AXC0082 2025-12-30/13:42
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Autor: - dpa-AFX
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